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Ratsinformation
Beschlussvorlage Stadtverordnetenvers. - VO/0387/2006
Grunddaten
- Betreff:
-
Bauleitplanung der Stadt Marburg
Bebauungsplan Nr. 11/4, Klinikum Marburg, Partikeltherapie-Anlage
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage Stadtverordnetenvers.
- Federführend:
- 61 - Stadtplanung und Denkmalschutz
- Bearbeiter*in:
- Ellen Fischer
- Verfasser*in:
- Bernd Kintscher
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Magistrat
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Vorberatung
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Erledigt
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Ausschuss für Umwelt, Energie und Verkehr
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Vorberatung
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06.07.2006
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Erledigt
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Bau- und Planungsausschuss, Liegenschaften
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Vorberatung
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06.07.2006
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Erledigt
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Stadtverordnetenversammlung
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Entscheidung
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14.07.2006
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Sachverhalt
Begründung:
Im Vertrag zur Privatisierung der
Universitätskliniken Gießen und Marburg hat sich die Universitätsklinikum
Gießen und Marburg GmbH verpflichtet, verschiedene Investitionsvorhaben - u. a.
den aktuell zur Rede stehenden Bau einer Partikeltherapie-Anlage (PT-Anlage) -
und daneben den Neubau einer Kopfklinik, jeweils auf den Lahnbergen, im
unmittelbaren Umfeld des zentralen Klinikumsgebäudes zu realisieren. Während
die Kopfklinik, nach gegenwärtigem Kenntnisstand, im Bereich des
rechtskräftigen Bebauungsplans Nr. 11/2 (Klinikum II. BA) realisiert werden
wird, ist es zwingend notwendig, für die Partikeltherapie-Anlage die
planungsrechtlichen Voraussetzungen in Form eines Bebauungsplans zu schaffen,
da der angefragte Standort im „Außenbereich“, im Sinne des § 35
BauGB, liegt.
Der von der Rhön-Klinikum AG vorgeschlagene
Standort ist Ergebnis einer vorgeschalteten Standortalternativen-Prüfung, wobei
Fragen der Erschließung, der Eingriffserheblichkeit, der funktionalen Zuordnung
und nicht zuletzt des Baugrundes vorrangige Prüfkriterien darstellten. Aus
städtebaulich-landschaftsplanerischer Sicht ist das Ergebnis der Prüfung
nachvoll- ziehbar und der Standort, insbesondere im Zusammenhang mit der
Eingriffserheblichkeit der verträglichste. Die gut 2 ha große Fläche ist im
wirksamen Flächennutzungsplan als Sonderbaufläche, Zweckbestimmung Universität,
dargestellt und wird als Wald (Buche, Fichte) genutzt.
Der Standort wird eingegrenzt im Norden durch
das Heizkraftwerksareal und im Süden durch das Klinikgebäude.
Im Übrigen bietet der ausgesuchte Standort die
besten topografischen Bedingungen, d. h. den mit Abstand ebensten Baugrund.
Das Gebäude der PT-Anlage selbst hat eine
Grundfläche von ca. 110 x 70 m, ist im Wesentlichen zweigeschossig mit hohen,
ausschließlich funktional bestimmten Geschosshöhen: 8 ‑ 14 m
Höhe, die maximale Gebäudehöhe im Teilbereich des Synchrotrons (=
Teilchenbeschleuniger) liegt bei 20 m. Dieser Gebäudetrakt wird aus massivem
Spezialbeton mit Stahleinlagen (ca. 2 - 3 m Wandstärke, daher auch die
Anforderungen an den ebenen Baugrund) errichtet und soll damit den
Anforderungen des Strahlenschutzes entsprechen.
Aus städtebaulicher Sicht bedeutsam ist, dass
die maximale Gebäudehöhe weit unterhalb des Baum-Kronenbereichs liegt, sodass
keine negativen Auswirkungen auf das Landschaftsbild zu befürchten sind. Für
darüber hinausgehende Maßnahmen zur besseren Integration des Bauwerkes in den
Landschaftsraum bzw. in das Klinikumsgebiet wird von der Rhön-Klinikum AG - in
Absprache mit de m Fachdienst Stadtplanung - ein Landschaftsplaner beauftragt,
der die landschaftsplanerischen und naturschutzrechtlichen Fragestellungen im
Zusammenhang des Bauleitplan- bzw. Realisierungsverfahrens wiederum in
Absprache mit der Stadt Marburg bearbeitet.
