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Ratsinformation
Antrag der Fraktion Marburger Linke - VO/1565/2007
Grunddaten
- Betreff:
-
Antrag der Marburger Linke - Fraktion betr. Hessisches Auftragsvergabegesetz
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Antrag der Fraktion Marburger Linke
- Federführend:
- 09 - Unterstützung kommunaler Gremien
- Bearbeiter*in:
- Norbert Wagner
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Magistrat
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Vorberatung
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●
Erledigt
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Haupt- und Finanzausschuss
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Vorberatung
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28.08.2007
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25.09.2007
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●
Erledigt
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Stadtverordnetenversammlung
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Entscheidung
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30.08.2007
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28.09.2007
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Beschlussvorschlag
Die
Stadtverordnetenversammlung wird gebeten, folgenden Beschluss zu fassen:
1.) Die
Stadtverordnetenversammlung der Stadt Marburg fordert die Fraktionen des
Hessischen Landtages auf, ein Hessisches Vergabegesetz zu verabschieden und
dabei den Entwurf des DGB Hessen zu übernehmen.
2.) Die
Stadtverordnetenversammlung fordert die Fraktionen des Hessischen Landtages
auf, vollständig die Möglichkeiten der EU-Vergaberichtlinien 2004/17/EG und
2004/18/EG auszunutzen, um Umweltbelange in das Vergaberecht einzubeziehen.
3.) Die
Stadtverordnetenversammlung fordert den Magistrat auf, die Ausschreibungen für
öffentliche Aufträge in Marburg so zu gestalten, dass ab sofort eine
Tariftreueerklärung für die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen
Voraussetzung ist und Aufträge nur an solche Firmen vergeben werden, die
außerdem Ausbildungsplätze bereitstellen oder sich an tariflichen
Umlageverfahren zur Sicherung der beruflichen Erstausbildung oder an
Ausbildungsverbünden beteiligen. Als Nachweis ist von den Unternehmen eine
Bescheinigung der für die Berufsausbildung zuständigen Stellen vorzulegen. Die
Regelung ist den Bewerbern in den Vergabeunterlagen bekannt zu machen. Dabei
ist auf die Nachweispflicht hinzuweisen.
4.) Die
Stadtverordnetenversammlung fordert den Magistrat weiterhin auf, die
Ausschreibungen für öffentliche Aufträge so zu gestalten, dass ab sofort die
Möglichkeiten aus den EU-Vergaberichtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG
vollständig genutzt werden.
Sachverhalt
Begründung:
Im Hessischen Landtag wird
zur Zeit ein Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen für
ein Hessisches Vergabegesetz beraten (DS 16/7503). Dieser Entwurf bleibt in
einigen Punkten hinter dem Gesetzentwurf für ein Vergabegesetz zurück, den der
DGB Hessen veröffentlicht und allen Landräten und Bürgermeistern Hessens
übermittelt hat. Sowohl im Interesse der ArbeitnehmerInnen als auch unter
wettbewerbspolitischen Aspekten ist der weitergehende Entwurf des DGB Hessen
dem Entwurf der Opposition im Landtag vorzuziehen.
Umweltstandards können nach
den EU-Vergaberichtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG bei den Ausschreibungen
gesetzt werden. Vor allem für die Verwaltungen kleinerer Städte und Gemeinden
wird es schwer sein, Ausschreibungen zu erstellen, die den formalen rechtlichen
Anforderungen der Vergaberichtlinien genügen. Daher ist es geboten, in einem
Hessischen Vergabegesetz die Möglichkeiten Umweltstandards zu setzen explizit
aufzuführen.
Gez. Pit Metz gez.
