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Ratsinformation

ALLRIS - Vorlage

Kenntnisnahme - VO/0430/2005

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

1.          Gesetzesgrundlagen

 

Seit dem 01. Januar 2005 gelten in der Bundesrepublik neue und verschärfte Richt- und Grenzwerte. Dabei wurde die EU-Richtlinie 1999/30/EG in mehrere Verordnungen zum Bundesimmissionsschutzgesetz umgesetzt (22. BImschV zu Luftschadstoffen, 33. BImschV zu Ozon), um eine europaweite vereinheitlichte Messung und Bewertung von Luftschadstoffen zu erreichen.

Gemäß Richtlinie 1999/30/EG <http://www.umweltbundesamt.de/luft/vorschriften/eu/1999_30_EG_de.pdf>, Anhang III, Anhang V gelten ab 01. Januar 2005 bzw. 01. Januar 2010 z. B. für den Feinstaub in der Fraktion PM10 (= particulate matter (Partikel in der Größe) <10 µm) folgende Werte:

Immissionsgrenzwert Stufe 1

a) 50 µg/m3 PM10 über 24 Stunden, höchstens 35 Überschreitungen im Jahr, einzuhalten ab 1.1.2005  b) b) 40 µg/m3 PM10 über 1 Kalenderjahr, einzuhalten ab 1.1.2005

Immissionsgrenzwert Stufe 2

c) 50 µg/m3 PM10 über 24 Stunden, höchstens 7 Überschreitungen im Jahr, gültig ab 1.1.2010  d) 20 µg/m3 PM10 über 1 Kalenderjahr, gültig ab 1.1.2010

Die EU-Richtlinie empfiehlt bei der Überschreitung dieser Grenzwerte die Aufstellung langfristiger Luftqualitätsziele auch für die weiteren Schadstoffe Stickoxide (NO2, NOX), Schwefeldioxid (SO2), Ozon (O3), Benzol, Kohlenmonoxid (CO) und Blei.

In der Verordnung über Immissionswerte (22. BImSchV) werden für PM10 folgende Grenzwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit, gültig ab 01. Januar 2005 , angegeben:

·      24-h Wert: 50 µg/m3 (zulässige Überschreitungshäufigkeit pro Jahr: 35-mal)

·                Jahresmittel: 40 µg/m3.

Bei Überschreitung eines Immissionsgrenzwertes mit Berücksichtigung der Toleranzmarge ist nach § 47 Abs.1 BImSchG ein Luftreinhalteplan zu erstellen; § 13 Abs 1 Nr. 5 der 22. BImSchV legt dann fest, dass spätestens 22 Monate nach Ablauf des Jahres, in dem die erhöhten Belastungen festgestellt wurden, ein Luftreinhalteplan vorzulegen ist, der die Einhaltung des Grenzwertes nach Ablauf der Übergangsfrist - d. h. ohne Toleranzmarge - sicherstellt.

2. 

Zuständigkeiten

 

Zuständige Behörde für die Aufstellung von Luftreinhalteplänen nach § 47 Abs. 2 BImSchG ist nach § 5 der Hessischen Zuständigkeitsverordnung für den Immissionsschutz das Hessische Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz. Dieses bedient sich der Hessischen Landesanstalt für Umwelt und Geologie (HLUG), Wiesbaden. Diese ist beauftragt, die hessischen Luftmessdaten zu erheben sowie Luftreinhaltepläne zu entwickeln und umzusetzen. Die HLUG betreibt die Luftmessstationen und wertet die entsprechenden Daten aus.

 

Die in einem Luftreinhalteplan festgeschriebenen Maßnahmen - z. B. Verkehrsbeschränkungen - sind mit den örtlich zuständigen Behörden - z. B. den Straßenverkehrsbehörden - abzustimmen.

3.          Marburger Meßdaten und ihre Bewertung

 

Die Messdaten der Luftmessstation der HLUG in der Gutenbergstraße bilden die Grundlage für die Auswertungen der Luftmessdaten in Marburg. Die Schadstoffart PM10 wird seit dem Jahr 2000 an der Luftmessstation gemessen, während die anderen Schadstoffarten, wie Schwefeldioxid SO2, Stickstoffdioxid N02, Stickstoffmonoxid NO und Ozon O3 seit 1988 erhoben werden. Seit 2004 können an der Station zusätzlich Windrichtung, Windgeschwindigkeit, Temperatur und Relative Feuchte abgerufen werden. Die Auswertung der an der Messstation erhobenen Daten erfolgt seit 2001 auf der Grundlage der Regelungen der EU-Verordnung.

