Ursprünglich war ein Konzert mit Sfaxer Künstlern geplant - dann wurde eine Sfax-Woche draus. Traditionelle Musiken der drei abrahamitischen Religionen in einem Konzert zusammenzuführen: »Kinder Abrahams«, das war die Idee von Susanne Lohmiller vom Freundeskreis Marburg‒Sfax e.V. Amnon Orbach von der Jüdischen Gemeinde schlug Kinderchöre vor; die mussten aber erst gebildet werden.
Die Sfax-Gruppe hatte mit Nourredine Kallel und Wahid Triki (Oud = arab. Laute) hervorragende traditionelle Musiker im Köcher; das inspirierte Albrecht Fuess vom Moscheeverein, ein gemeinsames Benefizkonzert für den Moscheebau in der Kugelkirche zu veranstalten.
Den beiden Sfaxer Musikern schloss sich Nabil Boudhina als Dritter im Sfaxer Bunde an, ein moderner Sänger, der schon einmal in Marburg gastiert hatte. Mit ihm wollte der bekannte Chorleiter und Komponist Jean Kleeb ein Konzert arrangieren.
Die Deutsch-Tunesische Gesellschaft Hessen in Gestalt von Mustapha Ouertani organisierte ein weiteres Konzert in Gießen. Die Islamische Gemeinde lud die beiden anderen zum Neujahrskonzert in der blista Marburg ein. Damit war die Woche ordentlich gefüllt. Der Freundeskreis schließlich führte eine einleitende Veranstaltung im TTZ durch, auf der von der letzten Sfax-Reise und den neuen Projekten berichtet sowie die Musiker vorgestellt wurden.
Es wurde in jeder Hinsicht eine tolle Woche. Ohne Zweifel war das Konzert »Kinder Abrahams« am Freitag, 28.11. in der Lutherischen Pfarrkirche im Rahmen von »Marburg b(u)y night« der Höhepunkt. Weniger wegen der proppenvollen Kirche (geschätzte 500 Menschen oder mehr), sondern wegen des Charakters dieses Ereignisses.
Hier begegneten sich jüdische, christliche, muslimische und bestimmt auch viele bekenntnislose Menschen in einem multikulturellen Fest. Hier trafen sich vor allem auch Kinder der verschiedenen Religionen und lernten sich auf sehr unmittelbare Weise ein wenig kennen.
Das Programm, gekrönt durch die zusammenführende Komposition »Shalom-Salam-Pacem« von Jean Kleeb, war ein kleiner Lichtstrahl in diese von schweren Konflikten gezeichnete Zeit. Gerade von Seiten der Muslime, aber auch von Amnon Orbach von der Jüdischen Gemeinde wurde der Wunsch nach Wiederholung laut. Es war ein Fest der Gefühle. Menschen verschiedener Kulturen begegneten sich beim Singen. Denn in Begegnung und Austausch liegt der Erfolg dieser Woche.
Das ist auch das Anliegen des Freundeskreises Marburg-Sfax. Wenn dabei große Gefühle geweckt werden wie am Freitagabend, ist das wunderbar. Auch die Gäste aus Sfax haben das gespürt und waren sehr berührt. Selbst für Marburg, das für eine gewisse multikulturelle Offenheit bekannt ist, war das ein ganz besonderes Ereignis.
Text: Balduin Winter, Freundeskreis Marburg-Sfax e.V.