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Ratsinformation

ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage - VO/0585/2022

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die unter den Punkten 4 und 5 beschriebenen Ausführungen werden als Stellungnahme der Universitätsstadt Marburg zum Entwurf des Regionalplans 2020 der Oberen Landesplanungs-behörde übergeben. Der gesamtstädtischen Stellungnahme werden die (stadt-) teilräumlichen Stellungnahmen der Ortsbeiräte, einzelner Bürger*innen und Initiativen dem Planungsträger unkommentiert als Anlage beigelegt.

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Sachverhalt

  1. Form der Beteiligung

Mit Schreiben vom 05.01.2022 (Eingang im Rathaus am 14.01. und am 18.01. im Fachdienst 61, Stadtplanung und Denkmalschutz) wird der Magistrat der Universitätsstadt Marburg formell darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Beteiligung zum Entwurf des Regionalplans Mittelhessen im Zeitraum 10.01. bis zum 11.03.2022 bzw. bis zwei Wochen nach Beendigung der Auslegung (bis 25.03.2022) stattfindet. Während dieses Zeitraums können Stellungnahmen zum Entwurf des Regionalplans Mittelhessen über das vom RP-Gießen eingerichtete Beteiligungsportal oder auch schriftlich an das Regierungspräsidium Gießen, dem Sitz der Geschäftsstelle der Regionalver-sammlung, abgegeben werden. Das Regierungspräsidium Gießen, in Vertretung des Planungsträgers - der Regional-versammlung Mittelhessen - hat zudem in Form verschiedener Pressemitteilungen und Veröffentlichungen im Internet bereits im Vorfeld Informationen zur Art und Zeitraum der Beteiligung bekannt gegeben. Der Vollständigkeit halber wird auch auf die Amtliche Bekanntmachung im Hessischen Staatsanzeiger 52/2021 hingewiesen, die formal auf die Beteiligungsphase hinweist sowie auf die Auslage des Regionalplanentwurfs mit Anlagen im Landratsamt.

Von Seiten der Verwaltung wurden Ortsvorsteher*innen und Fachdienste per Mail vom 19.01.2022 gebeten, ihre jeweilige Stellungnahme zum 18.02.2022 dem Fachdienst Stadtplanung und Denkmalschutz zu übermitteln, damit auf Basis der Erkenntnisse der Ortsbeiräte und betroffener Fachdienste eine Stellungnahme formuliert werden kann, die die gesamtstädtischen Belange beinhaltet. Unberührt davon besteht/bestand die Möglichkeit, eine Stellungnahme direkt an das

RP-Gießen - als Partikularinteresse - zu übermitteln.

Aufgrund der im Zusammenhang mit der Covid-Pandemie extrem hohen Fallzahlen und der hohen Infektionsgefahr konnte von öffentlichen Präsenzveranstaltungen praktisch kein Gebrauch gemacht werden. Auf Anregung des Magistrats wurde vom RP-Gießen eine umfangreiche öffentliche Informationsveranstaltung am 31.01.2022 per Video angeboten und durchgeführt.

 

2. Allgemeine Vorabinformation

Mit dem Ziel eingangs Information zum besseren Verständnis des komplexen Planwerks zu geben, werden an dieser Stelle die folgenden Erläuterungen stichpunktartig aufgeführt:

  • Planungsträger des Regionalplans ist die Regionalversammlung
    •        Plangebiet ist der gesamte Regierungsbezirk Mittelhessen (planungshierarchisch     zwischen Landesentwicklungsplan und Flächennutzungsplan) – Marburg ist nur eine Kommune von 101
    • Der Maßstab der Plankarte beträgt 1:100.000 (1 mm → 100 Meter) → es wird sich von Seiten des Planungsträgers auf raumbedeutsame Maßnahmen (!) und Grundzüge der Planung beschränkt.
  • Planungshorizont: 10-15 Jahre
    • Die Beteiligung bezieht sich auf Plan, Begründung, Umweltbericht, Strategische Umweltprüfung und die FFH-Vorprüfung
    • Der Begründungstext unterscheidet zwischen Grundsätze und Ziele; im Plan selbst wird entsprechend zwischen Vorbehalts- und Vorranggebiete unterschieden. Grundsätze unterliegen bei Bauleitplanungen in gewisser Form der Abwägung, Ziele sind (von der Kommune) dagegen zu übernehmen.
  • Adressat: öffentliche Stellen, Gemeinden

