Universitätstadt Marburg

?

Hauptnavigation der Seite

Kartenanwendung der Stadt Marburg

Seiteninhalt

Inhaltsbereich der Seite
Sie sind hier: Politik & Stadtgesellschaft > Stadtpolitik > Stadtparlament (STVV)

Ratsinformation

ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage Stadtverordnetenvers. - VO/1186/2010

Reduzieren

Beratungsfolge

Reduzieren

Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung wird gebeten, zu beschließen:

 

  1. Der Gründung einer Netzgesellschaft mit der Firmenbezeichnung „Energie Marburg-Biedenkopf GmbH“ als Tochtergesellschaft der Stadtwerke Marburg GmbH wird auf der Grundlage des beigefügten Gesellschaftsvertrages gemäß § 51 Ziffer 11 der Hessischen Gemeindordnung zugestimmt.

 

  1. Die gemäß § 121 Abs. 6 der Hessischen Gemeindeordnung eingeholten Stellungnahmen der regional zuständigen Industrie- und Handelskammer Kassel sowie der Handwerkskammer Kassel werden zur Kenntnis genommen.

 

  1. Die vom Regierungspräsidium Gießen ergangene Stellungnahme wird zur Kenntnis genommen.
Reduzieren

Sachverhalt

Begründung:

 

1.         Energiewirtschaftliche Rahmenbedingungen

 

Durch verschiedene Novellierungen des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) wurde durch Veränderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen in der Energiewirtschaft durch neue europarechtliche Vorgaben die Liberalisierung des Gas- und Strommarktes umgesetzt. Aufgrund der Besonderheit der bestehenden Leitungsgebundenheit der Gas- und Stromversorgung war der Gesetzgeber gezwungen, durch geeignete Maßnahmen diese „natürlichen Monopole“ für neue Marktteilnehmer zu öffnen. Dies hatte zur Folge, dass die Geschäftsbereiche des Energievertriebes und der Energieverteilung von vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen entflochten werden mussten, um auf diesem Weg eine Öffnung dieses neuen Marktes für neue Marktteilnehmer zu gewährleisten.

 

Der Gesetzgeber hat daher in den §§ 6 bis 10 EnWG erstmals umfassende Regelungen zur Entflechtung, dem sog. Unbundling, niedergelegt. Der Anwendungsbereich dieser Entflechtungsnormen gilt dabei in Abhängigkeit von der Größe der Versorgungsnetze der betroffenen Unternehmen. Dies hat zur Folge, dass einzelne Regelungen grundsätzlich nicht auf solche Versorgungsnetze anzuwenden sind, an die weniger als 100.000 Kunden angeschlossen sind.

 

Im Einzelnen sieht das EnWG folgende Maßnahmen des Unbundling vor:

 

·                Buchhalterisches Unbundling

 

Das buchhalterische Unbundling verlangt ungeachtet der Rechtsform des Energieversorgungsunternehmens die Aufstellung, Prüfung und Offenlegung des Jahresabschlusses nach den für Kapitalgesellschaften geltenden Vorschriften. Nach § 10 Abs. 3 EnWG sind daher Energieversorgungsunternehmen verpflichtet, in ihrer internen Rechnungslegung Konten für die Bereiche Elektrizitätsverteilung, Gasfernleitung, Gasverteilung und Gasspeicherung so zu führen, als würden diese Tätigkeiten von rechtlich selbstständigen Unternehmen ausgeführt werden.

 

·                Informatorisches Unbundling

 

Durch § 9 Abs. 1 EnWG werden alle Energieversorgungsunternehmen zur Wahrung der Vertraulichkeit wirtschaftlich sensibler Informationen, die dem assoziierten Energievertrieb einen Wettbewerbsvorteil gegenüber externen Wettbewerbern verschaffen könnten, verpflichtet. Des Weiteren sind die Netzbetreiber zu einem diskriminierungsfreien Umgang mit wirtschaftlich sensiblen Informationen, von denen sie im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit Kenntnis erlangen, verpflichtet.

