Das Land Hessen zahlt den Kommunen ab dem 1. August 135,60 Euro mehr pro Kind und Monat für Kindergärten und -tagesstätten, um Kindern über drei Jahren zumindest sechs Stunden am Tag kostenfreie Betreuung zu ermöglichen. „Das finden wir nicht ausreichend, denn eigentlich müsste das Land noch viel mehr zahlen, wenn es Kitas und Krippen als Bildungseinrichtungen, nicht als Aufbewahrungsanstalten verstehen würde“, stellt Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies klar. „Weil wir finden, das Bildung nicht vom Geldbeutel abhängen darf und Marburg sich das leisten kann, geben wir das Geld des Landes direkt und komplett weiter – zum Vorteil aller“, so das Stadtoberhaupt.
Ab 1. August soll nach Plänen von Spies und Dinnebier demnach die Betreuung im Ü3-Bereich kostenfrei sein. Das betrifft die Eltern von rund 2.100 Mädchen und Jungen, die derzeit in den Kindergärten und Kindertagesstätten in Marburg betreut werden. „In Marburg haben wir seit Jahren eine hervorragende Kinderbetreuung. Die bauen wir mit städtischem Geld weiter aus, um auch den Eltern in den aktuell geburtenstarken Jahrgängen bedarfsgerechte Angebote machen zu können“, erklärt Kirsten Dinnebier, die bei der Universitätsstadt Marburg für Kinder, Jugend, und Familie die politische Verantwortung trägt.
Für die U3-Betreuung – Krippen und Tagespflegepersonen – sollen zudem die Gebühren für alle gesenkt werden. „Das kann Marburg nur, weil wir als Stadt bereits jetzt besonders niedrige Gebühren haben und außerdem rund 30 Prozent der Eltern schon aus sozialen Gründen von Gebühren entlasten oder freistellen. Hier geben wir aus gutem Grund seit Jahren viel Geld aus, denn jeder Euro für unsere Kinder ist ein Euro in unsere Zukunft“, ordnet Dinnebier ein.
Gut zehn Prozent mehr als 2017 gibt die Stadt dieses Jahr ohnehin schon für die Kinderbetreuung aus. Von 25 aus 27,6 Millionen Euro sind die Ausgaben für die Betreuung von Kindern von null bis sechs Jahren zuletzt gestiegen, von 18,5 auf fast 21 Millionen Euro der Anteil, den die Stadt aus eigenen Mitteln finanziert. Der Rest sind Landeszuschüsse sowie Elternbeiträge. Letztere finanzieren knapp 16 Prozent der Gesamtkosten der Betreuung.
Um etwa 1,1 Millionen Euro erhöht sich die Überweisung aus Wiesbaden mit dem neuen Gesetz für den Rest des Jahres 2018, wenn die Regel für die Kindergartenkinder ab 1. August in Kraft tritt. Für 2019 werden es 2,6 Millionen Euro mehr sein – dann für das ganze Jahr.
Auch wenn das Landesgesetz das nicht vorsieht, sollen nach dem Vorschlag von Spies und Dinnebier die Eltern der Marburger U-3-Kinder ebenso entlastet werden. Rund 750 Mädchen und Jungen unter drei Jahren sind das derzeit. „Die Gebühren für die Betreuung der unter Dreijährigen in den Krippen oder bei Tagespflegepersonen werden um rund zehn Prozent gesenkt“, erklärt Kirsten Dinnebier. Gleichzeitig wird der Sozialausgleich ausgeweitet. „Das heißt, wir wollen die Einkommensgrenze für eine Ermäßigung von den Gebühren erhöhen. Dadurch fallen mehr Eltern als bisher unter die Sozialausgleichsregel und werden von den Gebühren teilweise befreit. Für sie springt die Stadt als Beitragszahlerin ein.“
Und so sieht der Vorschlag für eine neue Gebührensatzung in Marburg aus:
- Der Besuch einer Kindertageseinrichtung wird ab dem 1. August für Kinder ab dem dritten Geburtstag komplett beitragsfrei – also nicht nur bis sechs Stunden, sondern auch die Ganztagsbetreuung. Eltern zahlen dann nur noch den Beitrag für das warme und qualitativ hochwertige Mittagessen in den KiTas und – je nach Einrichtung und Träger – gegebenenfalls noch Bastelgeld. Diese Freistellung gilt sowohl für die KiTas in städtischer als auch in freier Trägerschaft. Über die konkrete Umsetzung führt die Stadt zurzeit Gespräche mit den Trägern.
- Die Beiträge für die Kinder unter drei Jahren in Krippen und Kindertagespflege werden reduziert. Der Ganztagsplatz wird mit einer Betreuungsdauer bis neun Stunden täglich von 158 Euro auf 142 Euro herabgesetzt, der Mittagsplatz bis sieben Stunden von 135 Euro auf 125 Euro.
„Mit dieser Gebührensenkung entlasten wir weitere 800 Familien“, betont Kirsten Dinnebier, „durch den Ausbau der Krippenplätze werden es zukünftig noch mehr Eltern sein“. Weil die Verwaltung alles gründlich und seriös durchgerechnet habe, seien diese Entlastungen auch für die nächsten Jahre gesichert.
Die neue Gebührensatzung legt die Bildungsdezernentin am 7. Mai dem Magistrat der Stadt vor. Der Magistrat führt mit dem und über den Vorschlag den Dialog und die Gespräche mit freien Trägern und Eltern fort. Qualität, Ausbau und Gebührenfreiheit werden auch in Zukunft auf keinen Fall gegeneinander ausgespielt, wie Dinnebier und Spies zum Vorhaben betonen. Ende Mai soll das Stadtparlament entscheiden.