Dem Planentwurf voraus gingen verschiedene Fachgutachten, die, um auf die Marburger Ebene und speziell auf den quantitativen Siedlungsflächenbedarf zu sprechen zu kommen, sich folgendermaßen zusammenfassen lassen:

  • Vorranggebiete Siedlung Planung:

hier bildet die Wohnungsbedarfsprognose des „Instituts für Wohnen und Umwelt“ (IWU) aus Darmstadt die Basis für den maximalen Bedarf Marburgs: mit insgesamt 147 ha liegt dieser inzwischen um knapp 100 ha niedriger als noch in 2018 im Zuge der Evaluierung des noch wirksamen Regionalplans angesetzt wurde. Der Regionalplan geht von einem Wohnraumbedarf für die Universitätsstadt Marburg von 4408 Wohnungen aus. Als Gründe für die Reduzierung werden die Vorgaben des „Landesentwicklungsplans Hessen“ zu Dichtewerten, die soziodemografische Entwicklung und der Grundsatz des „Innen vor außen“ genannt.

  • Vorranggebiet Industrie und Gewerbe Planung:

der künftige Gewerbeflächenbedarf Marburg basiert auf der von der Regionalversammlung beschlossenen Gewerbeflächenbedarfsprognose des Prognos Instituts aus dem Jahr 2019. Für Marburg liegt der ermittelte Bedarf bei ca. 56 ha; wobei zusätzlich ca. 25-35 ha im Potentialraum Kirchhain/ Stadtallendorf in Form interkommunaler Gewerbeflächenentwicklung vorrangig für Verlagerungen/Neugründungen aus der Frankfurter Metropolregion vorgesehen sind.

 

3. Veränderungen im Entwurf gegenüber dem wirksamen Regionalplan 2010

Gegenüber dem Regionalplan Mittelhessen 2010 lassen sich im vorliegenden Entwurf des Regionalplans mit spezifischen Bezug auf Marburg folgende „größere“ Veränderungen festhalten:

  • Gisselberg-Nord: das bisher als „Vorranggebiet Industrie und Gewerbe Planung“ mit insgesamt 11 ha ist nicht mehr dargestellt; stattdessen „Vorranggebiet für Landwirtschaft“.
  • Neu das „Vorranggebiet Industrie und Gewerbe Planung“ im Stadtteil Moischt mit ca. 35,5 ha.

 

Um den Stadtteil Schröck wurden die großzügigen „Vorranggebiete Siedlung Planung“ in Summe etwas verkleinert und teilweise neu angeordnet.


 

Abb. 1: Gisselberg-Nord, Moischt, Schröck im R-Plan-Entwurf

 

Verschiedenen Außenstadtteilen wurden gewisse bauliche Entwicklungsmöglichkeiten für den Eigenbedarf in Größenordnungen < 5 ha dadurch eröffnet, dass „Regionale Grünzüge“ nicht mehr bis an den Siedlungskörper herangezogen werden oder „Vorranggebiete für Landwirtschaft“ nun als sog. „Vorbehaltsgebiete für Landwirtschaft“ dargestellt werden.

Die einzelnen Positionen der Universitätsstadt Marburg zu diesen Änderungen sind weiter unten unter P. 5 aufgeführt.

