Auf 256 Millionen Euro steigen die Erträge der Universitätsstadt Marburg 2018. Das sind 26 Millionen Euro mehr als 2017. „Dieses Mal ist es keine Gewerbesteuernachzahlung, die den Haushalt rosiger erscheinen lässt, als er seiner Struktur nach ist“, erklärt der Oberbürgermeister und erinnert an das Jahr 2015. Damals ließen die Steuerbescheide der Pharmabranche einen unerwarteten Geldregen über Marburg niedergehen – als Einmalzahlung für mehrere Jahre rückwirkend. Die Kehrseite der Medaille: Das Land fuhr ob dieser vermeintlich exorbitanten Marburger Steuerkraft seine Schlüsselzuweisungen im Folgejahr komplett auf Null herunter. Auch die Gewerbesteuer als mit Abstand größter Ertragsposten im Haushalt sackte 2016 wieder auf ein für Marburg relativ normales Niveau ab (siehe Grafik). Die Folge: Alle Erträge zusammen reichten – wie schon seit 2014 – nicht mehr für den Aufwand, den die Stadt als großer Dienstleister für das gute Leben seiner Bürgerinnen und Bürger in Marburg aufbringen will und muss – mit den bekannten Folgen von Haushaltssperre, steigenden Schulden, Konsolidierungsmaßnahmen.
„Wir haben schon viel geschafft auf dem Weg zu einer nachhaltigen Haushaltsführung, die uns auch dauerhaft Spielraum gibt für Gestaltung“, so Spies. „Diese hart erarbeitete Einnahmeverbesserung schafft Möglichkeiten, die wir nutzen wollen, ohne jedoch jetzt mehr auszugeben, als wir einnehmen“.
Hilfreich für 2018 ist da ein neuerlicher Sondereffekt – diesmal von Seiten des Landes. Wiesbaden vollzieht nach dem Zuweisungseinbruch die Rolle rückwärts und überweist Marburg wieder mehr Geld. Die Schlüsselzuweisungen steigen von 0 Euro 2016 über rund 9 Millionen Euro 2017 auf nie dagewesene 30,5 Millionen Euro 2018 – als Spätfolge der rasanten Berg- und Talfahrt der vergangenen Steuerjahre. „Das Plus ist deshalb nicht von Dauer“, erklärt Spies die Pendelbeziehung zwischen Steuerkraft und Landesmitteln. Bei Gewerbesteuereinnahmen von 100 Millionen Euro auf gleichbleibendem Niveau 2017 und 2018 werden die Schlüsselzuweisungen in Zukunft wieder sinken.
Trotzdem: Ein Teil dieser Landesgelder bleibt Marburg unabhängig davon erhalten. Dafür hat Oberbürgermeister Spies in Wiesbaden gekämpft – für Marburg und für alle anderen kreisangehörigen Städte in Hessen über 50.000 Einwohner/innen. Der Grund: Ihre Umlage, die sie jährlich an die Landkreise abführen, ist im Vergleich zu der der kleineren Kommunen prozentual zu hoch. Diesen Missstand hat das Land auch durch die jüngste Reform des Kommunalen Finanzausgleichs (KFA) nicht aus der Welt geschafft. Marburg zahlte im hessischen Städtevergleich am meisten – bis jetzt. Spies hat gemeinsam mit dem Hessischen Städtetag in den Verhandlungen mit dem Finanzminister erreicht, dass diese Mehrbelastung aus der Kreisumlage ab 2018 finanziell ausgeglichen wird, und zwar so lange, bis der KFA neu geregelt ist. Den Ausgleich zahlt das Land selbst: 11 Millionen Euro Sonderbeitrag für 2018 für alle Sonderstatusstädte zusammen. Der größte Anteil in Höhe von 3 Millionen geht nach Marburg. Ab 2019 sind der Universitätsstadt bis auf weiteres 3,8 Millionen Euro jährlich zugesagt. Die Vereinbarung dazu mit dem Land wird kommende Woche unterschrieben.
Zu guter Letzt schlägt sich auch die gute Konjunktur in Deutschland im Haushalt der Stadt Marburg nieder. Mit 5 Millionen Euro mehr rechnet der Kämmerer im kommenden Jahr aus der Einkommens- und Umsatzsteuer (insgesamt 48 Millionen).
„Das alles sind gute Entwicklungen, die uns wieder mehr Spielraum geben“, sagt der Oberbürgermeister – für notwendige Investitionen in der Infrastruktur, für den zügigen Ausbau der Kinderbetreuung, für eine noch bessere Jugend- und Familienhilfe, für das breite Angebot sozialer Unterstützung und die vielfältige Kulturlandschaft in der Stadt – „und natürlich auch dafür, den rasanten Schuldenanstieg der letzten Jahre zu stoppen“, betont Spies.
„Ein Überschuss im Jahresergebnis bedeutet natürlich nicht, dass wir Geld übrigbehalten, sondern dass wir nicht alle geplanten Investitionen über Kredite finanzieren müssen. Deshalb sollten die 11 Millionen Euro 2018 zur Minderung der Kreditaufnahme für Investitionen übrigbleiben“, gibt Thomas Spies die Richtung vor.
Den Entwurf des Haushalts 2018 bringt der Oberbürgermeister am Freitag, 15. Dezember, ins Stadtparlament ein. Die Sitzung ist öffentlich und beginnt um 16.30 Uhr im Stadtverordnetensitzungssaal (Barfüßerstraße 50).