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Ratsinformation
Beschlussvorlage Stadtverordnetenvers. - VO/0012/2004
Grunddaten
- Betreff:
-
Abschluss einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung mit der Gemeinde Cölbe über die Übertragung von Aufgaben der Abfalleinsammlung
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage Stadtverordnetenvers.
- Federführend:
- 10.1 - Allgemeiner Service
- Bearbeiter*in:
- Dieter Finger
- Verfasser*in:
- Dieter Finger
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Magistrat
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Vorberatung
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Erledigt
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Haupt- und Finanzausschuss
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Vorberatung
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27.01.2004
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Erledigt
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Stadtverordnetenversammlung
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Entscheidung
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30.01.2004
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Beschlussvorschlag
Die
Stadtverordnetenversammlung wird gebeten, zu beschließen:
1. Der Beschluss der
Stadtverordnetenversammlung vom 17. Oktober 2003 zum Abschluss einer
öffentlich-rechtlichen Vereinbarung mit der Gemeinde Cölbe über die
Durchführung von Aufgaben der Abfalleinsammlung (VO/1730/2003) wird aufgehoben.
2. Der beigefügte Entwurf einer
öffentlich-rechtlichen Vereinbarung mit der Gemeinde Cölbe über die Übertragung
von Aufgaben der Abfalleinsammlung wird beschlossen.
Sachverhalt
Begründung:
Wie in
der zu Beschlusstenor 1. genannten Vorlage bereits ausführlich erläutert, hatte
die Gemeinde Cölbe Interesse an einer Übertragung bestimmter
kommunalspezifischer Aufgaben auf die Stadt Marburg im Rahmen der
interkommunalen Zusammenarbeit bekundet. Nach beiderseitiger Prüfung der
Möglichkeiten wurde als erste Aufgabe die Zusammenarbeit auf
öffentlich-rechtlicher Basis im Bereich der Abfalleinsammlung vereinbart.
Hierzu hatten sowohl die Gemeindevertretung Cölbe als auch die
Stadtverordnetenversammlung Marburg den Abschluss einer öffentlich-rechtlichen
Vereinbarung über die Durchführung von Aufgaben der Abfalleinsammlung
beschlossen (s.o.). Die gesetzliche Grundlage hierfür bildet das Gesetz über
kommunale Gemeinschaftsarbeit (KGG), das ausdrücklich die gemeinsame
Wahrnehmung von Aufgaben mehrerer Kommunen als auch die Übertragung von
Aufgaben einer Kommune auf eine andere sowohl dem Grunde nach als auch nur
deren schlichte Durchführung im Rahmen sog. Öffentlich-rechtlicher
Vereinbarungen ermöglicht.
Bemerkenswerterweise
hat die Kommunalaufsicht beim Landrat des Landkreises Marburg-Biedenkopf diese
Thematik aufgegriffen und problematisiert diese Form der interkommunalen
Zusammenarbeit insb. unter abfall-, vergabe, wettbewerbs-, kartell- und
kommunalverfassungsrechtlichen Aspekten. Sie kommt in ihrer schriftlich formulierten
Bewertung zu dem Ergebnis, dass die zwischen der Stadt Marburg und der Gemeinde
Cölbe angestrebte Form der interkommunalen Zusammenarbeit rechtswidrig und
damit nicht genehmigungsfähig sei. Dieser Standpunkt wurde im Rahmen einer
Bürgermeisterdienstversammlung Ende Oktober letzten Jahres seitens der
Kommunalaufsicht nachdrücklich vertreten und die kreisangehörigen Gemeinden
wurden davor gewarnt, eine solche Lösung anzustreben.
Vor
diesem Hintergrund haben der Gemeindevorstand der Gemeinde Cölbe und der
Magistrat der Stadt Marburg zunächst davon abgesehen, die Vereinbarung zu
unterzeichnen. Zur Klärung der aufgeworfenen rechtlichen Fragen wurde ein im
Wettbewerbs- und Vergaberecht besonders versierter Anwalt eingeschaltet und mit
einer rechtlichen Prüfung beauftragt. Dieser kommt in seinem Gutachten zu dem
Ergebnis, dass die hier angestrebte interkommunale Zusammenarbeit auf der
Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung weder vergaberechtlich noch
wettbewerbsrechtlich zu beanstanden sei. Auch ein Verstoß gegen Kommunal- bzw.
Gemeindewirtschaftsrecht liege nicht vor, da es sich bei der den Gemeinden
durch Abfallrecht übertragenen Aufgabe der Abfalleinsammlung und entsorgung
entspr. § 121 Abs. 2 HGO ausdrücklich nicht um eine wirtschaftliche Betätigung
handele.