 

4. Funktionen des Oberzentrums Marburg in und für Mittelhessen im Wechselspiel mit Marburger Interessenlagen

Gemäß den landesplanerisch zugewiesenen Funktionen als Oberzentrum hat Marburg vielschichtige Versorgungsfunktionen für unterschiedlich bemessene Einzugsbereiche. Beispielsweise im Hinblick auf Bildung, Ausbildung und Krankenversorgung erstrecken sich die Versorgungs- und Einzugsbereiche teilweise über die Region Mittelhessen hinaus. Mit der Erfüllung oberzentraler Aufgabenstellungen und im Verbund mit verschiedenen (international operierender) Gewerbe- und Dienstleistungsbetrieben ist Marburg zudem ein gewichtiger Arbeitsplatzschwerpunkt für die gesamte Region Mittelhessen. Schließlich ist Marburg einer der Bevölkerungsschwerpunkte in Mittelhessen.

Selbstverständlich liegt es im Interesse des Magistrats, dass diese oberzentralen Funktionen weiterhin ausgefüllt werden können und mittels Investitionen in öffentlichen Infrastrukturen und einer vorausschauenden Daseinsvorsorge übergeordneter Planungen gebührend und zielkonform unterstützt werden.

Im Zusammenhang mit der Funktion als Arbeitsplatzschwerpunkt der Region herrscht grundsätzlich Interessendeckung zwischen Stadt und Region, wenn in Marburg Entwicklungsoptionen in Form von „Vorranggebiete Industrie und Gewerbe Planung“ ausgewiesen werden, um Betrieben am Bevölkerungsschwerpunkt Flächenangebote zu unterbreiten. Aus städtischer Sicht ist es dagegen in vielerlei Hinsicht widersprüchlich, wenn Betriebe aus Marburg (weiterhin) in das Umland expandieren müssten und damit sowohl die Entfernung zwischen Arbeitsplatz und Wohnort verlängern und gleichzeitig funktionierenden ÖV-Netzangeboten ausweichen.

Die selbst für den regionalen Maßstab herausragende Bedeutung der Marburger Pharmaindustrie basiert zum wesentlichen Teil auch auf das Forschungs- und (universitäre) Ausbildungsumfeld und damit auch auf ganz spezifischen Standortbedingungen. Gleichzeitig treten an den tradierten Standorten in Marbach und Michelbach erhebliche verkehrliche Herausforderungen auf, die letztendlich auch auf den großen Einzugsbereichen der Mitarbeiter*innen aus der gesamten Region Mittelhessen beruhen.

Im Rahmen dieser Stellungnahme steht deshalb an vorderster Stelle die Aufforderung an das RP-Gießen, Lösungsvorschläge zur verbesserten und konfliktärmeren Anbindung (auch unter Berücksichtigung der Nachbarkommune Lahntal) der Pharmastandorte an das überregionale Verkehrsnetz – als flankierende Maßnahme zu den Maßnahmen der Universitätsstadt Marburg zur Vermeidung unnötiger Verkehre auszuarbeiten.

 

Klare Zielsetzung des Magistrats im Hinblick auf die Schaffung von Wohnangeboten ist es, die bereits seit Jahren verfolgte Strategie der Innenentwicklung weiter zu verfolgen; damit wird dem bundesgesetzlichen (BauGB) und regionalplanerischen Grundsatz (ROG) des „innen vor außen“ entsprochen. Im Zusammenhang mit der Wohnungsbedarfsprognose und dem generellen Ziel des Magistrats, Arbeitsplätze und Wohnungsangebote in räumlicher Nähe auszuweisen, werden voraussichtlich auch künftig - neben dem Hasenkopf und dem Oberen Rotenberg, den einzigen Siedlungserweiterungsmöglichkeiten im unmittelbaren Anschluss an die Kernstadt - weitere Neubaugebiete realisiert werden (müssen). Im Sinne des Bodenschutzes, der Ökologie (inkl. Klimaschutz) und der Siedlungsökonomie sollen, im Einklang mit den Zielen des Regionalplans, bei diesen künftigen Gebietsentwicklungen im Oberzentrum wesentlich höhere städtebauliche Dichten als in den vergangenen Planungszeiträumen angesetzt werden.

Es ist klares Ziel des Magistrates, die im Planentwurf vorgeschlagenen „Vorranggebiete Siedlung Planung“ lediglich als Option/Wahlmöglichkeit zu verstehen und - bei Bedarf - lediglich einen geringen Bruchteil dieser Gebiete zu entwickeln.