Der bauliche Strahlenschutz der Anlage wird so
ausgelegt, dass außerhalb der Behandlungsräume die Dosisbelastung unterhalb des
Niveaus der natürlichen Strahlenbelastung liegt. Anders als bei Reaktoren kann
die Beschleunigeranlage jederzeit abgeschaltet werden und damit die
Strahlenbelastung auf 0 reduziert werden (es sollen keine radioaktiven Stoffe
entstehen).
Unabhängig vom Bauleitplan- und
Baugenehmigungsverfahren wird zudem ein immissionsschutzrechtliches Verfahren
durchgeführt, damit gewährleistet ist, dass keine unzulässigen Strahlendosen
emittieren.
Exkurs Partikeltherapie-Anlage
Die Partikeltherapie-Anlage dient der
Bestrahlung bei onkologischen Erkrankungen. Neu, und nach Auskunft des
Betreibers bei zügiger Realisierung weltweit technologieführend, wird sein,
dass bei dieser Form der Strahlentherapie ein dreidimensional lokalisiertes
Tumorvolumen mit präzisem Ionenstrahl von hoher biologischer Wirkung
abgerastert und bestehende Tumorzellen zerstört werden sowie die Bildung
bösartiger Zellen verhindert wird, ohne dass umliegendes Gewebe aufgrund des
scharfen Randabfalls am Wirkungsfeld betroffen sein wird. Bei diesem Verfahren
werden Partikel wie Protonen und Schwerionen (insbesondere Kohlenstoffionen) in
einem Synchrotron beschleunigt. Die beschleunigten Ionen werden dann über einer
Hochenergie-Strahlführung hochpräzise zu den in insgesamt 4 Behandlungsplätzen
(so genannte Caves) liegenden Patienten geleitet, die dort von Robotern
positioniert und in der Lage genau kontrolliert werden.
Die Partikeltherapie wurde in der Gesellschaft
für Schwerionenforschung GSI in Darmstadt entwickelt und bisher bei mehr als
300 Patienten erfolgreich erprobt. Neben lokal abgegrenzten Tumoren im
Kopf-/Halsbereich und längs der Wirbelsäule, die nicht von der Atembewegung
betroffen ist, sollen in Marburg inoperable Schädelbasis- und Hirntumore sowie
Prostata- und Weichteilkarzinome bestrahlt werden.
Medizinisches Ziel ist es auch,
Tumorbehandlungen in Lunge und Magen mit bisher uner- reichter Präzision zu
behandeln. Trotz der relativ aufwändigen Beschleunigeranlage zur Er- zeugung
der Ionenstrahlen wird sich die Partikeltherapie gegenüber den Gesamtkosten
einer chirurgischen Behandlung oder Chemotherapie relativ günstig darstellen.
Um eine flächendeckende und überregionale Versorgung zu erzielen wird die
Rhön-Klinikum AG über das so genannte Satelliten-Konzept andere kooperierende
Kliniken mit einbinden.
Die Investitionskosten der Anlage belaufen sich
voraussichtlich auf über 100 Mio. €. Bei laufendem Betrieb sollen pro
Jahr ca. 2.500 Patienten ambulant behandelt werden, d. h. aufgrund des großen
Einzugsbereichs der Anlage ist mit positiven Auswirkungen auf das Hotel- und
Gaststättengewerbe zu rechnen.
Nach Auskunft des Betreibers ist mit 60
Arbeitsplätzen zu rechnen.
Negative Folgen für die Stadtentwicklung oder
mit Folgekosten für die Stadt Marburg in Folge dieses Projektes sind nicht
absehbar.
Dr. Franz Kahle
Bürgermeister
Anlagen
Plan mit Geltungsbereich
Übersichtsplan Standortvarianten PT-Anlage
FD 61 |
Fbl 6 |
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