Der Austausch zwischen den beiden Schulen Martin-Luther-Schule in Marburg und dem Lycée du Bois d'Amour hat eine lange Tradition: seit nun mehr als 30 Jahren wird jährlich im Frühjahr für die 10. Klassen der MLS ein Besuch von 10 Tagen in Poitiers organisiert, gefolgt von einem Gegenbesuch in Marburg.
Leider war 2020 aufgrund der Pandemie keine Begegnung möglich, 2021 besuchten uns dank der gelockerten Maßnahmen französische Schüler*innen im Dezember und 2022 war endlich eine Begegnung zu den gewohnten Zeiten, also im Frühjahr, wieder möglich.
2023 sollte der Austausch allerdings ein besonderer werden, in erster Linie aufgrund der hohen Zahl an Teilnehmenden. Tatsächlich reiste die MLS am 22.03.2023 mit 27 Schüler*innen, und damit zum ersten Mal mit einer Teilnehmer*innenzahl über 25, nach Poitiers, die von genauso vielen französischen Jugendlichen und ihren Familien empfangen wurden. Der erste Tag in der Schule war geprägt von regnerischem Wetter und vor allem vom Generalstreik im ganzen Land, bei dem der Zugang zu vielen Oberstufenschulen gesperrt war, wovon unsere Partnerschule nicht verschont wurde. Trotzdem konnte die gesamte Gruppe nach Verhandlungen mit den Streikenden das Lycée betreten und sich nach diesem aufregenden Auftakt bei einem netten Frühstück stärken und sich durch abwechslungsreiche Spiele kennenlernen, um dann am Nachmittag in die Materie des Projektes eingeführt zu werden. Dazu wurden Kenntnisse über den historischen Kontext zwischen Frankreich und Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg erworben.
Das Jahr 2023 markiert nämlich das 60-jährige Jubiläum der Unterzeichnung des Elysée-Vertrages 1963. Aus diesem Grund entschieden sich die Hauptverantwortlichen für den Austausch, Frau Combes-Bardoll (Poitiers) und Frau I. Schmidt (Marburg) mit der Unterstützung ihrer beiden Kollegen Herrn Froment (Poitiers) und Herrn Koerner (Marburg) mit den 54 Schüler*innen die Geschichte beider Länder in der Nachkriegszeit und insbesondere die Städtepartnerschaft zwischen Marburg und Poitiers zu beleuchten. Das Ziel der Begegnung in Poitiers (und beim Gegenbesuch in Marburg) war es, anhand zahlreicher selbst recherchierter Informationen ein Online Escape-Game mit Hilfe des Portals genially zu gestalten.
Dafür besuchten die Jugendlichen in den nächsten Tagen in kleinen binationalen Gruppen verschiedene Einrichtungen und interviewten zahlreiche Akteure der Partnerschaft: Herrn Breillat, pensionierten Professor der Universität Poitiers, der über die erste Begegnung mit der Uni Marburg 1961 berichtete; Herrn Augereau, verantwortlich für den club de football des Trois Cités, des Fußballvereins, der bereits viermal am Six-Nation-Camp in Marburg teilgenommen hat; Noémie Magnant vom Kulturverein Poitiers Jeunes, der u.a. für die Teilnahme von Musikgruppen aus Poitiers am Festival Mano involviert ist; und nicht zuletzt den CCJ, den conseil communal des jeunes, das Vorbild des Marburger KiJuPas, von Karine Trouvat und Philippe Bouet vertreten. Auch einige Stunden beim Poiteviner Stadtarchiv gaben Einblick in die Arbeit dieser Einrichtung und bot dank der Recherchemöglichkeiten die Gelegenheit, in die Geschichte der Städtepartnerschaft einzutauchen.
Trotz der Intensität des Projekts blieb genügend Zeit für weitere Aktivitäten: die Innenstadt von Poitiers durch eine Rallye kennenlernen, das Rathaus besichtigen und dort von der Vize-Bürgermeisterin Elodie Bonnafous empfangen werden, an einem sportlichen Orientierungslauf teilnehmen, im Unterricht der Schüler*innen hospitieren und natürlich einen unvergesslichen letzten Tag im Freizeitpark Futuroscope verbringen.
Zusammenfassend konnten am Tag der Abfahrt alle Teilnehmenden behaupten, dass sie einen intensiven und lehrreichen Aufenthalt in Poitiers erlebt hatten und dass sie sich auf den Rückbesuch der französischen Gruppe im Mai freuten, bei dem das Projekt abgeschlossen werden sollte.
Bericht von Isabelle Schmidt, StRn der Martin-Luther-Schule