 

Die Universitätsstadt Marburg sieht die Notwendigkeit einer schrittweisen, an sozial-ökologischen Maßstäben ausgerichteten Transformation der Strukturen und Strategien wirtschaftlichen Handelns. Dazu wird sie selbst ein Konzept, wie die zentralen kommunalen Steuerungsoptionen des Planungsrechts in diesem Sinne eingesetzt werden können, entwickeln. Sie empfiehlt, entsprechende Grundsätze auch in den Regionalplan aufzunehmen. Dabei sollte sowohl die Unternehmens- und Unternehmenswirkungsstruktur als auch die planerische Gestaltung beachtet werden. Zentrale Ziele sind die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe, hohe Arbeitsplatzqualität und Arbeitsplatzintensität, sparsame Flächennutzung, klimafreundlicher Bau und Betrieb, die Förderung der Mobilitätswende durch geeignete Mobilitätskonzepte sowie die Stärkung regionaler und klimaschonender Produktionsprozesse. Die Universitätsstadt Marburg empfiehlt, solche Grundsätze insgesamt in die Grundsätze der Regionalplanung aufzunehmen.

5. Positionen und Anregungen

Der Magistrat der Universitätsstadt Marburg äußert die folgenden Anregungen zum Entwurf des Regionalplans 2020:

Vorranggebiete Siedlung Planung:

Vor dem Hintergrund der aus Marburger Sicht in Summe überdimensionierten Entwicklungsoptionen für die weitere Entwicklung von Wohngebieten, regen wir an, die insbesondere in den Stellungnahmen der Ortsbeiräte aus Michelbach (S. 313, S. 314) und Schröck (Anlage) formulierten Anregungen zu einzelnen Gebieten kritisch zu prüfen und entsprechende Vorschläge für Überarbeitungen/Reduzierungen so auszugestalten, dass den Besonderheiten der jeweiligen Situation vor Ort und den Positionierungen der Ortsbeiräte Rechnung getragen wird. Speziell für den Stadtteil Michelbach regen wir darüber hinaus an, die dargestellte Grünzäsur zwischen dem Altort und Michelbach-Nord aufzugeben oder zu reduzieren, um als alternative Entwicklungsfläche gegenüber Reduzierungen an anderer Stelle zu wirken und darüber hinaus ein Zusammenwachsen der beiden Ortsteile auch räumlich zu ermöglichen.

Für die Außenstadtteile insgesamt regen wir an, Regionale Grünzüge und/oder Vorranggebiete Landwirtschaft nicht bis unmittelbar an den jeweiligen Siedlungsrand darzustellen. Unsere Absicht ist es, kleineren Siedlungsarrondierungen (< 5 ha) mit dem Ziel des Erhalts sozialer Infrastrukturen auf Stadtteilebene zumindest potentiell eine Realisierungsmöglichkeit zu eröffnen.

Der Gebietsvorschlag Oberer Rotenberg (S. 338) ist neben dem Hasenkopf (S. 305) die einzige Entwicklungsmöglichkeit im unmittelbaren Anschluss an den Siedlungskörper der Kernstadt. Während für den Hasenkopf, nach Durchführung des städtebaulichen Wettbewerbs, die Konkretisierung der Entwicklung schon so weit fortgeschritten ist, dass eine Anpassung/ Verkleinerung des Gebietes am nordwestlichen Rand (Überlagerung durch Vorbehaltsgebiet Forstwirtschaft) der Klarstellung dient, steht die gewählte Darstellung des Vorranggebietes am Oberen Rotenberg im Einklang mit den städtebaulichen Zielsetzungen der Universitätsstadt Marburg. Daher regen wir eine entsprechende Reduzierung des Gebiets Hasenkopf in den westlichen Anteilen an.


