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Ratsinformation

ALLRIS - Auszug

17.09.2019 - 4.3 Antrag der Fraktionen von SPD, BfM und CDU betr...

Beschluss:
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Wortprotokoll

Der Vorsitzende ruft die Vorlagen VO/6974/2019 und VO/6981/2019 gemeinsam auf. Er begrüßt Herrn Dr. Martin Just, Fachdienstleiter Gesundheitsaufsicht und Infektionsschutz beim Landkreis Marburg-Biedenkopf. Herr Dr. Just erläutert die Hintergründe für die gemeldeten Belastungen der Lahn und anderen Fließgewässern mit multiresistenten Keimen, die Bewertung aus Sicht des Infektionsschutzes und beantwortet weitere Fragen der Stadtverordneten.

 

Nach den Ausführungen von Herrn Dr. Just erklären die antragstellenden Fraktionen den Antrag als erledigt.

 

Oberbürgermeister Dr. Spies führt ergänzend aus, dass die Stellungnahme des Gesundheitsamtes Marburg-Biedenkopf zu multiresistenten Erregern in Fließgewässern beigefügt wird. Im Folgenden wird diese ausgeführt:

 

Die Ergebnisse der vom Hessischen Rundfunk initiierten Untersuchung von Fließgewässern auf multiresistente Erreger (MRE) sind interessant, obgleich der Nachweis von Bakterien in Fließgewässern nicht überraschend ist, da alle Gewässer natürlicherweise bakteriell kontaminiert sind und Bakterien, darunter auch solche mit Antibiotika-Resistenzen, überall in der natürlichen Umwelt, dem öffentlichen Raum und der Lebenswelt der Menschen vorkommen. Die Verbreitung von Antibiotika-Resistenzen ist gleichwohl als ernst zu nehmende Problematik anzusehen (vgl. hierzu unten stehende Ausführungen).

Nach unserer Kenntnis betrifft lediglich eine Probenahmestelle der Untersuchung unseren Landkreis. Dieses Ergebnis ist als Momentaufnahme einer bekanntermaßen besonders stark belasteten Stelle (Einleitung des Klärwerkes Marburg-Cappel) zu werten. Dieses Ergebnis kann nicht als repräsentativ für andere Flussabschnitte angesehen werden.

Darüber hinaus sind die Messwerte der Studie nicht sicher zu interpretieren. Eine verwertbare Interpretation setzt ein standardisiertes Untersuchungs- und Analyseverfahren voraus. Ein solches ist für Untersuchung von Wasserproben auf multiresistente Erreger noch nicht etabliert. Dies erschwert auch den Vergleich mit Messwerten anderer Untersuchungen und damit die Bewertung der vorgelegten Ergebnisse. Ergebnisse des BMBF-Forschungsvorhabens zu Antibiotikaresistenzen im Wasserkreislauf (HyReKA) liegen inzwischen vor, deren Bewertung und die Ableitung einheitlicher Handlungsempfehlungen sind Ende des Jahres zu erwarten. Dies sollte abgewartet werden, um nachfolgend über angemessene, zielgerichtete und effektive Maßnahmen zu entscheiden.

Zusätzliche Aufbereitungsstufen der Abwässer können dazu beitragen, dass Gewässer weniger durch schädliche Einträge belastet werden. Sie werden aber nicht verhindern können, dass über andere Wege (z.B. Fäkalieneintrag über Tiere und Oberflächenwasser) Bakterien – auch solche mit Multiresistenz) weiter in die Fließgewässer gelangen. Ob und in wie weit die Aufbereitung von Abwässern aus Krankenhäusern und Tiermastbetrieben technisch und hinsichtlich der Vermeidung potentieller Gesundheitsgefährdungen umsetzbar und effektiv ist, kann derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden.

Aufgabe des Gesundheitsamtes ist es, innerhalb der per Gesetz definierten Aufgaben tätig zu werden. Das Gesundheitsamt ist demnach unter anderem für die Kontrolle und Überwachung des Trinkwassers und von Badegewässern (Badeseen, Schwimmbäder etc.) zuständig. Die Wasserbehörden hingegen sind für die physikalische, chemische und biologische Beschaffenheit von Gewässern zuständig, nicht für hygienische Fragestellungen.

In Hessen ist eine hygienische Überwachung von Fließgewässern, die kein Badegewässer sind, nicht vorgesehen.

