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Ratsinformation
24.06.2005 - 4.1 Kleine Anfrage der Stadtverordneten Eva Christi...
Grunddaten
- TOP:
- Ö 4.1
- Gremium:
- Stadtverordnetenversammlung
- Datum:
- Fr., 24.06.2005
- Status:
- öffentlich (Sitzung abgeschlossen)
- Uhrzeit:
- 17:00
- Anlass:
- Öffentliche Sitzung
- Beratung:
- öffentlich
- Vorlageart:
- Kleine Anfrage
- Federführend:
- 09 - Unterstützung kommunaler Gremien
- Bearbeiter*in:
- Norina Nickel
- Beschluss:
- ungeändert beschlossen
Welche
der sechs Qualitätsstandards für Arbeitsgelegenheiten nach dem SGB II",
die am 15. Oktober 2004 vom Stadtparlament verabschiedet wurden, wurden vom
Magistrat und den stadteigenen Unternehmen bei der Einrichtung von
Arbeitsgelegenheiten nicht berücksichtigt und warum wurde im Einzelnen der
Beschluss des Parlaments nicht umgesetzt?
Es
antwortet der Oberbürgermeister:
Der
Magistrat hat bereits nach der Beschlussfassung vom 15.10.2004 die
Stadtverordnetenversammlung mit Schreiben vom 08.11.2004 an Herrn
Stadtverordnetenvorsteher Löwer davon unterrichtet, dass - ohne die politische
Intention dieses Beschlusses in Frage zu stellen, die vom Magistrat grundsätzlich geteilt wird - der überwiegende
Teil der Anforderungen vom Magistrat wegen Unzuständigkeit nicht beeinflusst
werden kann. Diese Aussagen vom 08.11.2004 sind auch heute noch zutreffend:
1. In
Ziffer 1 des Beschlusses wird gefordert, dass Beschäftigte in
Arbeitsgelegenheiten vorher umfassend über ihre Chancen und die vorhandenen
Angebote, über ihre Rechte und Pflichten und über mögliche Alternativen
informiert und ggf. beraten werden sollen. Hierzu ist anzumerken, dass eine
solche umfassende Information und Beratung durch den Magistrat nicht zu leisten
ist. Dies ist vielmehr Aufgabe der Leistungsträger des SGB II, also für die
Stadt Marburg das Kreis-Job-Center (KJC).
2. Soweit
in Ziffer 2 gefordert wird, dass die für Arbeitsgelegenheiten in Frage kommenden
Personen die Möglichkeit haben sollen, eine solche Maßnahme abzulehnen, so
liegt dies nicht im Ermessen des Magistrats. Der Magistrat hat als Träger, der
Arbeitsgelegenheiten bereit stellt, keine entsprechenden Einflussmöglichkeiten.
Die Frage einer möglichen Ablehnung einer angebotenen Arbeitsgelegenheit kann
also ausschließlich nur im Verhältnis zwischen den betreffenden Personen und
dem für die Durchführung des SGB II zuständigen KJC geklärt werden.
Dies gilt gleichermaßen für die Forderung, dass die
betreffenden Personen sich Art und Umfang der Tätigkeit in einer
Arbeitsgelegenheit selbst wählen können sollen. Denn die Arbeitsgelegenheiten
bereit stellenden Stellen beantragen diese für bestimmte Maßnahmen und
erhalten dann von dem KJC eine Zuweisung der ausgewählten Personen.
Aus diesem Grunde ist auch die Einrichtung eines
Job-Pools', mit der den betreffenden Personen eine Wahlmöglichkeit für eine
ihrer beruflichen Integration förderliche Tätigkeit eingeräumt werden soll,
nicht möglich. Denn die Zuweisung der vom KJC ausgewählten Personen erfolgt
konkret auf die angeforderten Maßnahmen; ein Tausch innerhalb der von der
Stadt Marburg als Trägerin entsprechend eingerichteter Arbeitsgelegenheiten
könnte daher nur mit Zustimmung des KJC erfolgen.
3. Es
ist sichergestellt, dass durch die Arbeitsgelegenheiten keine bezahlten
Arbeitsplätze verdrängt werden. Dies ist eine gesetzlich normierte
Voraussetzung für die Genehmigung von Arbeitsgelegenheiten und wird vom
Magistrat auch bei der Beantragung
sichergestellt. Gleichwohl handelt es sich hier um eine Gratwanderung, denn bei
einer entsprechenden finanziellen Ausstattung der öffentlichen Hand auf Dauer
könnten natürlich für diese zusätzlichen und gemeinnützigen Arbeiten
entsprechende Planstellen eingerichtet werden. Dies entspricht aber auch nicht
der Intention des SGB II.
