„Auch wenn das Thema Gesundheit derzeit überall präsent ist, dürfen wir über Corona nicht vergessen, dass es auch noch andere Erkrankungen gibt“, sagte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies bei der offiziellen Übergabe des AED vor dem Landgrafenschloss. Rund 100.000 Menschen sterben laut Angaben der Björn-Steiger-Stiftung pro Jahr in Deutschland am plötzlichen Herztod. Die Stiftung ist Kooperationspartner der Universitätsstadt Marburg im Bemühen darum, die Stadt „herzsicher“ zu machen.
„Erstens ist wichtig, zu wissen: Man kann nichts falsch machen“, betonte Dr. Thomas Spies. „Nur wenn man nichts tut, macht man etwas falsch.“ Gerät das Herz aus dem Takt, bleibt es irgendwann stehen. Im wahrsten Sinne beherzt zu handeln, sei im Ernstfall entscheidend. Zweitens müsse dann adäquat gehandelt werden, nämlich indem die 112 gewählt und der Rettungsdienst alarmiert wird sowie Erste-Hilfe-Maßnahmen ergriffen werden, so der Oberbürgermeister weiter.
Die so genannte Herzdruckmassage kann für den Patienten lebensrettend sein – und den richtigen Takt dafür liefert passenderweise der Song „Stayin‘ alive“ von den BeeGees mit 100 Beats pro Minute. Befindet sich ein Laien-Defibrillator in der Nähe, übernimmt das Gerät die Aufgabe, den Zustand des Patienten zu überprüfen. Liegen Herzrhythmusstörungen vor, gibt der Defibrillator Elektroschocks ab, um einen „Reset“ des Herzens zu bewirken, wie der Marburger Oberbürgermeister erläuterte. Auch hier gilt: Falsch handelt nur, wer nicht handelt. „Entschlossenheit ist das einzige, was man braucht“, so Spies.
Angelo Sapia von der Björn-Steiger-Stiftung wies bei der Übergabe des AED ebenfalls darauf hin, wie wichtig es sei, zu vermitteln, dass jeder Mensch helfen kann. Und dass es letztlich einfaches Pumpen sei, das einem Menschen das Leben retten könne. Im Laufe des Jahres sollen weitere zehn Defibrillatoren an verschiedenen Standorten in Marburg platziert werden. Das neueste Gerät steht unterhalb des Landgrafenschlosses, direkt am Eingang zum Aussichtsplateau, auf dem sich auch die „Camera Obscura“ befindet.
Gesponsort wurde es von der Oberhessischen Presse. Ileri Meier, Geschäftsführerin des Hitzeroth-Verlagshauses, erklärte, dass sie sich sehr darüber gefreut habe, dieses Projekt mit unterstützen zu dürfen – vor allem an diesem besonderen, geschichtsträchtigen Ort in Marburg. „Es ist uns im wahrsten Sinn des Wortes eine Herzensangelegenheit“, sagte Meier. Als weiterer Kooperationspartner sind die Marburger Stadtwerke aktiv, die das Aufstellen der Rettungssäulen und das Verlegen von Stromleitungen übernehmen.
Linda Noack, Projektkoordinatorin der „Gesunden Stadt Marburg“, wies darauf hin, dass die Schulungen zur Wiederbelebung im Landkreis erst einmal bis Ende des Jahres wegen der Corona-Krise ausgesetzt seien. Stattdessen werde sich aktuell darauf konzentriert, möglichst viele weitere Geräte aufzustellen.
Die Pflicht, Erste Hilfe zu leisten, wenn ein Mensch in Not ist, besteht übrigens trotz einer möglichen Ansteckungsgefahr. Um diese zu reduzieren, sollten eine Mund-Nasen-Bedeckung und Einweg-Handschuhe zum Einsatz kommen. Der Deutsche Rat für Wiederbelebung weist auf seiner Homepage darauf hin, dass sich die Atemkontrolle bei einem bewusstlosen Menschen unter dem Aspekt einer Risikominimierung auf das Überstrecken des Nackens mit Anheben des Kinns und der Beobachtung etwaiger Brustkorbbewegungen beschränken sollte. Eine Herzdruckmassage, wenn der Patient nicht atmet, ist essentiell, auf eine Atemspende könne verzichtet werden – das war aber bereits vor COVID-19 die Empfehlung.