Marburgs größter Friedhof, der sich von der Ockershäuser Allee bis zur Hohen Leuchte hinauf erstreckt, wurde vor rund 150 Jahren angelegt. Bereits 60 Jahre später wurde er als Hindernis für die weitere Entwicklung der aufstrebenden Universitätsstadt empfunden: „Der Friedhof an der Ockershäuser Allee liegt in der besten Wohnlage Marburgs“ klagte ein Bürger in seinem Schreiben an den Oberbürgermeister Schüler 1899. Bei seiner Anlegung in kurfürstlicher Zeit habe niemand bedacht, dass er stets durch die wachsende Bevölkerung vergrößert werden müsse, besonders seit Marburg preußisch geworden sei.
Bereits im frühen 19. Jahrhundert wurden Überlegungen angestellt, einen neuen Friedhof weiter außerhalb der Stadt anzulegen, denn die Friedhöfe am Michelchen, Barfüßertor und in Weidenhausen wurden zu eng und – da sie immer in Wohngebieten lagen – auch gesundheitspolitisch bedenklich. Dies galt besonders für den kleinen Friedhof am Michelchen.
1834 lagen Pläne und Kostenvoranschläge für einen neuen Friedhof vor. Im Herbst 1839 wurde der Stadt ein Grundstück von über einem Hektar am „Ockershäuser Weg“ zum Kaufpreis von 6.000 Gulden oder 3.330 Taler, 8 Gulden angeboten. Am 7. April 1840 ging das Grundstück endgültig in den Besitz der Stadt über.
Planmäßig, wie es seit dem frühen 18. Jahrhundert üblich war, wurde der „Todtenhof“ quartiermäßig angelegt. Das heißt, es wurden quadratmäßig angelegte Partien mit schattenspendenden Bäumen, mit heckenumsäumten Wegen, die die einzelnen Grabfelder der Quartiere voneinander trennten, geplant. An den Außenkanten wurden die Gräber als Familien- und Erbbegräbnisse auf mehr als 20 Jahre verkauft, während inmitten der Quartiere die Reihengräber lagen. Das Terrain wurde im Ganzen von einer Mauer umgeben.
Das erste Quartier ist der untere Teil links vom Haupteingang bis zur ersten Kreuzung, an dessen Ende das Kriegerdenkmal von 1870/71 liegt.
Dieser „Alleequartiertypus“, aufgelockert durch breite Wege und Rondelle, konnte bei der Erweiterung in den folgenden Jahrzehnten ab 1884 durch die Lage des Geländes nicht beibehalten werden.
Nach weiteren Grundstückserwerbungen bis unterhalb des Rotenbergs wurden die Grabfelder bergauf terrassenförmig angelegt und dadurch aufgelockert. In dem unteren Teil der Terrassen wurde 1893 die Kapelle errichtet, die später durch den Architekten Karl Rumpf vergrößert wurde.
Die nächste Erweiterung des Friedhofs erfolgte 1899.
Gärten jenseits der Habichtstalgasse wurden erworben. Belegungen ab 1900 sind am Eingang rechts noch erkenntlich. In den nächsten Jahrzehnten wurde so mancher Garten Ockershäuser Bürger und auch Grundstücke aus dem Besitz der Hombergk-Schenklengsfeld-Seipp’schen Stiftung angekauft.
Der Gartenbauarchitekt Encke aus Köln erhielt 1908 den Auftrag, den oberen Teil des Friedhofs über den Gräbern von Prof. Artur Meyer zu gestalten. Je höher der Friedhof hinaufführte, um so mehr erhielt er – besonders nach dem 1. Weltkrieg – den Charakter eines Waldfriedhofs. Die Grabfelder sind locker angelegt. Die Wege führen geschwungen nach oben.
Im oberen Teil am Rotenberg, seit den siebziger Jahren vermehrt belegt, gleicht er mehr einem Zierfriedhof mit parkähnlich angelegten weiten Rasenflächen, umrandet von niedrigen Sträuchern. Eine zweite Kapelle konnte im September 1984 eingeweiht werden. Die Gesamtfläche des Hauptfriedhofes beträgt heute ca. 22 ha.