„Eltern fragen bei uns immer häufiger nach, ab wann sie ihre Kinder wieder in die Krippe oder die Kita bringen können. Sie erwarten verständlicherweise konkrete Aussagen von uns und von den freien Trägern, damit sie Planungssicherheit haben. Wir möchten die Not der Eltern auch so gut es geht mindern. Aber ohne eine konkrete Verordnung des Landes Hessen sind uns die Hände gebunden“, so Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. „Wir wollen den Eltern helfen und möglichst schnell möglichst viele Betreuungsplätze unter Einhaltung des Infektionsschutzes und natürlich unter sicheren Bedingungen für unsere Erzieher*innen anbieten“, führt Stadträtin und Jugenddezernentin Kirsten Dinnebier aus.
Gemeinsam mit den freien Trägern seien daher in den vergangenen Wochen verschiedene Konzepte entstanden, wie die Ausweitung der Kinderbetreuung in Marburg funktionieren kann – je nachdem, welche Verordnungen das Land vorgibt. Die Stadt hat sich für unterschiedliche Varianten gerüstet. „In den vergangenen Monaten hat unser Fachdienst Kinderbetreuung immer wieder die Verordnungen des Landes erst am Freitagabend erhalten und sie über das Wochenende bis Montagmorgen umgesetzt. Die Mitarbeiter*innen sind wahre Held*innen der Krise.“ Spies habe dafür Verständnis, dass viele Entscheidungen erst kurzfristig getroffen werden könnten – in Reaktion auf die aktuelle Entwicklung. Eine frühere Information der Kommunen sei jedoch wünschenswert, um schneller und besser planen zu können.
Am heutigen Mittwoch, 20. Mai, wird das Land möglicherweise Hinweise zur Umsetzung der geplanten Öffnungen vom 2. Juni mitteilen. „Erst mit einer Verordnung, die in der Regel einige Tage nach der Ankündigung kommt, ist es uns dann – wenn auch leider sehr kurzfristig – möglich, Verfahrensschritte zur Öffnung der Kitas in der Stadt Marburg festzulegen“, so Dinnebier. Gibt es eine neue Verordnung benötige die Stadt etwa zwei Tage, um diese konkret umzusetzen und den Eltern Auskünfte über die zukünftige Betreuungssituation geben zu können. „Wir haben jede Kita separat betrachtet und Konzepte zur Raumnutzung, den Gruppen und den Personalkapazitäten individuell erstellt“, erklärt Stefanie Lambrecht, Fachbereichsleiterin Kinder, Jugend und Familie. „Wenn wir die neuen Vorgaben haben, können wir sagen, wie viele Kinder wir wo betreuen können.“
Um kurzfristig möglichst viele Kinder auch betreuen zu können, hat die Stadt Marburg weitere dringende Anregungen gegeben: „Wir brauchen eine vorübergehende Aufhebung der Fachkraftquote. Das ist pädagogisch nicht wünschenswert und entspricht auch nicht unseren Ansprüchen an die pädagogische Arbeit mit den Kindern – aber es bietet eine Möglichkeit, möglichst vielen Eltern einen Betreuungsplatz anbieten zu können“, erklärt Spies. Denn: Der Infektionsschutz hat für die Stadt weiterhin Priorität. Kleine Gruppen, kein Schichtmodell, keine wechselnden Betreuer*innen in einer Gruppe sind daher wichtig. Dafür benötige die Stadt auch eine Genehmigung des Landes, auch gegebenenfalls Räume außerhalb der Betreuungseinrichtungen nutzen zu können, um dort Kinder betreuen zu können.
„Wir haben kleinere Gruppen, also brauchen wir auch mehr Platz.“ Derzeit seien die Kapazitäten der Stadt mit 33 Prozent der Kinder in der Notbetreuung in kleinen Gruppen bis zu 10 Kindern ausgereizt. Aktuell werden 1040 Kinder betreut. Anspruchsberechtigt wären deutlich mehr Familien, die derzeit aber keinen Platz in Anspruch nehmen. „Mit mehr Personal und mehr Orten können wir mehr kleine Gruppen anbieten – und so möglichst vielen Eltern einen Betreuungsplatz gewährleisten. Inwiefern wir das umsetzen können, hängt aber von den weiteren Regelungen ab, die das Land ermöglicht“, so Spies weiter. Als zusätzliches Personal könnten etwa Studierende der Pädagogik und Beschäftigte aus dem sozialen Bereich zu Unterstützung des Fachpersonals hinzugezogen werden.
Für die Marburger Einrichtungen der Kinderbetreuung gibt es bereits jetzt einen verbindlichen Hygieneplan sowie Regelungen zur örtlichen Umsetzung der Kinderbetreuung. Es hat sich eine Expertengruppe aus öffentlichem und freien Trägern konstituiert, in der auch der Gesamtelternbeirat als Vertretung der Elterninteressen sowie eine Expertin der Virologie vertreten sind, diese begleitet perspektivisch den Prozess der Öffnung. „Ab 25. Mai wird es in der Stadtverwaltung zudem eine Hotline für Eltern zu Fragen der Kinderbetreuung geben“, so Dinnebier. „Wir verstehen, wie schwer die Situation und die Ungewissheit für die Eltern sind und stehen deshalb soweit wir können mit Rat und Tat zur Seite. Wir sind für die verschiedenen Möglichkeiten, die das Land uns vorgeben könnte, gerüstet.“
Der Fachdienst Kinderbetreuung der Universitätsstadt hat eine Hotline für Eltern eingerichtet. Sie ist täglich zwischen 9 und 12 Uhr erreichbar unter (06421) 201-2246.