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abb. 2: Hasenkopf und Oberer Rotenberg im R-Plan-Entwurf

 

Vorranggebiete Industrie und Gewerbe Planung:

Eingangs wird darauf hingewiesen, dass – wie erwähnt - die Verwaltung ein Konzept zur kommunalen Gewerbeflächenentwicklung im Sinne einer ökologisch nachhaltigen Flächengestaltung, hohen Arbeitsplatzqualität und Arbeitsplatzintensität, sparsamer Flächennutzung sowie der Stärkung regionaler und klimaschonender Produktionsprozesse und Modellen der Kreislaufwirtschaft erarbeiten wird. Die Verfügbarkeit eigener (Potential-) Flächen ist dabei eine zentrale Voraussetzung für die Umsetzung einer Strategie der wirtschaftlichen Transformation. Bei der Frage, ob und inwieweit die Potentialflächen im Zuge der Umsetzung des Wandlungsprozesses allerdings auch tatsächlich in Anspruch genommen werden müssten, wird zwar die Umstrukturierungsdynamik im Gewerbegebietsbestand eine nicht unerhebliche Rolle spielen, gleichwohl erfordert die Prozesshaftigkeit dieser längerfristigen Umstrukturierungen im Hinblick auf Flächenbedarf ein hohes Maß an Flexibilität und attraktiver Angebote.

Vor dem Hintergrund der zugeschriebenen oberzentralen Funktion der Universitätsstadt ist es aus Sicht des Magistrats deshalb Zielsetzung, auf Ebene der Regionalplanung grundsätzlich größtmögliche Handlungsspielräume im Bereich der Gewerbeentwicklung zu erlangen. Eine vorausschauende, an dem Arbeitskräfteangebot und der Wohnortnähe orientierte Daseinsvorsorge kann künftig, ohne die Entwicklung alternativer Angebote, dagegen nur eingeschränkt nachgekommen werden.

 

Gisselberg-Nord/Lahntal/Moischt: (G 322)

Die im Regionalplan 2010 als „Vorranggebiet Industrie und Gewerbe Planung“ dargestellte, ca. 11 ha umfassende Entwicklungsfläche nördlich des bestehenden Gewerbegebietes Gisselberg-Nord ist nicht mehr im Entwurf des Regionalplans 2020 enthalten. Von den bisher im Regionalplan angebotenen Gewerbeflächen stellt diese Fläche, die aus Marburger Sicht mit Abstand am besten geeignete Option für eine Gewerbegebietsentwicklung dar; u. a. Nähe zur B 3 ohne Wohnnutzungen zu tangieren, keine Immissionskonflikte gegenüber schutzwürdigen Nutzungen, ebene Topografie, eingebunden in Infrastrukturen sowie dem Radwege- und ÖV-Netz, kurze Wege zu Wohnstandorten, bereits vorhandene Trennung zur übrigen Lahnaue durch den Straßendamm der ehemaligen B 255.

Mit der Herausnahme dieser Gewerbeflächenentwicklungsoption würde sich die generell ohnehin schon angespannte Gewerbeflächensituation innerhalb der Stadtgrenzen und im Besonderen in der Kontinuität der Kernstadt weiter verschärfen. Als Grund für die Herausnahme dieses Gebietes in Gisselberg-Nord wird der Hochwasserschutz angeführt. Bei einem 100-jährlichen Hochwasserereignis bietet die Fläche rein rechnerisch einen Retentionsraum (Überflutungsbereich) in Höhe von wenigen Zentimetern. Bei der Berechnung des 100-jährlichen Hochwassers wurde allerdings das Rückhaltebecken im Bereich Großseelheim, welches das Hochwasser der Ohm, und damit dem Flussregime mit dem größeren Einzugsgebiet als die Lahn, rechnerisch nicht berücksichtigt. Gerade bei Hochwasserereignissen in Marburg hat das mit großem Aufwand durch den Lahn-Ohm-Verband gebaute und betriebene Rückhaltebecken, einen entscheidenden Einfluss. Daher ist es aus Sicht des Magistrats unangemessen und unverständlich, dass in Folge der Nichtberücksichtigung des großen Retentionsvolumens dieses Rückhaltebeckens bei den Hochwasserberechnungen das Vorranggebiet Gisselberg-Nord aus dem Regionalplanentwurf herausgenommen wurde.