Das Gesundheitsamt ist ebenso bei besonderen gesundheitlichen Gefahrenlagen zuständig, um gesundheitliche Gefahren für die Bevölkerung abzuwehren, wenn eine konkrete Gefahr vorliegt (Infektionsschutzgesetz). In Deutschland besteht eine Meldepflicht für Nachweise bestimmter Bakterien mit speziellen Resistenzen und Multiresistenzen. Die Überprüfung der gemeldeten Fallzahlen zu multiresistenten Erregern oder damit zusammenhängender Erkrankungen im Landkreis Marburg- Biedenkopf hat ergeben, dass in den vergangenen Jahren und auch in der aktuellen Sommersaison kein Anstieg zu verzeichnen ist. Dem Gesundheitsamt ist auch kein Fall einer im Fließgewässer erworbenen Infektion mit einem multiresistenten Erreger bekannt. Eine konkrete Gefährdung liegt nach Einschätzung des Gesundheitsamtes derzeit nicht vor.

Kontakt zu Fließgewässern stellt für Gesunde in der Regel ein vernachlässigbares Infektions-Risiko dar, zumal Bakterien (mit und ohne Antibiotikaresistenzen) durch Duschen / Händewaschen etc. wieder abgewaschen werden. Es obliegt der Verantwortung jedes einzelnen, im Alltag Abwägungen bezüglich des individuellen Risikos zu treffen, so auch vor dem etwaigen Bad in einem nicht als Badegewässer zugelassenen Fluss.

Das Gesundheitsamt empfiehlt nach dem Baden in Flüssen zu duschen und die Hände zu waschen (genau wie auch nach dem Baden in Badegewässern oder Hallen- und Freibädern).

Im Bereich von Kläranlagen sollte selbstverständlich nicht gebadet werden.

Menschen mit Immunschwäche oder Wunden haben beim Kontakt zur Umwelt und dem öffentlichen Raum grundsätzlich ein erhöhtes Infektionsrisiko. Diese Menschen werden daher von ihren Ärztinnen und Ärzten über besondere Verhaltensregeln im Alltag auch hinsichtlich der Vermeidung möglicher Infektionsrisiken (z.B. das Baden in Fließgewässern) informiert.

Das Gesundheitsamt betont die grundsätzliche Bedeutung, der Entstehung von Antibiotika-Resistenzen und der Verbreitung von multiresistenten Erregern entgegen zu wirken.

In diesem Themenfeld ist das Gesundheitsamt Marburg-Biedenkopf auf Grund gesetzlicher Verpflichtung und darüber hinaus aktiv tätig: z.B. im Rahmen der Überwachung medizinischer und pflegerischer Einrichtungen, des Meldewesens und durch die Aktivitäten im Netzwerk zur Bekämpfung multiresistenter Erreger (MRE) in Mittelhessen (MRE-Netz Mittelhessen) – in dem das Gesundheitsamt des Landkreises leitende Funktionen übernimmt.

Das Gesundheitsamt nimmt diesen Auftrag und die Thematik der Antibiotika-Resistenz sehr ernst, nicht zuletzt auch aufgrund der Ergebnisse einer Studie der Weltgesundheitsorganisation aus dem Jahr 2014, die klar erkennen ließ, dass die Antibiotikaresistenz-Problematik global als eine bedeutsame Bedrohung der menschlichen Gesundheit anzusehen ist. Eine wesentliche Ursache der Antibiotikaresistenz-Entwicklung ist der großzügige und teilweise unkritische Einsatz von Antibiotika im Bereich der Human- und Veterinärmedizin. Um die Antibiotika als wertvolle und scharfe Waffe erhalten zu können, hat das MRE-Netz Mittelhessen verschiedene Aktivitäten gestartet. Hierzu zählen Fortbildungen für Ärztinnen und Ärzten, Informations-Kampagnen für die Bevölkerung zum sachgerechten Umgang mit Antibiotika (z.B. Plakataktion „Weniger ist mehr – Die wenigsten Schnupfennasen brauchen ein Antibiotikum“, Information über die sachgerechte Entsorgung von Arzneimitteln einschließlich Antibiotika) und ein Forschungsprojekt in Zusammenarbeit mit dem mikrobiologischen Institut der JLU Gießen (SurvCARE Hessen).

 

Erstellt von Dr. Just/ Dr. Wollenberg, 10.September 2019“

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