4. Soweit
in Ziffer 4 gefordert wird, dass die betreffenden Personen einen Anspruch auf
zusätzliche Qualifizierung zur Vorbereitung auf eine Stelle am Allgemeinen
Arbeitsmarkt haben sollen, muss darauf hingewiesen werden, dass dies seitens
der Stadt Marburg nicht zu leisten ist. Denn die Schaffung von
Arbeitsgelegenheiten begründet kein wie auch immer geartetes Arbeits- oder
Ausbildungsverhältnis oder eine sonstige qualifizierende
Weiterbildungsmaßnahme. Arbeitsgelegenheiten stellen vielmehr eine im Sinne des
Förderns und Forderns" anzusehende Maßnahme dar, die die Arbeitsfähigkeit
der betreffenden Personen erhalten und damit eine Wiedereingliederung in den
regulären Arbeitsmarkt erleichtern soll. Die Vermittlung bzw. Bereitstellung
weiterführender Qualifizierungsmaßnahmen ist daher eine Angelegenheit des KJC.
5. In
Ziffer 5 wird u.a. gefordert, dass Arbeitsgelegenheiten aus einer
qualifizierten SteIlenbeschreibung bestehen sollen, die ggf. ausgeschrieben
werden können. Nach derzeitiger Verfahrensweise sind dem KJC im Rahmen der
Beantragung von Arbeitsgelegenheiten konkrete Projekte zu melden. Aus der
Projektbeschreibung muss hervor gehen, dass es sich um gemeinnützige,
zusätzliche, arbeitsmarktpolitisch zweckmäßige und hinreichend bestimmte
Maßnahmen handeln muss. Auf dieser Grundlage vermittelt das KJC in Frage
kommende Personen zur Wahrnehmung dieser Arbeitsgelegenheiten. Eine allgemeine
Ausschreibung im Sinne einer Stellenausschreibung ist hier nicht möglich, da
die Stadt weder über entsprechende Stellen verfügt noch eine Auswahlmöglichkeit
hinsichtlich der vom KJC vermittelten Personen besitzt.
6. In
Ziffer 6 wird die Beteiligung der Personal- bzw. Betriebsräte sowie der
Abschluss entsprechender Dienst- bzw. Betriebsvereinbarungen gefordert. Hierzu
muss darauf hingewiesen werden, dass zwischen der Stadt Marburg bzw. deren
Gesellschaften und den betreffenden Personen kein wie auch immer geartetes
arbeitsvertragliches Beschäftigungsverhältnis entsteht. Denn nach § 16 Abs. 3
SGB II wird ausdrücklich festgelegt, dass Arbeitsgelegenheiten kein
Arbeitsverhältnis i.S.d. Arbeitsrechts begründen. Daher können
personalvertretungs- bzw. betriebsverfassungsrechtliche Beteiligungstatbestände
der Vertretungsorgane nicht greifen, da diese an reguläre Beschäftigungsverhältnisse
als Arbeiter, Angestellte oder Beamte geknüpft sind. Daher kommt auch der
Abschluss entsprechender Dienst- oder Betriebsvereinbarungen auf der Grundlage
des Personalvertretungs- bzw. des Betriebsverfassungsrechts nicht in Betracht.
Mit
dem örtlichen Personalrat der Stadtverwaltung ist allerdings im Rahmen der vertrauensvollen
Zusammenarbeit vereinbart, dass er rechtzeitig und umfassend alle Informationen
zu den Planungen von Arbeitsgelegenheiten insgesamt, aber auch im Einzelfall
über entsprechende Antragstellungen, erhält. Die Interessen der Beschäftigten
sind somit über diese Einbindung des Personalrates gewahrt.
Gleichwohl
fordert der Personalrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Zuweisung von Personen
für Arbeitsgelegenheiten und hat eine entsprechende Klage beim
Verwaltungsgericht Gießen eingereicht. Der Personalrat und Gesamtpersonalrat
wird hier von ver.di, die Stadt vom Kommunalen Arbeitgeberverband Hessen
vertreten.
Unabhängig
davon werden selbstverständlich die Vorschriften über den Arbeitsschutz und das
Bundesurlaubsgesetz entsprechend angewandt. Auch haftungsrechtlich werden die
betreffenden Personen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit regulären Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmern gleich gestellt.
Zusatzfragen der Stadtverordneten Gottschaldt (PDS/ML) und Gottschlich (CDU) werden ebenfalls durch den Oberbürgermeister beantwortet.
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