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Ratsinformation

ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage - VO/1182/2023

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

  1. Innerhalb des gesamten Stadtgebietes der Universitätsstadt Marburg sind im Rahmen neu aufzustellender Bebauungspläne bei allen Bauvorhaben ≥ 10 Wohneinheiten (WE) mind. 30 % der Wohneinheiten (mit einem entsprechenden Mindestäquivalent an der geschaffenen Gesamtwohnfläche) für die soziale Wohnraumförderung zu sichern und mit berechtigten Personen/ Haushalten zu belegen. Diese gegenüber der Fassung vom September 2016 novellierte Quotenregelung tritt ab dem auf den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung folgenden Tag in Kraft.
  2. Für die im beigelegten Plan gekennzeichneten Gebiete wird - in Anlehnung an § 9 Abs. 2d Baugesetzbuch (BauGB) - die Aufstellung eines „einfachen“ Bebauungsplans zur Wohnraumversorgung beschlossen. Der Bebauungsplan wird im vereinfachten Verfahren nach § 13 BauGB ohne Durchführung einer Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB aufgestellt. Innerhalb des Geltungsbereichs, welcher sog. „unbeplante Innenbereiche“ (im Sinne des § 34 BauGB) des Kernstadtgebietes (Marburg, Ockershausen, Cappel, Marbach, Wehrda) umfasst, soll auf Flächen, auf denen Bauvorhaben mit ≥ 10 Wohneinheiten (WE) realisiert werden, der Vorhabenträger verpflichtet werden, die „zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise“ [§ 9 Abs. 2d, Nr. 3 BauGB] für mind. 30 % der Wohneinheiten (in Verbindung mit mindestens 30 % der geschaffenen Gesamtwohnfläche) zu sichern.

 

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Sachverhalt

Diese beiden Beschlüsse sind Teil einer umfassenden Strategie zur Etablierung einer sozial gerechteren Bodennutzung in Marburg, die auf den Formulierungen des Koalitionsvertrages 2021-2026 (Nr. 6.5) und auf dem Stadtverordnetenbeschluss vom 25.06.2021 (VO/0117/2021) basiert.

Künftig, so ist es die politische Absicht, wird die Universitätsstadt Marburg u. a. eine aktivere Rolle beim Grundstückserwerb und bei der Ausübung des Vorkaufsrechts - entsprechender Grundsatzbeschluss ist in Vorbereitung - einnehmen. Die Erhöhung und gleichzeitige räumliche Ausweitung der sozialen Wohnraumquote auf unbeplante Innenbereiche dient darüber hinaus dazu, der übergeordneten städtebaulichen Zielsetzung einer „dem Wohl der Allgemeinheit dienende(n) sozialgerechte(n) Bodennutzung (…)“ im Sinne des § 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB gerecht zu werden. Eine weitere Zielsetzung liegt in der Diversifizierung des Wohnungsangebots innerhalb der Kernstadt - eine Maßnahme um Abwanderungstendenzen ins Umland entgegen zu wirken.

Die Analyse des weitestgehend liberalisierten Bodenmarktes - sowohl in Marburg als auch in anderen bundesdeutschen Städten - verdeutlicht, dass, nach Auslaufen der Sozialbindung von Wohnungen im Verbund mit der insgesamt starken Nachfrage nach Wohneigentum als Kapitalanlage, die Realisierung neuer, geförderter Wohnangebote aus vermeintlich attraktiven Lagen verdrängt wird und sich stattdessen der geförderte Wohnungsbau mehr und mehr auf einzelne, meist peripher gelegene Teilgebiete der Stadt konzentriert – ein Prozess, der als Segregation beschrieben wird und städtebaulichen Grundprinzipien entgegenwirkt. Dieser Prozess widerspricht den Zielsetzungen des Baugesetzbuches zur „Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bevölkerungsstrukturen [§ 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB].

 

Im Rahmen der Marburger Milieustudie (Kenntnisnahme in der SV-Sitzung am 24.06.2022) wurde unterstrichen, dass die räumliche Verteilung des Sozialwohnungsbestandes auch in Marburg künftig dezentraler gestaltet werden sollte [S. 132]. Neben dieser explizit formulierten Zielsetzung orientiert sich der Magistrat der Universitätsstadt Marburg im Hinblick auf eine „sozialgerechte Bodennutzung“ zudem am generellen stadtentwicklungspolitischen Ziel der Schaffung von sozialen und (städte-) baulichen Mischstrukturen - nicht zuletzt, um Wege zu minimieren.

