„Mit der Unterzeichnung der EU-Charta hat sich die Universitätsstadt Marburg dazu verpflichtet, die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in unserer Stadt durch ganz konkrete Maßnahmen voranzubringen“, erklärte Oberbürgermeister Spies bei der Vorstellung des Aktionsplans. Die Maßnahmen sind unter der Federführung des Gleichberechtigungsreferats gemeinsam mit den städtischen Fachdiensten und in Gleichstellungsfragen aktiven Vereinen und Institutionen der Stadtgesellschaft erarbeitet worden. „Unseren Aktionsplan wollen wir in den nächsten beiden Jahren umsetzen“, so Spies.
Die Gleichstellungskommission der Universitätsstadt Marburg, die sich aus Vertreterinnen und Vertretern des Magistrats, der Stadtverordnetenversammlung und sachkundigen Einwohnerinnen und Einwohnern zusammensetzt, hatte den Aktionsplan in zwei Sitzungen Anfang 2017 beraten und dem Magistrat einstimmig empfohlen, diesen umzusetzen.
Die Europäische Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene – als EU-Charta bekannt – entstand unter Schirmherrschaft des Rates der Gemeinden und Regionen Europas im Jahr 2006. Seitdem haben sie mehr als 1600 Städte und Gemeinden aus 33 Ländern unterzeichnet. Seit 2014 ist auch die Universitätsstadt Marburg dabei. Sie ist damit eine von 45 deutschen Städten und Kommunen, die sich formell und öffentlich im Sinne der Charta zum Grundsatz der Gleichstellung der Geschlechter bekennen.
„Der Aktionsplan der EU-Charta eignet sich hervorragend, um gemeinsam und vor allem planvoll für Gleichberechtigung vor Ort zu arbeiten“, so das Stadtoberhaupt. Die Einführung von Gender Budgeting werde mehr Klarheit darüber bringen, inwieweit städtische Ausgaben speziell Frauen oder Männer unterstützen. „Auf dieser Grundlage können wir dann überprüfen, ob es zwischen den Geschlechtern, wenn es ums Geld geht, fair zugeht oder ob wir in manchen Bereichen umsteuern müssen“, führte Spies aus. Begonnen werde damit in den Fachdiensten Kultur und Sport.
Ziel der EU-Charta ist es, Diskriminierung und Benachteiligung entgegenzuwirken und dabei zu berücksichtigen, dass viele Menschen, insbesondere Frauen, Diskriminierung auf mehreren Ebenen erleben: Sei es wegen ihres Geschlechts, ihrer ethnischen oder sozialen Herkunft, wegen ihrer Religion oder ihrer sexuellen Orientierung oder Identität. „Schubladendenken und Rollenzuschreibungen gehen oft Hand in Hand mit Diskriminierung und Benachteiligungen. Stellen Sie sich die Lebensrealität einer kopftuchtragenden Frau mit einer körperlichen Einschränkung vor, wenn es zum Beispiel darum geht, einen guten Arbeitsplatz zu finden. Benachteiligungen müssen zunächst einmal sichtbar gemacht werden, um mit geeigneten Mitteln etwas dagegen tun zu können“, erklärte die Leiterin des Gleichberechtigungsreferats Dr. Christine Amend-Wegmann. Und weiter: „Deshalb zielen auch einige Maßnahmen im Aktionsplan darauf ab, zunächst Informationen und Daten über die Ist-Situation zu erhalten“. Darüber hinaus sei es wichtig, die Vernetzung mit anderen Akteurinnen und Akteuren zu stärken, etwa beim Thema Gesundheit oder bei der Umsetzung des Aktionsplans zur UN-Behindertenrechtskonvention.
Nicht zuletzt beinhaltet der Aktionsplan Maßnahmen, die die Stadt als Arbeitgeberin für ihre rund 1300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ergreifen will. Innerhalb der Stadtverwaltung soll zeitnah ein Konzept zum Kontakthalten für den beruflichen Wiedereinstieg nach einer familienbedingten Unterbrechung umgesetzt werden. „Wir tun bereits sehr viel, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen“, so Spies. Die Hauptlast liege auch in Marburg immer noch hauptsächlich bei den Mitarbeiterinnen. „Wir müssen weiter daran arbeiten, dass familienbedingte Unterbrechungen oder Arbeitszeitreduzierungen nicht zu Nachteilen bei der beruflichen Entwicklung führen. Tatsächliche Chancengleichheit für Frauen und Männer in unserer Verwaltung ist mir als Personaldezernent ein wichtiges Anliegen“, so der Oberbürgermeister weiter.
Der Magistrat hat den Aktionsplan EU-Charta ins parlamentarische Verfahren gegeben. Die Stadtverordnetenversammlung wird darüber in seiner nächsten Sitzung Ende März entscheiden. Die Umsetzung des Aktionsplans koordinieren und begleiten die Mitarbeitenden des Gleichberechtigungsreferats: Neben der Referatsleiterin Dr. Christine Amend-Wegmann sind Laura Griese als Referentin und Janis Loewe als studentische Hilfskraft beteiligt. Griese hat Vergleichende Kultur- und Religionswissenschaft mit dem Schwerpunkt Geschlechterforschung an der Philipps-Universität Marburg studiert und begann ihre Arbeit im Gleichberechtigungsreferat im Januar 2017. Janis Loewe studiert Psychologie an der Philipps-Universität Marburg und ist seit September 2016 als studentische Hilfskraft im Gleichberechtigungsreferat tätig. Im Bereich der politischen Beteiligung arbeiten sie eng mit der Leiterin der Bürger/innenbeteiligung, Dr. Griet Newiger-Addy, zusammen.