Die Bereitstellung eines klimaverträglichen und leistungsfähigen öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) ist eine wesentliche Maßnahme zur Erreichung der ambitionierten Klimaschutzziele der Universitätsstadt Marburg: Klimaneutralität bis 2030. Im ÖPNV wurde bereits 2021 mit der Umstellung von Bussen mit Verbrennungsmotoren auf Busse mit elektrischem Antrieb und Batterien begonnen. Um mit Elektrobussen zukünftig auch die Lahnberge betriebssicher zu erreichen, ist aufgrund der anspruchsvollen topographischen Bedingungen der Einsatz von batteriebetriebenen Oberleitungsbussen (BOB) in Planung. Der Betrieb mit Oberleitung ist Energie-effizienter, weil nur geringfügig Batterien be- und entladen werden müssen und damit der Energieverlust gering ist. Außerdem benötigt der Kabelbetrieb keine hohen Stromspitzen wie bei der schnellen Batteriebeladung. Die deutlich größeren Fahrzeuge ermöglichen zudem eine Ausweitung der Transportkapazitäten.
Ziel der Universitätsstadt Marburg ist es, bis zum Jahr 2030 zunächst die Stadtbuslinien 7 und 27 mit einer partiellen Oberleitungsinfrastruktur auszurüsten und den regulären Betrieb mit batteriebetriebenen Oberleitungsbussen aufzunehmen. Bei Erfolg des Modells sind Weiterungen auf alle Linien mit starker Steigung möglich, ebenso die Integration in überregionale Planungen. Die Errichtung der Oberleitungsinfrastruktur soll in jedem Fall auf das zwingend notwendige Bauvolumen beschränkt werden.
Der Bau und Betrieb eines Oberleitungssystems soll vorbehaltlich der Beschlussfassung der Stadtverordnetenversammlung baurechtlich durch einen Planfeststellungsbeschluss der zuständigen Behörde, dem Regierungspräsidium Gießen, auf die Zulässigkeit und Möglichkeit der Umsetzung geprüft werden. Die Stadtverordnetenversammlung hat daher die Stadtwerke Marburg Consult im Juli 2021 mit den Planungen und der Vorbereitung des Genehmigungsverfahrens beauftragt. Die Erarbeitung der Genehmigungsunterlagen wurde mittlerweile abgeschlossen, die Einreichung dieser Unterlagen ist für Herbst 2023 vorgesehen.
Im Rahmen des Infoabends wird über das Vorhaben, den aktuellen Planungsstand sowie den Ablauf des Planfeststellungsverfahrens und die Beteiligungsmöglichkeiten informiert. Zudem stehen Expert*innen für Fragen und Anregungen zur Verfügung.
Die Informationsveranstaltung findet statt am Mittwoch, 20. September, von 17 bis 20 Uhr im Technologie- und Tagungszentrum Marburg (Software-Center 3, 35037 in Marburg, Raum Zuse). Die Teilnahme ist kostenlos. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Hintergrund:
Die Bereitstellung eines klimaverträglichen und gleichsam leistungsfähigen öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) ist eine der zentralen Maßnahmen der Universitätsstadt Marburg zur Erreichung ihres ambitionierten Klimaschutzzieles - Klimaneutralität bis 2030 – und Teil des Projekts MoVe 2035. Bei der Umstellung des bisherigen Nahverkehrs hin zu einer klimaschonenden und leistungsfähigen Variante gibt es einige Herausforderungen zu beachten. Im Rahmen der Verkehrswende ist mit einem stetigen Anstieg der Fahrgastzahlen im Marburger Stadtbusverkehr zu rechnen. Das neue städtische ÖPNV-Angebot muss daher nicht nur klimaschonend sein, sondern auch eine Ausweitung der Beförderungsmöglichkeiten bieten. Besondere Herausforderungen ergeben sich zudem aufgrund der topografischen Gegebenheiten der Stadt Marburg.
