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Ratsinformation

ALLRIS - Vorlage

Bericht - VO/0146/2005

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung wird gebeten, den nachfolgenden Bericht zu den Änderungen des Gemeindewirtschaftsrechts zur Kenntnis zu nehmen.

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Sachverhalt

Bericht

 

 

Der Hessische Landtag hat auf Betreiben der Hessischen Landesregierung vor kurzem das „Gesetz zur Änderung der Hessischen Gemeindeordnung und anderer Gesetze“ beschlossen, das in seinen wesentlichen Teilen am 10. Februar 2005 in Kraft getreten ist. Kern dieser Gesetzesnovelle ist neben der Reform des Gemeindehaushaltsrechts die Novellierung bzw. letztlich Verschärfung des Gemeindewirtschaftsrechts. Die hierfür maßgeblichen Bestimmungen der §§ 121 ff. HGO wurden gegenüber den bisherigen Formulierungen deutlich verändert. Nachfolgend sollen die geänderten Bestimmungen genannt und eine erste Einschätzung über die konkreten Auswirkungen für die Stadt Marburg resp. ihre Unternehmen gegeben werden.

 

1.         Zu § 121 – Wirtschaftliche Betätigung

 

Schon aus der Überschrift geht hervor, dass die Bestimmungen zum Gemeindewirtschaftsrecht nicht erst greifen, wenn es sich um eine Betätigung in verselbstständigten Unternehmen (wie bisher) handelt, sondern dass sie sich nunmehr auf jede kommunalwirtschaftliche Betätigung beziehen, unabhängig davon, in welcher Rechtsform diese erbracht wird.

 

 

1.1       Zu Abs. 1

 

Künftig ist eine wirtschaftliche Betätigung nur zulässig, wenn

1.      der öffentliche Zweck die Betätigung rechtfertigt,

2.      die Betätigung nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde und zum voraussichtlichen Bedarf steht und

3.      der Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Dritten erfüllt wird oder erfüllt werden kann.

Dadurch wird eine strikte Subsidiaritätsklausel eingeführt, wonach eine wirtschaftliche Betätigung nur noch nachrangig von den Kommunen ausgeübt werden darf. Davon ausgenommen sind nur solche Tätigkeiten, die bereits vor dem 1. April 2004 ausgeübt wurden und daher insoweit Bestandsschutz genießen.

 

In der Gesetzesbegründung wird dieser Regelung ausdrücklich eine drittschützende Wirkung zuerkannt. Das bedeutet, dass Private Dritte, die sich durch eine für rechtswidrig gehaltene wirtschaftliche Betätigung der Stadt beeinträchtigt fühlen, die Verletzung eigener Rechte gegenüber der Stadt gerichtlich geltend machen können. Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine solche ausdrückliche Zuerkennung der drittschützenden Wirkung in der Gesetzesbegründung ausreichend, aber auch erforderlich, um zivilrechtlich einen Schadenersatz oder die Unterlassung erfolgreich einklagen zu können. Damit ist also generell für alle vermeintlichen oder tatsächlichen Konkurrenten oder Interessenten die Möglichkeit eröffnet, alle erdenklichen Betätigungen der Stadt als wirtschaftliche Betätigung zu deklarieren und einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Gemeindewirtschaftsrechts zu reklamieren. Die derzeit nicht absehbaren Auswirkungen dieser Bestimmungen werden daher abzuwarten sein.

 

 

1.2       Zu Abs. 2

 

In Abs. 2 werden einschränkend zu Abs. 1 die wirtschaftlichen Betätigungen (früher: wirtschaftliche Unternehmen) aufgeführt, die nicht unter die Bestimmungen des Gemeindewirtschaftsrechts fallen. Hierzu zählen alle Tätigkeiten,

1.      zu denen die Gemeinde gesetzlich verpflichtet ist,

2.      auf den Gebieten des Bildungs-, Gesundheits- und Sozialwesens, der Kultur, des Sports, der Erholung, der Abfall- und Abwasserbeseitigung sowie

3.      zur Deckung des Eigenbedarfs.

Entgegen der ursprünglichen Absicht der Landesregierung, diese auch früher privilegierten Tätigkeiten nicht mehr von den Bestimmungen des Gemeindewirtschaftsrechts auszunehmen, wurden sie im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wieder aufgenommen, so dass nunmehr der gleiche Ausnahmekatalog wie vor der HGO-Novellierung gilt.