 

·                Operationelles Unbundling

 

Die Vorgaben des operationellen Unbundling gelten grundsätzlich für Energieversorgungsunternehmen, an deren Versorgungsnetz mehr als 100.000 Kunden angeschlossen sind. Inhalt des operationellen Unbundling sind die Entflechtung des im Netzbetrieb eingesetzten Personals, die Gewährleistung der beruflichen Handlungsunabhängigkeit des Leitungspersonals sowie die Beschränkung des tatsächlichen Einflusses der Konzern- und Unternehmensleitung sonstiger Bereiche des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens.

 

·                Gesellschaftsrechtliches Unbundling

 

Die Vorgaben zur rechtlichen Entflechtung nach § 7 EnWG verpflichten vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen, den Netzbetrieb in eine Gesellschaft zu überführen, in der die sonstigen wettbewerbsrelevanten, insbesondere der Energievertrieb von Strom und Gas, nicht mehr angesiedelt sind. Diese gesetzlich verbindliche rechtliche Entflechtung gilt grundsätzlich für diejenigen Energieversorgungsunternehmen, an deren Versorgungsnetz mehr als 100.000 Kunden angeschlossen sind.

 

Bislang waren lediglich die Regelungen des buchhalterischen und des informatorischen Unbundling von der Stadtwerke Marburg GmbH (SWM) zur Gewährleistung der gesetzlich vorgegebenen Entflechtung umzusetzen. Die bisherigen Erfahrungen im Rahmen von Überprüfungen der Vorgaben des Unbundling durch die Regulierungsbehörden haben jedoch gezeigt, dass rechtlich entflochtene Netzbetreiber einen klaren Vorteil in der Nachweisführung hinsichtlich der Umsetzung der Entflechtungsvorgaben aufweisen. Obgleich aufgrund ihrer einschlägigen Kundenanzahl keine gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung der rechtlichen Entflechtung bestand, sind bereits einige Unternehmen der Branche dazu übergegangen, rechtlich selbstständige Netzgesellschaften zu gründen.

 

Die nunmehr vorgesehene Gründung der Firma „Energie Marburg-Biedenkopf GmbH“ als Netzgesellschaft der SWM dient daher der konsequenten rechtskonformen Umsetzung der neuen energiewirtschaftlichen Vorgaben sowie der besseren Nachweisführung im Rahmen einer möglichen Überprüfung der Entflechtungsvorgaben durch die Regulierungsbehörden. Die neue Gesellschaft bietet zudem die Möglichkeit, anderen Städten und Gemeinden im Landkreis Marburg-Biedenkopf die Option zu eröffnen, die in ihrem Gebiet liegenden Netze in die Gesellschaft einzubringen bzw. diese durch die Gesellschaft erwerben zu lassen und sich gleichzeitig an der Gesellschaft als Gesellschafterin zu beteiligen.

 

 

2.         Kommunalverfassungsrechtliche Rahmenbedingungen

 

Seit der Novellierung des Gemeindewirtschaftsrechts in 2005 werden an die Gründung kommunaler Gesellschaften deutlich höhere Anforderungen gestellt. Dies gilt sowohl für unmittelbare als auch mittelbare Beteiligungen, soweit der von der Gemeinde beherrschte Beteiligungsumfang mehr als 50 % beträgt. Da die SWM als Eigengesellschaft der Universitätsstadt Marburg mit der neuen Netzgesellschaft die alleinige Gründung einer Tochtergesellschaft beabsichtigt, sind insoweit die speziellen Anforderungen der §§ 121 ff. HGO – Wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde - zu beachten:

 

·         Gemäß § 121 Abs. 6 HGO ist vor der Entscheidung über die Errichtung eines wirtschaftlichen Unternehmens die Gemeindevertretung auf der Grundlage einer Markterkundung umfassend über die Chancen und Risiken der beabsichtigten unternehmerischen Betätigung sowie über deren zu erwartende Auswirkungen auf das Handwerk und die mittelständische Wirtschaft zu unterrichten. Dabei ist vorab den örtlichen Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern sowie Verbänden Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, soweit ihr Geschäftsbereich betroffen ist. Diese Stellungnahmen sind der Gemeindevertretung zur Kenntnis zu geben. Vor diesem Hintergrund wurden die regional zuständige Industrie- und Handelskammer Kassel sowie die Handwerkskammer Kassel über das Vorhaben informiert und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Stellungnahmen der beiden genannten Kammern sind als Anlage 2 und 3 dieser Vorlage beigefügt; sie erklären darin im Ergebnis ihr Einverständnis zu dem Vorhaben.