Untermauert wird die allgemein angespannte Lage des Marburger Wohnungsmarktes durch die vom Land Hessen am 28. April 2022 erlassene „Verordnung über den Genehmigungsvorbehalt für die Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum und zur Bestimmung der Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten nach dem Baugesetzbuch (Umwandlungsgenehmigungs- und Gebietsbe-stimmungsverordnung*). In dieser Verordnung ist Marburg explizit als Gemeinde mit angespanntem Wohnungsmarkt aufgelistet.

 

Die in Marburg bereits im Jahr 2016 eingeführte Sozialquote musste aufgrund der damals geltenden Gesetzeslage ausschließlich auf neue Bauleitplanungen beschränkt werden, mit der Folge, dass die Anzahl von dieser Regelung betroffenen Vorhaben überschaubar blieb. Mit Erlass des Baulandmobilisierungsgesetzes von 14.06.2021 hat der Bundesgesetzgeber reagiert und den Gemeinden, vor dem Hintergrund der wachsenden Notwendigkeit zum Bau von preiswerten Wohnraum, generell die Möglichkeit eingeräumt, die soziale Wohnraumquote räumlich in bestimmte „unbeplante Innenbereiche“ (gemäß § 34 BauGB) auszuweiten. Damit sind künftig potentiell mehr Vorhaben von dieser Novellierung betroffen, darüber hinaus korrespondiert der Einsatz dieses Instrumentes auch mit dem Ziel der Schaffung gemischter baulicher und sozialer Strukturen innerhalb des gesamten Stadtgebietes. Fragen zur generellen Zulässigkeit bzw. zur Art und zum Maß der jeweils zulässigen Nutzung beantragter Vorhaben in den Geltungsbereichen bleiben von dem Regelungsinhalt dieses einfachen Bebauungsplans unberührt und werden weiterhin im üblichen Bauantragsverfahren geregelt. Im Rahmen dieses einfachen Bebauungsplans werden also keine Antworten auf das „ob“ und „wie“ eines beantragten Vorhabens gegeben, sondern ausschließlich geregelt, dass bei Vorhaben ≥ 10 WE - so sie denn zulässig sind - in den Geltungsbereichen die soziale Wohnraumquote zur Anwendung kommt. Die räumliche Ausweitung der Sozialquote auf Bauvorhaben in bereits beschlossenen Bebauungsplänen ist dagegen auch weiterhin nicht möglich.

 

Mögliche Einwendungen, dass in Folge der sozialen Wohnraumquote im Innenbereich weniger gebaut werden könnte, kann auf zwei Ebenen begegnet werden: eine „Verkleinerung“ von Vorhaben auf max. 9 Wohneinheiten – bei Beibehalten des Bauvolumens – fördert größere Wohneinheiten, die in der Kernstadt besonders nachgefragt sind, und für den – unwahrscheinlichen – Fall, dass nicht die maximal mögliche Grundstücksausnutzung gewählt würde (um unter 10 WE zu bleiben), würde dieses Verhalten der Bodenwertentwicklung zumindest tendenziell entgegen wirken.

 

In den Anlagen sind vier Geltungsbereiche definiert. Wie bereits in der Vorlage VO/0483/2022 „Sachstandsbericht Quotenregelung für den geförderten Wohnungsbau“ vom März 2022 dargelegt, sollte vor dem Hintergrund der Angemessenheit des Einsatzes rechtlicher Mittel geprüft werden, wo in Marburg die Gebiete (unbeplante Innenbereiche) liegen, in denen der größte Handlungsdruck herrscht und wo noch die meisten Baulücken für größere Wohnbauvorhaben liegen. Die in der Anlage begrenzten Geltungsbereiche sind Ergebnis eines Prüfprozesses, der im ersten Schritt sich an den im Flächennutzungsplan als Wohnbauflächen dargestellten unbeplanten Innenbereiche orientiert und im zweiten Schritt diese Gebiete auf Baulücken und Nachverdichtungspotential analysiert.

 

Dr. Michael Kopatz

Stadtrat

 

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Finanz. Auswirkung

Keine

 

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Anlagen

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