Es wird angeregt, unter Berücksichtigung der wasserwirtschaftlichen Belange, Lösungsmöglichkeiten (Neuberechnung der Hochwasserlinie, unter Anrechnung weiterer Retentionsflächen, wie beispielsweise das inzwischen realisierte Vorhaben an der „Gisselberger Spannweite“) auszuarbeiten, die in Gisselberg-Nord eine gewerbliche Entwicklung - explizit auch unter Auflagen des Hochwasserschutzes - auf der Fläche ermöglichen.

Die Ausweisung des Gebietes „Gisselberg-Nord“ in Form und Umfang der im Regionalplan 2010 gewählten Darstellung als „Vorranggebiet Industrie und Gewerbe Planung“ hat deshalb für den Magistrat oberste Priorität.

 

Das im Entwurf angebotene „Vorranggebiet Industrie und Gewerbe Planung“ im Stadtteil Moischt wirft in diesem Zusammenhang hinsichtlich Form und Lage eine Reihe von Fragen auf, die im Rahmen dieser Stellungnahme als Anregung gewertet werden sollen: wäre es nicht sinnvoller das Gebiet in Richtung Süd-Ost in Richtung Biogasanlage zu verschieben und entsprechend neu zu bemessen? Damit verbunden wäre neben der unmittelbaren Nachbarschaft zur bestehenden Biogasanlage die größere Distanz zum Siedlungskörper Moischt. Damit würde die Belastung der Anwohner deutlich reduziert. Zudem könnten damit schützenswerte Areale bzw. Nutzungen ausgespart werden. Mit der Wiederaufnahme des Gebiets Gisselberg-Nord sehen wir hier zudem die Möglichkeit einer Reduzierung der Potentialfläche um ein Drittel auf etwa 22 ha, ohne die Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt zu gefährden.

 

Grundsätzlich respektiert und akzeptiert der Magistrat die Bestrebungen der Oberen Landes-planungsbehörde, dem Hochwasserschutz bzw. den wasserwirtschaftlichen Belangen im Allgemeinen im Bereich des Lahntales einen hervorragenden Stellenwert bei der Frage der weiteren Flächennutzungen einzuräumen. Wir teilen die Auffassung, dass die Bedeutung des Hochwasserschutzes in den nächsten Jahren steigen wird. Für den Magistrat steht gleichwohl der einstimmige Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 30.06.2017 (Vorlage VO/5648/2017 Gewerbeentwicklungskonzept Marburg) und den damit in Verbindung stehenden Auftrag, die Fläche südlich der Südspange für die Novelle des Regionalplans anzumelden, im Raum. Unter der besonderen Berücksichtigung der wasserwirtschaftlichen Belange regt deshalb der Magistrat die Prüfung an, ob nicht - neben der o. a. Frage der Berücksichtigung des Ohm-Rückhaltebeckens - durch weitere geeignete Maßnahmen zur Schaffung von wasserwirtschaftlich wirksameren Retentionsflächen, beispielsweise durch die Renaturierung und damit ökologische Aufwertung von Uferbereichen im südlichen Lahnbereich, eine Gebietsentwicklung südlich der Südspange zumindest zukünftig im Rahmen von Abweichungsverfahren offen zu lassen. Beim angeregten Prüfvorgang weist der Magistrat ausdrücklich auf die Nähe zum ÖV-Knoten Südbahnhof, die Anschlussmöglichkeit zur B 3 und die Einbindung in das bestehende Radverkehrsnetz hin. Damit würde das Ziel einer engen räumlichen Verzahnung von Arbeit, Wohnen und Freizeit in der Stadt der kurzen Wege weiterverfolgt werden können. Die Universitätsstadt Marburg sieht für den Fall eines solchen erfolgreichen Abweichungsverfahrens keine Notwendigkeit mehr, Potentialflächen zur Gewerbeentwicklung in Moischt zu nutzen.

