Eröffnet wurde die Veranstaltung mit rund 50 Gästen im Rathaussaal durch Bürgermeister und Jugenddezernent Dr. Franz Kahle. „30 Jahre Kommunales Jugendbildungswerk in Marburg, das ist die Geschichte der Arbeit von städtischer Jugendförderung mit Jugendlichen. Es ist die Geschichte von enger und stetiger Kooperation mit Schulen und vom Versuch, mit der Jugend jung zu bleiben“, erklärte Bürgermeister Kahle das Selbstverständnis der städtischen Einrichtung.
Zum Jubiläum befasst sich in diesem Jahr eine Vortragsreihe mit unterschiedlichen Fragestellungen zur pädagogischen Arbeit mit Heranwachsenden. „Das Thema Willkommenskultur für jugendliche Geflüchtete ist ein pädagogisches Thema, aber auch ein sehr politisches“, so Kahle. Er sei froh, dass die Universitätsstadt Marburg „die Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten mit einem eigenen Konzept offensiv angegangen“ sei. „Uns hat die Frage geleitet, wie wir eine Perspektive des Hierseins entwickeln können“, erinnerte der Jugenddezernent. Dabei hänge das komplizierte Ausländerrecht wie ein Damoklesschwert über den jungen Menschen, die eine Abschiebung befürchten müssten.
Auf die Frage „Welche Rolle pädagogische Jugendarbeit?“ bei einer „Perspektive des Hierseins“ spielen könne, gab Referentin Judith Rahner mit ihren Erfahrungen aus Theorie und Praxis Antworten. Matthias Gnau vom Jugendbildungswerk würdigte sie als „Koryphäe auf ihrem Gebiet“.
Rahner stellte in ihrem Vortrag die Voraussetzungen einer nachhaltigen Willkommenskultur für die pädagogische Arbeit für und mit geflüchteten Jugendlichen dar. „Wir brauchen nicht nur eine Willkommenskultur, sondern eine Willkommensstruktur“, so die Leiterin der Fachstelle Gender und Rechtsextremismus der Amadeu-Antonio-Stiftung. Feste Stellen und Angebote seien dabei genauso wichtig wie ein Perspektivwechsel, um die Sicht von Geflüchteten einzubeziehen.
Auch der aktive Widerspruch gegen Hetze und Rassismus in Jugendeinrichtungen sei unverzichtbar. „Fluchtgründe, Asyl, rechte Argumentationsmuster und hate speech“ müssten Thema bei Angeboten für junge Menschen sein, stellte Rahner klar, denn „diversitätssensible Jugendliche sind die Voraussetzung für eine Willkommenskultur“.
Die Amadeu-Antonio-Stiftung wurde 1998 mit dem Ziel gegründet, eine demokratische Zivilgesellschaft zu stärken, die sich konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus wendet. Dieses Ziel verfolgt sie durch Aufklärung, Sensibilisierung sowie Beratung und Förderung von lokalen Initiativen.
Das Marburger Jugendbildungswerk bietet jungen Menschen zwischen 12 und 27 Jahren zahlreiche Angebote der außerschulischen Jugendbildung. Dabei hat es die Interessen der Heranwachsenden stets im Blick und sorgt für bedarfsorientierte Erfahrungs- und Beteiligungsräume, die an sich verändernde gesellschaftliche und lebensweltliche Entwicklungen angepasst sind.
Seminare, Projekte und Bildungsveranstaltungen in den Bereichen „Berufsorientierung“, „Medienarbeit“, „Politische Bildung und Partizipation“ sowie „Kulturelle Bildung“ sind die inhaltlichen Schwerpunkte der Arbeit des Jugendbildungswerkes. Dabei kooperiert es mit Schulen sowie verschiedenen Akteuren aus den Bereichen Bildung, Kultur und Gesellschaft.