© Simone Schwalm, Stadt Marburg
„Wenn viele Menschen zusammenarbeiten, gibt es mehr und bessere Ideen und viele Wünsche und Vorstellungen können eingebracht werden – das ist ja auch das Konzept der Bürger*innenbeteiligung“, sagte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies zur Begrüßung. Rund 50 Bürger*innen, Stadtverordnete sowie Bürgermeister Wieland Stötzel und Stadträtin Kirsten Dinnebier waren in die Räumlichkeiten der Initiative für Kinder-, Jugend- und Gemeinwesenarbeit in Ockershausen (IKJG) gekommen, um über die Workshop-Ergebnisse zum Wohnen am Hasenkopf zu sprechen.
Rund 180 Marburger Bürger*innen haben im Mai und Juni an insgesamt vier Workshops zum neuen Wohnquartier am Hasenkopf im Stadtteil Ockershausen/Stadtwald teilgenommen. Die Workshops hatte der Fachdienst Stadtplanung und Denkmalschutz mit Unterstützung der Koordinierungsstelle Bürger*innenbeteiligung organisiert. Dabei setzten sich die Teilnehmenden mit Themen rund ums Wohnen, Infrastruktur und Soziales, Erschließung sowie Umwelt, Natur und Landschaft auseinander, um sich an der Vorbereitung des Städtebaulichen Wettbewerbs Hasenkopf zu beteiligen. Spies dankte allen Beteiligten und vor allem auch den Bürger*innen für ihre Anregungen. „Es hat für uns hohe Bedeutung, wie sich das Quartier entwickeln soll“, betonte der OB.
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Dr. Griet Newiger-Addy, Fachdienstleiterin der Koordinierungsstelle Bürger*innenbeteiligung, freute sich, dass das Angebot zur Beteiligung gut angenommen wurde: „Rund 60 Prozent der Teilnehmenden des ersten Workshops, die unsere Rückmeldefragebögen beantwortet haben, haben zum ersten Mal an einer von der Verwaltung organisierten Bürgerbeteiligungsveranstaltung teilgenommen.“ Außerdem ging aus den Rückmeldebögen, die etwa die Hälfte der Teilnehmenden ausfüllten, hervor, dass Zwei Drittel mit den Workshops zufrieden waren und die zur Verfügung gestellten Informationen als ausreichend bewerteten.
Einige der Teilnehmenden nahmen an allen vier Workshops teil. Gemeinsam diskutierten die Bürger*innen konstruktiv unter anderem über die Bebauungsdichte, mögliche Wohnformen und die architektonische Ausgestaltung der Gebäude. Auch Nahversorgung und soziale Einrichtungen waren Thema. Sie setzten sich beispielsweise mit den Fragen auseinander, wie Gemeinschaftsräume ausgestaltet werden sollen und wie sich die Gebäude landschaftlich integrieren lassen. Dabei brachten die Bürger*innen knapp 750 Anregungen ein, die alle gesichert wurden, berichtete Reinhold Kulle, Leiter des Fachdienstes Stadtplanung und Denkmalschutz. „Sie haben allumfassend das bearbeitet, was heute bei zeitgemäßer und moderner Stadtplanung bedacht werden muss“, stellte der Fachdienstleiter anerkennend fest. Ebenso dankte er den weiteren Fachdiensten, die an den Workshops beteiligt waren.
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Manuela Klug vom Fachdienst Stadtplanung und Denkmalschutz erläuterte, wie die Ergebnisse der zweiten Phase des Beteiligungsverfahrens zum Wohnungsneubau im Marburger Westen in verschiedenen Schritten ausgewertet wurden. Sie wurden zunächst digital erfasst und dann gesichtet, zum Beispiel mit Blick auf Doppelungen. In den zwei weiteren Schritten wurden die Anregungen kategorisiert und zu Schwerpunkten zusammengefasst. Klug nannte Bespiele: So bildeten beispielsweise die Nutzung von „Tiny Houses“ (mobile Minihäuser), die Einrichtung eines Campingplatzes und ein Wagenplatz als Begegnungsraum – Anregungen aus drei Workshops – das Schwerpunktthema „Experimentierfeld“ mit dem Unterpunkt „Alternative Wohnformen“.