Die Auswertungen für PM10, N02 und SO2 in den Jahren 2001 bis 2004 auf der Basis der TA Luft ergibt das in der folgenden Tabelle dargestellte Bild:

Tabelle 1:

Überschreitungen von Grenzwerten nach TA Luft, ab 2.10.2002 gültig, Werte der Jahre 2001-2004

 

Komponente

PM10

NO2

SO2

Einheit

[µg/m³]

[µg/m³]

[µg/m³]

Kenngröße

24-h

Jahresmittel

1-h

Jahresmittel

1-h

24-h

Jahresmittel

Grenzwert

50

40

200

40

350

125

50

Zulässige Überschreitungen/Jahr

35

 

18

 

24

3

 

 

Anzahl

Wert

Anzahl

Wert

Anzahl

Wert

Marburg 2001

16

25

0

30

0

0

3

Marburg 2002

25

25

0

29

0

0

4

Marburg 2003

51

32

0

30

0

0

4

Marburg 2004

7

20

0

29

0

0

4

Marburg 2005, Stand 05.07.05

3

-

-

-

 

 

-

 

Demnach wurde in Marburg der Grenzwert für PM10 im 24-h-Mittel im Jahre 2003 überschritten, davor und bisher im Jahr 2005 wurde der Wert erst 3-mal überschritten. Unter Bezug auf den ab 2010 gültigen Grenz- und Richtwert aus der EU-Luftqualitätsrahmenrichtlinie ist aber festzustellen, dass dieser unter den heutigen Voraussetzungen nicht eingehalten werden kann. Also gilt, wenn die Gefahr besteht, dass Immissionsgrenzwerte der 22. BImSchV überschritten werden können, dass Luftreinhaltepläne bzw. Aktionspläne nach § 47 Abs. 2 BImSchG aufzustellen sind. Die im Aktionsplan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Immissionswerte zu verringern oder den Zeitraum zu verkürzen, währenddessen die Werte überschritten werden. Die unmittelbare Wirkung der Maßnahmen steht hier im Vordergrund.

Das Bild zur Beurteilung ändert sich weiter, wenn für alle Schadstoffe die Betrachtung auf der Grundlage der Tochterrichtlinien zur EU-Rahmenrichtlinie Luftqualität erfolgt. Diese Richtlinien erlaubten bis zum 01.01.2005 noch Toleranzen in den Grenzwerten und haben, was die Bewertung der Luftschadstoffsituation angeht, die Bewertung nach der TA Luft vollständig abgelöst. Nach diesen Vorgaben ergibt sich für Marburg zwar ein verändertes, aber kein unbekanntes Bild, das in der folgenden Tabelle abgebildet ist.

Tabelle 2:  Beurteilung Luftschadstoffe nach der jeweils gültigen Regel gem. BImschG auf der Grundlage der EU-Luftqualitätsrahmenrichtlinie und ihrer Tochterrichtlinien:

 

Komponente

O3

PM10

NO2

NOx

SO2

Einheit

µg/m³

µg/m³.h

µg/m³

µg/m³

µg/m³

µg/m³

Kenngröße

1-h

1-h

8-h

AOT40

24-h

Jm

1-h

Jm

Jm

1-h

24-h

Jm/Wm

GW(+TM)

180

240

120

18000

70

46

290

58

30

470

125

20

Zulässige Überschreitungen/Jahr

 

 

25

 

35

 

18

 

 

24

3

 

Marburg 2001

20

-

22

13082

3

25

-

30

58

-

-

3/4

GW(+TM)

180

240

120

18000

65

45

280

56

30

440

125

20

Zulässige Überschreitungen/Jahr

 

 

25

 

35

 

18

 

 

24

3

 

Marburg 2002

3

-

17

13295

12

25

-

29

54

-

-

4/5

GW(+TM)

180

240

120

18000

60

43

270

54

30

410

125

20

Zulässige Überschreitungen/Jahr

 

 

25

 

35

 

18

 

 

24

3

 

Marburg 2003

51

-

29

15252

19

32

-

30

56

-

-

4/5

GW(+TM)

180

240

120

18000

55

41,6

260

52

30

380

125

20

Zulässige Überschreitungen/Jahr

 

 

25

 

35

 

18

 

 

24

3

 

Marburg 2004

8

-

29

14741

7

20

-

29

51

-

-

4/5

Auf der Basis der für das jeweilige Jahr zulässigen Grenzwerte stellt also Ozon in Marburg auch einen Problembereich dar.

Die Bewertung der Stickstoffmonoxide NO ist derzeit nicht möglich, diese sind ein Problem für die Vegetation und werden daher nach den Werten der TA Luft nur bewertet, wenn die Messung 20 km entfernt von Ballungsräumen oder 5 km von Bebauung, Industrie oder Straßen durchgeführt wurde. Da dies bei den vorhandenen hessischen Luftmessstationen nicht der Fall ist, wird auf eine Bewertung verzichtet.

4.          Zusammenfassung

Nach den Beobachtungen der Luftschadstoffsituation in Marburg durch den Fachdienst Umwelt und Naturschutz ergibt sich die Notwendigkeit, mittel- bis langfristig ein Maßnahmenpaket zu entwickeln, mit dem wirksam die Luftqualität verbessert wird.

Luftreinhaltung muß aber auch im größeren überregionalen Zusammenhang erfolgen.