 

 

1.3       Zu Abs. 4

 

Hier werden mit einer wirtschaftlichen Betätigung verbundene Tätigkeiten für zulässig erklärt, sofern diese üblicherweise im Wettbewerb zusammen mit der Haupttätigkeit erbracht werden. Gleichwohl sollen mit der Ausführung dieser Tätigkeiten private Dritte beauftragt werden, soweit dies nicht unwirtschaftlich ist. Mit dieser Bestimmung soll lt. Gesetzesbegründung für die kommunalen Unternehmen in den liberalisierten Bereichen der Daseinsvorsorge Chancengleichheit im Wettbewerb hergestellt werden, da in diesen Wirtschaftsbereichen sich Hauptleistungen nur noch dann vermarkten lassen, wenn sie entsprechend der Kundenerwartung zusammen mit anderen Leistungen als Paket angeboten werden.

 

Inwieweit aus der Soll-Vorschrift, mit diesen verbundenen Tätigkeiten private Dritte zu beauftragen, ebenfalls eine drittschützende Wirkung mit einer zivilrechtlichen Klagebefugnis erwächst, kann derzeit nicht beurteilt werden.

 

 

1.4       Zu Abs. 5

 

Neu und durchaus positiv zu bewerten ist die Bestimmung, wonach die Betätigung außerhalb des Gemeindegebietes zulässig ist, wenn

1.      bei wirtschaftlicher Betätigung die Voraussetzungen des Abs. 1 vorliegen (s.o.) und

2.      die berechtigten Interessen der betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften gewahrt sind. Bei gesetzlich liberalisierten Tätigkeiten gelten nur die Interessen als berechtigt, die nach den maßgeblichen Vorschriften eine Einschränkung des Wettbewerbs zulassen.

Damit wird das bisher grundsätzlich bestehende Örtlichkeitsprinzip zumindest für die Tätigkeitsbereiche gelockert, die aufgrund der gesetzlichen Liberalisierung der Versorgungsmärkte dem freien Wettbewerb unterliegen, was sicherlich zu mehr Chancengleichheit für die kommunalen Unternehmen führt. Aber auch in den nicht liberalisierten Märkten ist eine wirtschaftliche Betätigung - zumindest im Hinblick auf das Örtlichkeitsprinzip – außerhalb des eigenen Gemeindegebietes zulässig, sofern eine entspr. Übereinkunft mit der betreffenden Kommune erfolgt.

 

 

1.5       Zu Abs. 6

 

Vor einer Entscheidung über die Errichtung, Übernahme oder wesentliche Erweiterung von wirtschaftlichen Unternehmen sowie über eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung ist die Stadtverordnetenversammlung auf der Grundlage einer Markterkundung umfassend über die Chancen und Risiken der beabsichtigten unternehmerischen Betätigung sowie über deren zu erwartende Auswirkungen auf das Handwerk und die mittelständische Wirtschaft zu unterrichten. Vor der Befassung in der Stadtverordnetenversammlung ist zudem der örtlichen Handwerkskammer, der Industrie- und Handelskammer sowie ggf. weiteren Verbänden Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, soweit deren Geschäftsbereich betroffen ist. Die Stellungnahmen sind der Stadtverordnetenversammlung zur Kenntnis zu geben.

 

Diese Bestimmung ist im Kontext zu § 51 Ziffer 11 HGO zu sehen, wonach u.a. die Errichtung, Erweiterung und Übernahme von wirtschaftlichen Unternehmen sowie die Beteiligung an diesen der ausschließlichen Beschlussfassung der Stadtverordnetenversammlung unterliegt. Im Rahmen dieser Entscheidung ist nunmehr die geforderte Markterkundung sowie die Beteiligung der Kammern und Verbände vorgeschaltet, ohne die eine entsprechende Beschlussfassung nicht erfolgen darf. Derzeit noch unklar und nicht einschätzbar ist, wie eine solche Markterkundung zu erfolgen hat. Auf jeden Fall dürften mit diesen Anforderungen zusätzliche Kosten verbunden sein und eine zeitliche Verzögerung der beabsichtigten Maßnahmen bedeuten. Letztlich entscheidet aber die Stadtverordnetenversammlung in eigener Verantwortung. Sofern also die formalen Anforderungen eingehalten werden, dürfte keine materielle Klagebefugnis oder aufsichtsbehördliche Maßnahme aufgrund dieser Bestimmung zu erwarten sein.