Insgesamt gibt es 65 Unterpunkte, die zum Teil auch räumlich in der zu planenden Fläche am Hasenkopf verortet wurden. Die Kategorien und Schwerpunkte, die in die Aufgabenstellung des Wettbewerbs einfließen, „übersetzten“ die Mitarbeitenden dann in die Fachsprache der Architekt*innen und Stadtplaner*innen. Die Ideen und Anregungen der Bürger*innen aus den Workshops bilden so die inhaltliche Beschreibung des Auslobungstextes.
Kernpunkte, für die das neue Quartier stehen soll, sind ein hoher Anteil an gefördertem beziehungsweise preiswertem Wohnraum, mit einer guten Vernetzung zum Stadtwald sowie Begegnungsräumen für die Bewohner*innen. Das Quartier soll sich auszeichnen durch eine gute Durchgrünung, einen klimagerechten Städtebau und ein innovatives Verkehrskonzept. Als Arbeitstitel für das neue Quartier wählten die Planer*innen „Hasenkopf – Leben in guten Nachbarschaften“. „Das ist unser Vorschlag als Titel über dem Wettbewerb“, sagte Kulle. „Dabei begreifen wir ‚Nachbarschaften‘ weitergefasst: gute Nachbarschaft nicht nur zu den direkten Nachbarn, sondern auch zu den Naturgegebenheiten und den angrenzenden Quartieren.“
Kulle und Klug erläuterten, dass für die Formulierung des Auslobungstextes alle Anregungen fachlich geprüft werden und bestimmte Vorgaben eingehalten werden müssen, etwa der Stadtverordnetenbeschluss, der Flächennutzungsplan oder die Standortanalyse. Ebenfalls fließen die Gutachten mit ein. So ist aktuell die SEG mit dem Grunderwerb auf der Basis eines Verkehrswertgutachtens beauftragt. Ebenfalls ist Teil 1 des Artenschutzgutachtens zum Thema Brut- und Rastvögel beauftragt, die Erfassung hat bereits begonnen und umfasst mehrere Zeiträume, sodass alle wichtigen Phasen erfasst werden. Das gesamtstädtische Klimagutachten ist ebenso beauftragt und auch diese Arbeit hat begonnen.
© Simone Schwalm, Stadt Marburg
Im Anschluss an die Vorstellung der Workshop-Ergebnisse gab es Zeit für Nachfragen, etwa zu Gutachten, Anforderungen an die Architektur oder gemeinschaftlichem Wohnen. Wie Kulle erklärte, ist eine Fläche für eine neue Kindertagesstätte vorgesehen. Er erläuterte außerdem, wie sich der Übergang zum Städtebaulichen Wettbewerb gestaltet. So werde als nächstes das Interessenbekundungsverfahren mit anschließender Angebotseinholung und Auftragsvergabe an ein Fachbüro vorbereitet. Und auch der weitere Prozess ermögliche die Beteiligung der Bürger*innen, sagte der Fachdienstleiter. Gemeinsam mit seinem Team suchte er interessierte Bürger*innen, die sich als Sachverständige im Preisgericht weiter einbringen möchten.
Zu diesen Sachverständigen gehören beispielsweise auch ein Ortsbeiratsmitglied und Klimagutachter*innen, die ins Beratungsgremium einbezogen werden. „Ihre Beteiligung ermöglicht es, einen anderen Blickwinkel hinein zu bringen“, betonte der Oberbürgermeister, der abschließend noch einmal hervorhob: „Das Ziel ist es, einen guten Wohnraum zu schaffen, einen angenehmen Ort für Menschen, der ganz viele Anforderungen erfüllt.“ Ihr Interesse an der Beteiligung am Gremium bekundeten direkt fünf Freiwillige. „Die Teilnahme der Bürger*innen ist wichtig, damit sich das, was in den Workshops gesprochen wurde, als Stimme in der Diskussion wiederfindet“, betonte Newiger-Addy. Sämtliche Dokumentationen und Präsentationen zum Wohnquartier am Hasenkopf können auf der städtischen Homepage eingesehen werden, unter www.marburg.de/wohnenimwesten.