© Patricia Grähling, Stadt Marburg
„Unsere Beschäftigten arbeiten mit großem Engagement bestmöglich im Sinne der Menschen in Marburg. Leider wissen das nicht immer alle zu schätzen“, so Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. Deswegen komme es immer wieder vor, dass die Mitarbeiter*innen in beschimpft, beleidigt und sogar angegriffen werden. „Das dulden wir nicht. Wir stellen uns schützend vor unsere Beschäftigten“, macht der Verwaltungschef klar.
Bereits 2019 hat die Stadt nach vermehrten Übergriffen gegen Rettungskräfte die Kampagne „Marburg zeigt Respekt“ gestartet. Das Logo prangt unter anderem auf den Feuerwehrautos, auf den Fahrzeugen des DBM und auf Stadtbussen. Und es soll tagtäglich die Menschen daran erinnern, dass man respektvoll miteinander umgehen sollte. Anknüpfend an die entwickelten Maßnahmen einer bereits in 2015 gegründeten internen Arbeitsgruppe will die Stadt nun nochmal deutlicher machen „Wir sagen NEIN zu Gewalt“. Diese Plakate hängen überall dort, wo Publikumsverkehr ist, um daran zu erinnern, was üblich sein sollte. Die Stadtverwaltung ist ein gewaltfreier Ort, an dem weder körperliche noch psychische Gewalt geduldet wird – und das werde durchgesetzt, wenn jemand gewalttätig werden sollte.
Neben den Plakaten gibt es interne Fortbildungen, etwa für Deeskalation, für Kommunikation und auch für Selbstverteidigung. Außerdem gibt es ein internes Alarmsystem, mit dem Beschäftigte Kolleg*innen in benachbarten Büros still um Hilfe rufen können.
„Bei allem Verständnis, dass Menschen manchmal in schwierigen Situationen sind, dass sie Probleme haben, dass sie enttäuscht oder frustriert sind, weil wir als Stadt nicht weiterhelfen können oder dürfen: Gewalt darf niemals eine Lösung sein“, ist für Spies klar. Ebenso klar ist, dass auch Beleidigungen und Beschimpfungen Gewalt darstellen – denn auch Worte können schmerzhaft sein oder Angst machen. „Wir dulden keine Gewalt in Marburg, in unseren Räumen und schon gar nicht gegenüber unseren Mitarbeiter*innen – und wenn nötig wird, erteilen wir Hausverbote oder unterstützen bei der Erstattung einer Strafanzeige“, so Spies deutlich.
Ebenso klar ist natürlich laut Spies, dass Bürger*innen sich beschweren dürfen, wenn sie eine Entscheidung der Verwaltung als ungerecht oder falsch empfinden. Beschwerden würden immer angenommen, Fehler auch korrigiert. Beleidigungen und Übergriffe werden dagegen nicht geduldet.
„Die Beschäftigten leben Bürgerfreundlichkeit, deswegen arbeiten sie hier. Sie arbeiten aber auch in einem Spannungsbereich zwischen dem, was die Menschen wollen und dem, was Recht und Gesetz ihnen vorgeben“, so der Personalratsvorsitzende Steffen Kloske. Man könne nicht alles genehmigen – und gerade, wo eine Entscheidung die Lebenssituation von Menschen deutlich beeinflusst, hätten die Mitarbeiter*innen der Stadt oftmals Verständnis für Wut, Frust und Enttäuschung. „Das darf aber nicht dazu führen, dass sie auch Beleidigungen und Gewalt hinnehmen – denn so etwas wirkt nach und kann was mit ihnen machen.“ Die AG und der Magistrat wollen deswegen, dass die Beschäftigten sich geschützt fühlen und wissen, dass es richtig ist, physische und psychische Gewalt zu melden.
„Wir können nur helfen, wenn die Mitarbeiter*innen uns von solchen Vorfällen berichten“, sagt der OB. Beleidigungen sind laut Spies beim DBM schon fast an der Tagesordnung, etwa wenn die Annahme von Abfällen am Servicehof abgelehnt wird oder wenn die Straße zur Leerung von Mülleimern kurz blockiert werden muss. Auch zu Übergriffen auf die Stadtreiniger sei es schon gekommen.
Beschäftigte berichten außerdem von Schlafproblemen, Konzentrationsschwäche, Panikattacken und anderen Problemen nach verschiedenen Vorfällen – etwa wenn Bürger*innen mit dem Stand einer Sachbearbeitung unzufrieden sind und Mitarbeiter*innen beleidigen, schreien oder Inventar beschädigen; oder wenn Beschäftigte auf Vorschriften hinweisen und dafür bedroht werden – beispielsweise mit dem angedeuteten Durchschneiden der Kehle. Auch zu tätlichen Angriffen kam es schon, bei denen Mitarbeiter*innen verletzt oder Brillen und Kleidung beschädigt wurden.
Damit die Beschäftigten Gewalterfahrungen leichter melden können, hat die AG einen Meldebogen erstellt. Die Stadt will damit auch die Zahl der Fälle systematisch erfassen. „Gefühlt werden es mehr Fälle“, so OB Spies. Das macht er daran fest, dass die Zahl der Hausverbote, die er unterschreibe, zunehme. „Und bis zu einem Hausverbot muss schon einiges vorgefallen sein.“
Immer gut informiert: Melden Sie sich für den Newsletter der Universitätsstadt Marburg an und erhalten Sie regelmäßig alle wichtigen Infos aus Rathaus und Stadtleben direkt in Ihr E-Mail-Postfach.