Um
dennoch die Rechtssicherheit der Vereinbarung zu erhöhen, wird seitens des
Anwalts vorgeschlagen, anstelle einer Regelung der Durchführung von
Aufgaben der Abfalleinsammlung die Übertragung von Aufgaben der
Abfalleinsammlung zu vereinbaren. Eine solche Aufgabenübertragung dem Grunde
nach ist entspr. der Bestimmungen des KGG zulässig und dokumentiert, dass es
sich über die bloße Durchführung der Dienstleistung hinaus um eine
grundsätzliche Zuständigkeitsübertragung handelt. Die Satzungs- und
Gebührenhoheit der Gemeinde Cölbe bleibt gleichwohl unberührt.
Nicht
zuletzt aufgrund entsprechender Stellungnahmen des Hess. Städte- und
Gemeindebundes als auch des Verbandes kommunaler Unternehmen e.V. (VKU) sehen
sich der Magistrat der Stadt Marburg und der Gemeindevorstand der Gemeinde
Cölbe in ihrer Absicht bestärkt, an dem gemeinsamen Vorhaben festzuhalten.
Hierzu wird es allerdings für erforderlich gehalten, die ursprüngliche
Beschlussfassung der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung aufzuheben und eine
geänderte Fassung der Vereinbarung zu beschließen, die eine höhere
Rechtssicherheit verspricht.
Die als
Anlage beigefügte neue Vereinbarung beinhaltet daher die bereits genannte
Modifizierung der bloßen Aufgabendurchführung hin zu einer
Zuständigkeitsübertragung der Abfalleinsammlung. Weiterhin wird in Abänderung
von der ursprünglichen Vereinbarung die Laufzeit nunmehr auf ein Jahr begrenzt,
um angesichts einer nicht auszuschließenden rechtlichen Auseinandersetzung den
Streitwert zu begrenzen. Auch bei der Kostenerstattungsregelung wurde das
abgabenrechtliche Erfordernis, dass nur die notwendigen Kosten
gebührenrechtlich ansatzfähig sind, dahingehend berücksichtigt, als eine reine
Selbstkostenerstattung erfolgen soll, die durch entsprechende buchhalterische
Maßnahmen zu ermitteln und zu belegen sind. Dies war aber auch bisher schon so
vorgesehen, ohne dies allerdings in der Vereinbarung explizit geregelt zu
haben.
Der
Magistrat der Stadt Marburg und der Gemeindevorstand der Gemeinde Cölbe sind
der Auffassung, dass die öffentlich-rechtliche Vereinbarung in der nunmehr zur
Beschlussfassung vorgelegten Form die rechtlichen Erfordernisse umfassend
erfüllt. Inwieweit gleichwohl gegen diese Vereinbarung seitens privater
Dienstleister bspw. vor der Vergabekammer oder seitens der Kommunalaufsicht
vorgegangen wird, lässt sich nicht einschätzen. Magistrat und Gemeindevorstand
gehen jedoch davon aus, dass aufgrund der eindeutigen rechtlichen Ergebnisse
des anwaltlichen Gutachtens als auch der Einschätzungen der kommunalen Fach-
und Spitzenverbände die Vereinbarung in der nunmehr vorgelegten Form Bestand
haben wird.
Sollte
dies wider Erwarten nicht der Fall sein, stellt sich die grundsätzliche Frage
der Zukunft der interkommunalen Zusammenarbeit. Denn wenn eine interkommunale
Zusammenarbeit auf einem Gebiet, zu deren Erbringung die Kommunen aufgrund
gesetzlicher Aufgabenübertragung verpflichtet sind, nicht (mehr) möglich sein
soll, hätte dies eine noch nicht absehbare Präzedenzwirkung auch für andere
kommunale Dienstleistungen wie der Wasserver- oder Abwasserentsorgung, aber
auch aller anderen Dienstleistungen, zu deren Erbringung sich Kommunen auf
öffentlich-rechtlicher Basis wie bspw. im Rahmen von Zweckverbänden zusammen
geschlossen haben. Sollte den Kommunen dieses Instrument auf welcher Ebene
auch immer aus der Hand geschlagen werden, hätte dies unabsehbare Folgen für
die verfassungsrechtlich normierte und garantierte kommunale Selbstverwaltung.
Dem Abschluss der hiermit vorgelegten öffentlich-rechtlichen Vereinbarung kommt
daher eine über den konkreten Inhalt hinaus gehende hohe politische
Bedeutung zu.
Dietrich
Möller
Oberbürgermeister
Anlage
Anlagen
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