Daher wurde vom Hessischen Umweltministerium die Stadt Marburg gasthalber zur ersten Sitzung der Arbeitsgruppe zur Erstellung des Luftreinhalteplans Lahn-Dill geladen, da Marburg 2003 die einzige Kommune im Gebiet „Mittelhessen“ mit einer Überschreitung eine Richt- und Grenzwertes gewesen ist. Unklar bleibt, ob und in welcher Form Marburg im Luftreinhalteplan „Lahn-Dill“ aufgeführt wird. Die Zuständigkeit hierfür liegt - wie oben ausgeführt - bei der HLUG.

Die Daten des Luftreinhalteplans Rhein-Main zeigen einen Anteil von etwa 50% bis 90 % des Verkehrs an den Staubemissionen. Darin wird ausgeführt, dass von einem fahrenden Auto nicht nur aus dem Auspuff Feinstaub emittiert wird - so wie die Kfz-Emissionen bisher im Emissionskataster Verkehr dokumentiert sind -, sondern auch durch Abrieb von Reifen und Straßenbelag, durch das Abrollen der Räder, durch Staubaufwirbelung von Straßenstaub durch die fahrenden Autos und durch Verwitterung und Abrieb am Auto selbst (z. B. Kupplung, Bremsen) freigesetzt. Diese durch den rollenden Verkehr freigesetzten Emissionen hängen wesentlich vom Straßenbelag und der Fahrgeschwindigkeit ab. Sie haben dabei etwa die gleiche Größenordnung wie die Dieselpartikel-Emissionen aus dem Auspuff. Die Berücksichtigung der Staubemissionen aus Reibung und Verschleiß kann also den Anteil der Kfz-Emissionen an der Emissionsbilanz etwa verdoppeln und macht damit in den Städten den Kfz-Verkehr zur Emittentengruppe mit dem dominierenden Anteil an der Emissionsbilanz Staub.

 

Daneben gelten die Industrie und die Gebäudeheizung als Lieferant für Staubemissionen.

 

Es wäre also vorstellbar, diese drei Bereiche in einem Luftreinhalteplan mit Aktionsplan zu bearbeiten. Dieser Plan umfasst sowohl langfristig wirksame Maßnahmen als auch kurzfristige Maßnahmen, um die Staubemissionen und damit auch Stickstoffdioxid- und Ozonbelastung zu reduzieren.

 

Als langfristig wirksam werden z. B. folgende Maßnahmen angesehen:

 

Überregionale Initiativen:

Einführung des Rußpartikelfilters für Diesel-Fahrzeuge

verstärkte Verlagerung des LKW-Verkehrs auf die Schiene

Einführung der Maut-Pflicht auch auf Nebenstrecken wie z. B. der B3a

Weitere Verbesserung der Abluftreinigung in Industrie- und Gewerbebetrieben

Verbesserung des überregionalen ÖPNV

..............

Regionale Maßnahmen

Umrüstung kommunaler Fahrzeuge (DBM, Stadtwerke) auf Rußpartikelfilter

Erhöhung des Anteils von Erdgasfahrzeugen im Fuhrpark

Prüfung des Einsatzes von Elektrofahrzeugen als Dienst-Fz

Umstellung von Gebäudeheizungen auf Erdgas/Erdöl mit Emissionüberwachung

Verbesserung des Angebots des ÖPNV regional

Erweitertes Angebot von Park- and Ride-Plätzen

Einbau von Filteranlage/Entstaubungsanlagen in örtlichen Industrieanlagen und Heizwerken

Förderung des Carsharing-Angebots

Förderung des Einsatz regenerativer Energien

Erhöhung der Sensibilität für die Thematik durch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

...........

Kurzfristig nur beschränkt wirksame Maßnahmen

Bei sich anbahnenden Grenzwert-Überschreitungen sind kurzfristige Verkehrsbeschränkungen denkbar um z. B. für bestimmte Zeiten PKW und LKW mit hoher Staubemissionrate auf bestimmten innerstädtischen Straßen zu vermeiden

...........

 

Diese Übersicht hat nicht den Anspruch der Vollständigkeit. Als zusätzliche Wirkung bei den verkehrlichen Maßnahmen ist auch zu berücksichtigen, dass durch verkehrliche Maßnahmen, die zur Reduktion des LKW-Verkehrs z.B. im Bereich der B3a führen, auch die Lärmbelästigung dort verringert werden kann.

5.          Ausblick

 

Die Stadt Marburg erwartet von der Hessischen Landesregierung, dass auch für die Region Marburg ein Luftreinhalteplan erstellt wird.

 

Die Stadt Marburg hat längerfristige Initiativen zur lokalen Feinstaubminimierung (Umstellung von Stadtbussen und Teilen der Fahrzeugflotte auf Gasbetrieb, Förderung von gasheizungen) und überregionalen Feinstaubminimierung (Stromproduktion durch Windkraft und Sonne statt Verbrennung) ergriffen. In beide Richtungen müssen die Maßnahmen intensiviert werden.

 

 

 

Dr. Franz Kahle

Bürgermeister

 

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