 

 

1.6       Zu Abs. 7

 

Ebenfalls neu aufgenommen wurde die Bestimmung, wonach die Gemeinden mindestens einmal in jeder Wahlzeit zu prüfen haben, inwieweit ihre wirtschaftliche Betätigung noch die Voraussetzungen des Abs. 1 (s.o.) erfüllen und inwieweit die Tätigkeiten privaten Dritten übertragen werden können. Nach der Gesetzesbegründung soll zumindest diese Regelung keine drittschützende Wirkung entfalten.

 

In welcher Form diese Überprüfung zu erfolgen hat und ob diese Bestimmung noch für diese Legislaturperiode Anwendung findet, ist derzeit noch unklar.

 

 

1.7       Zu Abs. 8

 

Wie schon im bisherigen § 127 a HGO formuliert, sind die wirtschaftlichen Unternehmen so zu führen, dass sie einen Überschuss für den Haushalt der Gemeinde abwerfen, soweit dies mit der Erfüllung des öffentlichen Zwecks in Einklang zu bringen ist. Ergänzend wird nunmehr aber geregelt, dass die Erträge jedes Unternehmens mindestens so hoch sein sollen, dass

1.      alle Aufwendungen und kalkulatorischen Kosten gedeckt werden,

2.      die Zuführungen zum Eigenkapital (Rücklagen) ermöglicht werden, die zur Erhaltung des Vermögens des Unternehmens sowie zu seiner technischen und wirtschaftlichen Fortentwicklung notwendig sind und

3.      eine marktübliche Verzinsung des Eigenkapitals erzielt wird.

Weiterhin sind Lieferungen und Leistungen von anderen Unternehmen und Verwaltungszweigen der Gemeinde an das Unternehmen sowie Lieferungen und Leistungen des Unternehmens an andere Unternehmen und Verwaltungszweige der Gemeinde kostendeckend zu vergüten.

 

Nach der Gesetzesbegründung sollen diese Vorschriften dazu dienen, private Mitbewerber vor einem öffentlich subventionierten Wettbewerb kommunaler Unternehmen zu schützen.

 

Künftig wird also eine Aussage des Unternehmens – bspw. im Rahmen des Jahresabschlusses - erforderlich sein, inwieweit die genannten Kriterien erfüllt sind bzw. welche Gründe vorgelegen haben, warum sie nicht erfüllt werden konnten. Hinsichtlich der kostendeckenden Verrechnung interner Leistungen dürfte allerdings keine besondere Problematik vorliegen, da schon verwaltungsintern über sog. Verwaltungskostenerstattungen bestehende Leistungsbeziehungen kostenmäßig abgebildet werden. Dies dürfte erst recht für Leistungen zwischen den städtischen Unternehmen bzw. mit der Stadt selbst der Fall sein.

 

 

2.         Zu § 122 – Beteiligung an Gesellschaften

 

In den bestehenden § 122 wird ein neuer Abs. 3 eingefügt, wonach die Gemeinde eine Aktiengesellschaft nur errichten, übernehmen, wesentlich erweitern oder sich daran beteiligen darf, wenn der öffentliche Zweck des Unternehmens nicht ebenso gut in einer anderen Rechtsform erfüllt werden kann. Mit dieser einschränkenden Regelung bezüglich der Wahl der Rechtsform eines Unternehmens soll nach der Gesetzesbegründung der gesetzlich besonders gesicherten Unabhängigkeit des Vorstands und des Aufsichtsrats von Aktiengesellschaften Rechnung getragen werden und damit die Wahl einer AG als Organisationsform eines öffentlichen Unternehmens nur in Ausnahmefällen zulässig sein.

 

 

3.         Zu § 123 – Unterrichtungs- und Prüfungsrechte

 

§ 123 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, wonach die Gemeinde darauf hinzuwirken hat, dass ihr die in § 54 des Haushaltsgrundsätzegesetzes (HGrG) vorgesehenen Befugnisse eingeräumt werden, wird nunmehr dahingehend ergänzt bzw. erweitert, dass dieses Recht gleichermaßen dem für sie zuständigen überörtlichen Prüfungsorgan einzuräumen ist. Nach der Gesetzesbegründung erhält damit die überörtliche Prüfung beim Landesrechnungshof das Recht auf örtliche Unterrichtung und Einsichtnahme bei den kommunalen Unternehmen in gleicher Weise, wie es der Gemeinde selbst zusteht. Hierdurch solle im Ergebnis der Informationsstand der kommunalen Entscheidungsträger verbessert und die Wirtschaftlichkeit der kommunalen Unternehmen gestärkt werden.