Mit BOB, dem hybriden Batterie-Oberleitungs-Bussystem verbessert sich die Effizienz der Energienutzung, da Verluste bei der Batteriebeladung weitgehend vermieden werden. Daher soll zunächst die topographisch schwierigste Strecke auf die Lahnberge mit BOB elektrifiziert werden. Bereits heute pendeln täglich rund 10.000 Menschen zu den universitären und klinischen Einrichtungen, davon sollen die beiden Linien ca. 6.000 bis 8.000 Personen befördern. In den Spitzen nutzen aktuell bis zu 550 Fahrgäste pro Stunde die beiden Linien. Mit dem Zubau an klinischen und universitären Einrichtungen auf dem Campus Lahnberge wird das Fahrgastaufkommen möglicherweise weiter steigen und erfordert dann die Vorhaltung eines entsprechenden ÖPNV-Angebotes. In der Verkehrsspitze sollen mittelfristig rund 700 Fahrgäste pro Stunde befördert werden.
Bei Erfolg sollen Ausweitungen auf andere Strecken sowie eine Einbindung in die Elektrifizierung auch überregionaler Linien geprüft werden. Davon unabhängig soll schon jetzt ein Großteil der bestehenden Busse für andere Linien schrittweise auf Batteriebetrieb umgestellt werden. Dabei ist zu beachten, dass auch diese die Kabelinfrastruktur – soweit die Linien sich überschneiden – für die Ladung der Batterien auf der Fahrt mitgenutzt werden können.
Im Vorfeld wurden umfangreiche Untersuchungen durchgeführt. Batteriebetriebene Oberleitungsbusse erfüllen die Anforderungen an einen klimaschonenden, energiesparenden und leistungsfähigen öffentlichen Personennahverkehr. Batteriebetriebene Oberleitungsbusse fahren rein elektrisch. Mit Hilfe der eingebauten Batterien können sie auch Strecken ohne Oberleitung befahren. Während der Fahrt dient der Strom aus der Oberleitung sowohl der Versorgung des Motors als auch dem Aufladen der Batterien. Auch die Bremsenergie wird zurückgewonnen, in Strom umgewandelt und zum Aufladen der Batterien genutzt. Somit sind batteriebetrieben Oberleitungsbusse lokal emissionsfrei unterwegs.
Die Errichtung der Oberleitungsinfrastruktur soll auf das notwendige Bauvolumen beschränkt werden. Rund 900 Oberleitungsmasten sollen in einem Regelabstand von ca. 25 m errichtet und mittels Quertragseilen verbunden werden. Daran ist der Fahrdraht aus Kupfer angehängt. Wo möglich, soll eine Kombination von Straßenbeleuchtungs- und Oberleitungsanlage genutzt werden. Das Ziel: So wenige, wie unbedingt notwendige zusätzliche Masten in den Straßenraum zu bauen.
Neben der Prüfung der Genehmigungsunterlagen durch die Genehmigungsbehörde sowie die zu beteiligenden Träger öffentlicher Belange (z.B. Fachbehörden) wird auch die Öffentlichkeit im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens beteiligt. Nach der öffentlichen Bekanntmachung (z.B. über das amtliche Veröffentlichungsblatt, Tageszeitung und Internet) durch die Genehmigungsbehörde, liegen die Genehmigungsunterlagen einen Monat lang für die Öffentlichkeit zur Einsicht aus. Zudem werden alle Unterlagen auf der Website des Regierungspräsidiums Gießen unter Öffentliche Bekanntmachungen-Planfeststellung (https://rp-giessen.hessen.de/oeffentliche-bekanntmachungen-planfestellung) sowie auf der Projektwebsite www.bob-marburg.de veröffentlicht. Bis einen Monat nach Auslegungsende können alle, die sich betroffen fühlen, ihre Einwendungen schriftlich bei der Genehmigungsbehörde vorbringen. Alle Stellungnahmen und Einwendungen werden durch die Genehmigungsbehörde abgewogen und fließen in die Entscheidung über den Genehmigungsantrag mit ein.
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