 

·         Nach § 127a HGO ist u.a. die Gründung einer Gesellschaft schriftlich bei der Aufsichtsbehörde anzuzeigen. Aus dieser Anzeige muss zu ersehen sein, ob die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Auf der Grundlage dieser Anzeige hat das Regierungspräsidium Gießen die als Anlage 4 beigefügte aufsichtsbehördliche Bewertung abgegeben und mitgeteilt, dass aus kommunalrechtlicher Sicht keine Bedenken gegen die Gesellschaftsgründung bestehen.

 

3.         Wahrung der Einflussnahme der Universitätsstadt Marburg

 

Im Hinblick auf die kommunalverfassungsrechtlichen Vorgaben, wonach „die Gemeinde einen angemessenen Einfluss, insbesondere im Aufsichtsrat oder in einem entsprechenden Überwachungsorgan“ erhalten soll (§ 122 Abs. 1 Nr. 3 HGO) und damit zur Wahrung der Gesellschafterrechte der Universitätsstadt Marburg als Alleingesellschafterin der Stadtwerke Marburg GmbH hat der Magistrat bereits die vorherige Befassung und Zustimmung durch den Magistrat in folgenden Punkten verbindlich vorgegeben:

 

·         Änderung des Gesellschaftsvertrages;

·         Aufstellung und Änderung des Wirtschaftsplanes;

·         Wahl der/des Abschlussprüfers/in;

·         Feststellung des geprüften Jahresabschlusses, Verwendung des Jahresgewinnes, Behandlung des Jahresverlustes sowie die Entlastung der Geschäftsführung und des Aufsichtsrates;

·         Zustimmung zu Verfügungen der Gesellschafter/innen über die Geschäftsanteile an der Gesellschaft;

·         Zustimmung zu der Entsendung der Aufsichtsratsmitglieder durch den Aufsichtsrat der Stadtwerke Marburg GmbH

 

Damit wird sichergestellt, dass auch in der aus städtischer Sicht mittelbaren Beteiligung an der „Energie Marburg-Biedenkopf GmbH“ der Einfluss der Universitätsstadt Marburg auf alle wesentlichen Entscheidungen erhalten bleibt.

 

Die Stadtverordnetenversammlung wird daher unter Verweis auf 51 Nr. 11 HGO gebeten, der Gründung der „Energie Marburg-Biedenkopf GmbH“ als Gesellschaft der Stadtwerke Marburg GmbH zuzustimmen.

 

 

 

 

 

Egon Vaupel                                                                            Dr. Franz Kahle

Oberbürgermeister                                                                 Bürgermeister

 

 

 

Anlagen:

 

1.       Entwurf des Gesellschaftsvertrages der Energie Marburg-Biedenkopf GmbH

2.       Stellungnahme der Industrie- und Handelskammer Kassel

3.       Stellungnahme der Handwerkskammer Kassel

4.       Stellungnahme des Regierungspräsidiums Gießen

Loading...
Legende
selbst zuständig
selbst zuständig
eigenes Amt zuständig
eigenes Amt zuständig
anderes Amt zuständig
anderes Amt zuständig
andere Zuständigkeit
andere Zuständigkeit
selbst verantwortlich
selbst verantwortlich
andere Verantwortlichkeit
andere Verantwortlichkeit
Aufgabe bearbeiten
Aufgabe bearbeiten
NA
TOP
Keine Zusammenstellung
Keine Zusammenstellung
Dokument erstellen
Dokument erstellen
Alle Workflowbeteiligten benachrichtigen
Alle Workflowbeteiligten benachrichtigen
Dokument auswählen
Dokument auswählen
Mobile Navigation schliessen