 

Diese neue Bestimmung korrespondiert mit der gleichzeitig vorgenommenen Änderung des Gesetzes zur Regelung der überörtlichen Prüfung kommunaler Körperschaften in Hessen (Artikel 5 des Novellierungsgesetzes). Danach muss der Landesrechnungshof im Rahmen der überörtlichen Prüfung künftig nicht mehr ausschließlich Wirtschaftsprüfungsgesellschaften mit der Prüfung beauftragen, sondern er kann dies künftig auch mit eigenem Personal tun. In der Konsequenz besteht damit für den Landesrechnungshof ein originäres Prüfungsrecht auch in den kommunalen Unternehmen, und zwar sowohl durch beauftragte Externe als auch durch eigenes Personal.

 

Bei künftigen Änderungen oder Neufassungen von Gesellschaftsverträgen wird dieses erweiterte Prüfungsrecht also mit aufzunehmen sein.

 

 

4.         Zu § 123 a – Beteiligungsbericht und Offenlegung

 

Dieser neu eingefügte Paragraf normiert erstmalig die Verpflichtung der Gemeinden zur Erstellung eines jährlichen Berichtes über ihre Beteiligungen an Unternehmen in einer Rechtsform des Privatrechts, an denen sie mindestens über einen Anteil i.H.v. 20 % verfügen.

Der Beteiligungsbericht soll mindestens Angaben enthalten über

1.      den Gegenstand des Unternehmens, die Beteiligungsverhältnisse, die Besetzung der Organe und die Beteiligungen des Unternehmens,

2.      den Stand der Erfüllung des öffentlichen Zwecks durch das Unternehmen,

3.      die Grundzüge des Geschäftsverlaufs, die Ertragslage des Unternehmens, die Kapitalzuführungen und –entnahmen durch die Gemeinde und die Auswirkungen auf die Haushaltswirtschaft, die Kreditaufnahmen, die von der Gemeinde gewährten Sicherheiten,

4.      das Vorliegen der Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 HGO (s.o.) für das Unternehmen.

 

Weiterhin hat die Gemeinde darauf hinzuwirken, dass die Mitglieder des Geschäftsführungsorgans, eines Aufsichtsrats oder einer ähnlichen Einrichtung jährlich der Gemeinde die ihnen jeweils im Geschäftsjahr gewährten Bezüge mitteilen und ihrer Veröffentlichung zustimmen. Diese Angaben sind in den Beteiligungsbericht aufzunehmen. Soweit die betreffenden Personen ihr Einverständnis mit der Veröffentlichung ihrer Bezüge nicht erklären, sind die Gesamtbezüge so zu veröffentlichen, wie sie von der Gesellschaft nach den Vorschriften des HGB in den Anhang zum Jahresabschluss aufgenommen werden.

 

Der Beteiligungsbericht ist in der Gemeindevertretung in öffentlicher Sitzung zu erörtern. Die Gemeinde hat die Einwohner über das Vorliegen des Beteiligungsberichtes in geeigneter Form zu unterrichten. Die Einwohner sind berechtigt, den Beteiligungsbericht einzusehen.

 

Die Stadt Marburg gibt bereits seit einigen Jahren auf freiwilliger Basis einen Beteiligungsbericht heraus, in dem auch die Wirtschaftspläne und Jahresabschlüsse gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 5 GemHVO veröffentlicht werden. Dabei werden schon jetzt die meisten der geforderten Daten sowohl für die privatrechtlichen Beteiligungen als auch für die öffentlich-rechtlich organisierten Einrichtungen veröffentlicht.

 

Ein bislang nicht veröffentlichtes Datum ist die Offenlegung der Bezüge der Geschäftsführung und des Aufsichtsrates, sofern solche gezahlt werden. Nach der Gesetzesbegründung handelt es sich um eine ausdrückliche Verpflichtung, der die Stadt nachzukommen hat. Demnach soll auf die Änderung oder Ergänzung der jeweiligen Satzung gedrungen werden, wenn die betreffenden Personen von ihrem handelsrechtlich bestehenden Recht auf Verzicht der Veröffentlichung im Rahmen des Jahresabschlusses Gebrauch machen sollten. Ausdrücklich werden die Aufsichtsbehörden aufgefordert, im Rahmen der Vorlage von Gesellschaftsverträgen bei der Anzeige über

·         die Errichtung, die Übernahme oder die wesentliche Erweiterung eines wirtschaftlichen Unternehmens und

·         die Gründung einer Gesellschaft, die erstmalige Beteiligung an einer Gesellschaft sowie die wesentliche Erhöhung einer Beteiligung an einer Gesellschaft

darauf zu achten, dass die unbeschränkte Offenlegung festgeschrieben wird. Diese Bestimmung ist auf alle privatrechtlichen Beteiligungen anzuwenden, an denen die Stadt die Mehrheit innehat oder an denen sie selbst mind. 25 % und mit anderen Gebietskörperschaften zusammen die Mehrheit der Anteile hält (entspr. § 53 HGrG).