 

Marburg-Cappel (G 309):

Mit dieser ca. 6,7 ha großen angebotenen Entwicklungsoption wird ein Gebiet zur Entwicklung angeboten, dass im Planungszeitraum des Regionalplans und darüber hinaus nicht realisiert werden wird. Bereits im Zuge des Gewerbeentwicklungskonzepts (Vorlage VO/5648/2017) wurde das Gebiet in der „Anlage II: Flächenpotentiale im Bestand“ als „eher wenig für sinnvolle Gewerbenutzung geeignet“ (S. 78) beschrieben.

Von Seiten der Oberen Landesplanungsbehörde wird im Regionalplan-Entwurf somit lediglich ein Angebot suggeriert, dass einerseits in den Flächenbilanzen seinen Niederschlag findet, gleichwohl aufgrund des Missverhältnisses von Erschließungsaufwand und Ertrag (nur eingeschränkt nutzbare Flächen aufgrund von Bauverboten gemäß Fernstraßengesetz, Allgemeinen Eisenbahngesetz sowie Verkehrsimmissionen im Verbund mit ungünstigem Zuschnitt) als Gewerbegebiet tatsächlich nicht zur Verfügung steht bzw. stehen wird. Die Universitätsstadt Marburg wird vor diesem Hintergrund diese Fläche nicht entwickeln. Die Umwidmung der Fläche in ein Vorbehaltsgebiet/Vorranggebiet Landwirtschaft entspricht dagegen den städtebaulichen Zielen für dieses Gebiet. Hiermit würde auch ein Signal in Richtung einer flächensparenden Entwicklung gesetzt.


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abb. 3: „Vorranggebiet Industrie und Gewerbe Planung“ Cappel

 

Michelbach/Görzhäuser Hof III (G 311)

Die vorgeschlagene Darstellung deckt sich im Hinblick auf Form und Größe im Wesentlichen mit den Darstellungen des Regionalplans 2010. Die angedeutete Grünzäsur zwischen dem Bestand und dem geplanten Vorranggebiet gibt die festgesetzte Kompensationsfläche mit der entsprechenden ökologischen Wertigkeit wieder.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abb. 4: „Vorranggebiet Industrie und Gewerbe Planung“

 

 

 

Eine weitere Ausweitung des Arbeitsplatzangebotes an diesem Standort ohne begleitende Maßnahmen zur Verkehrsbeeinflussung wird absehbar die ohnehin schon unbefriedigenden Verkehrsverhältnisse entlang betroffener Verkehrswege verschärfen.

Im Rahmen dieser Stellungnahme steht deshalb an vorderster Stelle die Aufforderung an das RP-Gießen, Lösungsvorschläge zur verbesserten und konfliktärmeren Anbindung der beiden Pharmastandorte an das überregionale Verkehrsnetz - als flankierende Maßnahme zu den Maßnahmen der Universitätsstadt Marburg zur Vermeidung unnötiger Verkehre und in Abstimmung mit den zuständigen Straßenbaulastträgern - zu unterbreiten. Dabei legt die Universitätsstadt Marburg besonderen Wert darauf, dass Verkehre nicht zu Lasten sensibler Nutzungen in der Nachbargemeinde Lahntal verlagert werden. Sie regt an, dabei auch die Möglichkeiten eines Bahnanschlusses zu bedenken.

Mit der Ansiedlung weiterer Gewerbebetriebe – voraussichtlich aus der Pharmabranche – wird vermutlich auch der Trinkwasserverbrauch steigen. Im Zusammenhang mit der überörtlichen Bedeutung des Standortes für die gesamte Region Mittelhessen wird angeregt, Maßnahmen und Angebote zur Ausweitung des Trinkwasserangebotes am Standort zu treffen bzw. im Planwerk entsprechend zu verankern.

 

Beigefügt der städtischen Stellungnahme sind die Anregungen der Unteren Naturschutzbehörde, des Naturschutzbeirates, die Anregungen der Ortsbeiräte sowie einzelner Bürger*innen.

 

 

 

Dr. Thomas Spies

Oberbürgermeister

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Finanz. Auswirkung

Keine

 

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