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Wie alles anfing - das Ockershäuser Wollnashorn
© Universitätsstadt MarburgDas kann ein spektakulärer Kampf gewesen sein: Der Wollnashorn-Knochen, der im letzten Jahrhundert in Marburgs Stadtteil Ockershausen ausgegraben wurde, weist ein kreisrundes Loch aus – für den Marburger Geo- und Paläontologie-Professor Huckriede das Einschussloch einer menschlichen Wurflanze oder eines Stoßspeers.
Wollnashörner, bis zu zwei Meter hohe, dreieinhalb Meter lange und drei Tonnen schwere Pflanzenfresser, existierten bis zum Ende der Eiszeit 11.000 v. Chr. Infolge der Erderwärmung und auch der menschlichen Jagd verschwanden sie von unserem Planeten. Das Marburger Wollnashorn muss laut Prof. Huckriede von links vorne an der Speiche angegriff
en worden sein. Längere Zeit dürfte sich das Geschoss im Knochen und Fleisch gehalten haben. Nach der Entzündung der Wunde hätte sich der Eiter eine Bahn durch den Knochen gesucht. Darauf deuteten die vereiterten Knochenwände und die Ausbuchtung des Einschusslochs hin. Ob die unerschrockenen Marburger Jäger diese Attacke auf das ungemütliche Großwild überlebt haben?
© Foto Naturkundemuseum KasselDie Experten des Naturkundemuseums Kassel, in dessen Depot der Wollnashornknochen lagert, melden zwar Zweifel an der Deutung des Marburger Forschers an. Aber das ist nicht ungewöhnlich bei einem Forschungsfeld, das 13.000 bis 35.000 Jahre zurückliegt und bei dem keine Kloster-Chronik oder gar Youtube-Dokumentation die heikle Großwildjagd des nomadisierenden Jäger- und Sammler-Clans beglaubigt. Zudem: Die wahrscheinlich erste Spur menschlichen Lebens- und Überlebenskampfes im eiszeitlichen Marburg – also unendlich lange vor der ersten urkundlichen Erwähnung der Stadt vor 800 Jahren - ist viel zu dramatisch, um sie unerwähnt zu lassen. Und daran, dass einst Wollnashörner von unseren Vorfahren mehr oder weniger unbehelligt durch die Marburger Steppe gestampft sind, daran gibt es keinen Zweifel!