„Alleinerziehende sind eine Zielgruppe, die wir noch viel mehr – auch präventiv – unterstützen möchten“, sagt Stadträtin Kirsten Dinnebier und verweist auf verschiedene Angebote und Informationen der Stadtverwaltung, die sich speziell dieser Familienform widmen. Ein Angebot ist das Präventionsprojekt der Koordinierungsstelle Gesunde Stadt in Kooperation mit der Evangelischen Familien-Bildungsstätte (FBS): „Verbunden – Stark – Gesund“. Es umfasst regelmäßige Treffen für Alleinerziehende – „Eltern-AGs“ genannt – in der Marburger Kernstadt und in Wehrda.
„Diese Treffen ermöglichen es den Teilnehmenden, sich auszutauschen, ihren oft stressigen Alltag gemeinsam zu reflektieren, Entspannungstechniken zu erlernen und von neuen Impulsen zu Gesundheitsthemen zu profitieren“, erläutert Projektorganisatorin Linda Noack. Zeitgleich findet ein von erfahrenen Pädagog*innen und Ernährungsberater*innen begleitetes Kochangebot für die Kinder statt und zum Abschluss kommen alle zum gemeinsamen Abendessen zusammen. Weitere Treffen sind in Wehrda und in Cappel geplant.
Ebenfalls dazu gehören seit diesem Jahr Multiplikator*innenschulungen für pädagogische Fachkräfte im gesamten Stadtgebiet rund um das Thema Gesundheitsförderung für alleinerziehende Eltern. Das Angebot der Gesunden Stadt in Kooperation mit der gemeinnützigen Praxis GmbH findet im Zusammenhang mit dem Projekt „Verbunden – Stark – Gesund“ statt. Ziel der Fortbildungen ist es, sich die besondere Situation Alleinerziehender zu vergegenwärtigen, um bestehende Unterstützungsstrukturen in der Region noch effektiver zu vernetzen und neue, zielgruppengerechte Angebote zu schaffen.
„Für uns ist alleinerziehend eine Familienform unter vielen. Daher möchten wir auch Alleinerziehenden mit entsprechenden Angeboten ermöglichen, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und gesund zu bleiben. Das ist das Ziel des Projekts ‚Verbunden – Stark – Gesund‘“, erläuterten Stadträtin Kirsten Dinnebier und Projektorganisatorin Linda Noack.
Das neue Fortbildungsangebot wurde mit einer Auftaktveranstaltung unter dem Titel „Alleinerziehend in Marburg – Wie ist das?“ im Technologie- und Tagungszentrum (TTZ) eingeführt. Mehr als 30 Interessierte nahmen daran teil – neben alleinerziehenden Eltern auch Mitarbeiter*innen von Bildungs- und Erziehungseinrichtungen, Beratungsstellen, freien sozialen Trägern, Verwaltung und Behörden. Linda Noack stellte das Angebot der „Eltern-AGs“ vor.
Als Referentin sprach Professorin i. R. Dr. Uta Meier-Gräwe, eine international renommierte Expertin auf dem Gebiet der Situation Alleinerziehender, die an der Justus-Liebig-Universität an der Professur für Wirtschaftslehre des Privathaushalts und Familienforschung von 1994 bis 2018 tätig war. In ihrem Vortrag „Gesundheitszustand von alleinerziehenden Eltern – zwischen Sorgeverantwortung, Zeitnöten und Existenzsicherung“ berichtete sie aus ihrer jahrzehntelangen Erfahrung mit der Zielgruppe: „Alleinerziehende brauchen gute berufliche Perspektiven: Das stärkt ihr Selbstwertgefühl, trägt zu ihrer Gesundheit bei und beugt häuslicher Isolation vor.“ Zudem gab sie zu bedenken, dass trotz des zunehmenden Fachkräftemangels das Potenzial dieser erwerbsorientierten und in großen Teilen gut ausgebildeten Frauen noch nicht wirklich beachtet werde.
Sie nahm die Notwendigkeit einer flexiblen Kinderbetreuung – auch in Randzeiten, in denen Kitas oder Schulhorte geschlossen sind – ebenso in den Blick wie entlastende Angebote für den Alltag zuhause: „Für gute berufliche Perspektiven braucht es zugleich passgenaue Angebote der Kinderbetreuung und haushaltsentlastende Angebote vor Ort, um Alleinerziehenden ein selbständiges Leben mit ihren Kindern ohne Zeitstress und Überforderung zu ermöglichen. Kommunen, die in solche Angebote investieren, tragen damit wesentlich zur Standortattraktivität bei und befördern zugleich gute Bildungsverläufe ihrer Kinder jenseits von Armut“, so ihr Statement.
In der abschließenden Podiumsrunde, die Janina Aldag von der Praxis GmbH moderierte, kamen neben Professorin Meier-Gräwe und Linda Noack zwei weitere Expert*innen zu Wort: Sandra Frommhold vom Familienzentrum Gedankenspiel in Wehrda und Charlotte Wagner, alleinerziehende Mutter von drei Kindern und Mitarbeiterin des Kulturzentrums Waggonhalle. Dabei wurde deutlich, dass Alleinerziehende sich vor allem eines wünschen: verlässliche Netzwerke, beruflich und privat, bestehend aus Eltern und engagierten Akteur*innen im Sozialraum.
Multiplikator*innen, die sich für die drei weiteren Fortbildungsmodule interessieren, die für 2024 und 2025 geplant sind, wenden sich an die Praxis GmbH unter veranstaltung@praxisgmbh.de und lassen sich in den E-Mail-Verteiler aufnehmen. Weitere Informationen gibt es außerdem bei der Gesunden Stadt, Linda Noack, (06421) 201-1037, linda.noack@marburg-stadt.de. Alleinerziehende Eltern, die sich für die „Eltern-AGs“ interessieren, finden auf der Website der FBS Infos zu Ablauf und Anmeldung, wenn sie auf der Webseite www.fbs-marburg.de das Suchwort „Eltern-AG“ eingeben.