 

 

5.         Zu § 125 – Vertretung der Gemeinde in Gesellschaften

 

§ 125 Abs. 1, der die Vertretung der Stadt in Gesellschaften regelt, die ihr gehören oder an denen sie beteiligt ist, wird um einen Satz 5 ergänzt. Demnach haben die städt. Vertreter in den Gesellschaftsgremien - vorbehaltlich entgegenstehender zwingender Rechtsvorschriften – den Magistrat über alle wichtigen Angelegenheiten möglichst frühzeitig zu unterrichten und ihm auf Verlangen Auskunft zu erteilen.

 

Nach der Gesetzesbegründung haben die Vertreter des Magistrats in den Gesellschaften den Magistrat über alle wesentlichen Entwicklungen aus eigener Initiative frühzeitig zu unterrichten. Diese Pflicht bestehe nicht, soweit sich aus Regeln des Gesellschaftsrechts ausnahmsweise eine Verschwiegenheitspflicht ergebe, z.B. zur Wahrung wichtiger Geschäftsgeheimnisse. Gemäß § 394 Aktiengesetz (AktG) unterlägen Aufsichtsratsmitglieder, die auf Veranlassung einer Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat gewählt oder entsandt worden seien, hinsichtlich der Berichte, die sie der Gebietskörperschaft zu erstatten hätten, grundsätzlich keiner Verschwiegenheitspflicht. Die gesellschaftsrechtliche Literatur lege diese Vorschrift jedoch restriktiv aus. So werde verlangt, dass die von § 394 AktG vorausgesetzte Berichtspflicht gesetzlich geregelt sei. Die o.g. Vorschrift in § 125 Abs. 1 S. 5 solle eine derartige Regelung sein. Handele es sich nur um einen fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH, könnten die gesellschaftsrechtlichen Beschränkungen der Informationspflicht und des Auskunftsrechts im Gesellschaftsvertrag gänzlich aufgehoben werden.

 

 

Die vorstehend dargestellte Neuregelung des Gemeindewirtschaftsrechts betrifft auch die privatrechtlichen Beteiligungen der Stadt Marburg in hohem Maße. Insbesondere die ausdrücklich vorgesehene drittschützende Wirkung bedeutet ein derzeit nicht abschätzbares Prozessrisiko hinsichtlich zivil- als auch verwaltungsgerichtlicher Klagen. Daneben werden auch die Anforderungen an die Berichts- und Offenlegungspflichten zu einer über die schon geübte Praxis des bisherigen Beteiligungsberichtes hinaus gehenden Transparenz führen (müssen). Schließlich bedeuten auch die Vorgaben zur Markterkundung vor einer Entscheidung über die Errichtung, Übernahme oder wesentliche Erweiterung von wirtschaftlichen Unternehmen sowie die Verpflichtung zur Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen der jeweiligen wirtschaftlichen Betätigung je Legislaturperiode einschneidende Veränderungen. Diese haben eine – vom Gesetzgeber gewollte - Erschwernis für die Weiterentwicklung der vermehrt privatrechtlich organisierten wirtschaftlichen Betätigung nicht nur für die Stadt Marburg zur Folge.

 

Neben diesen kommunalverfassungsrechtlichen Beschränkungen kommen parallel dazu auch die seitens der EU-Kommission verfolgten Bestrebungen zur Öffnung des Binnenmarktes auch in den Bereichen, die insbesondere in Deutschland klassischerweise von den Kommunen erbracht werden. Aber auch die jüngste Rechtsprechung des EuGH bspw. zur vergaberechtlichen Problematik der Inhouse-Vergabe und zur interkommunalen Zusammenarbeit engen die organisatorischen Möglichkeiten der Städte und Gemeinden zur Bewältigung ihrer Aufgaben immer mehr ein. Diese Entwicklung wird auch für die Stadt Marburg mittel- und langfristig nicht ohne Auswirkungen bleiben.

 

 

 

 

Dietrich Möller

Oberbürgermeister

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