Georg Fülberth
Anlage
Gesetzentwurf
Gesetzentwurf
Hessisches Auftragsvergabegesetz
Präambel
Das
Gesetz wirkt Wettbewerbsverzerrungen entgegen, die durch den Einsatz von
Niedriglohnkräften entstehen, und mildert Belastungen für die sozialen
Sicherungssysteme. Es bestimmt zu diesem Zweck, dass öffentliche Auftraggeber
Aufträge nur an Unternehmen vergeben dürfen, die in Tarifverträgen vereinbarte
Arbeitsentgelte und Leistungen am Ort der Leistungserbringung zahlen und
erbringen, betriebliche Ausbildungsstellen anbieten und sich der Förderung der
Chancengleichheit verpflichten.
Das
Gesetz erfüllt einen zentralen Gemeinwohlbelang, indem es unter anderem die
Ordnungsfunktion von Tarifverträgen unterstützt, die Bekämpfung von
Arbeitslosigkeit und niedrigen Löhnen intendiert und die Systeme der sozialen
Sicherung stabilisiert.
§ 1
Anwendungsbereich
(1)
Dieses Gesetz enthält
Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge im Sinne des § 99 des
Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung vom 26. August 1998
(BGBl. I S. 2546), zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom 23. Juli
2002 (BGBl. I S. 2850), unabhängig von den Schwellenwerten gemäß § 100 GWB,
sofern die Aufträge mindestens einen Wert von 10.000 Euro haben.
(2)
Dieses Gesetz gilt für
alle öffentlichen Aufträge des Landes Hessen. Es gilt ferner für alle
öffentlichen Aufträge von
(a) Gemeinden, Gemeindeverbänden, nach öffentlichem
Haushaltsrecht wirtschaftenden Betrieben, Einrichtungen sowie Anstalten und
Körperschaften des öffentlichen Rechts, des Landes und der Kommunen sowie
Zuwendungsnehmer von Leistungen aus öffentlichen Haushalten,
(b) Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmen, deren
Anteile sich unmittelbar oder mittelbar, ganz oder überwiegend in der Hand des
Landes Hessen oder juristischer Personen nach Buchstabe (a) befinden.
(3)
Dieses Gesetz gilt
ferner für Aufträge, deren Zwecksetzung ohne öffentliche Finanzierung
öffentlicher Nutzung dient.
§ 2
Tariftreueerklärung
(1)
Öffentliche Aufträge
nach § 1 dürfen nur an Unternehmen vergeben werden, die sich bei Angebotsabgabe
schriftlich verpflichten, für ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei der
Ausführung dieser Leistungen die jeweils in Hessen geltenden repräsentativen
Tarifverträge anzuwenden und dies auch bei ihren Nachunternehmen
sicherzustellen
(2)
Sind am Ort der
Leistungsausführung mehrere Tarifverträge für dieselbe Leistung einschlägig,
bestimmt der öffentliche Auftraggeber im Einvernehmen mit den
Tarifvertragsparteien den anzuwendenden Tarifvertrag unter Abwägung aller
Umstände in Ausübung seines Ermessens. Für die Abwägung ist maßgeblich, welcher
Tarifvertrag die meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfasst.
(3)
Entsprechende
Tariftreueerklärungen sind von allen Bietern als notwendige Erklärung für sich
selbst und weiter beauftragte Dritte zu verlangen. Die Erklärung muss vom
Betriebs- bzw. Personalrat schriftlich bestätigt werden. Erklärungen von
Unternehmen, bei denen keine Betriebs- bzw. Personalvertretung besteht,
bedürfen der Bestätigung einer örtlichen Gliederung der zuständigen
Tarifvertragspartei (Gewerkschaft, Arbeitgeberverband).
§ 3
Weitere Voraussetzung
Die berufliche Erstausbildung ist bei der
Auftragsvergabe als besonderes Bewertungskriterium zu berücksichtigen. Bei
gleichwertigen Angeboten erhalten jene Unternehmen den Zuschlag, die
Ausbildungsplätze bereitstellen, sich an tariflichen Umlageverfahren zu
Sicherung der beruflichen Erstausbildung oder an Ausbildungsverbünden
beteiligen.
§ 4
Nachunternehmereinsatz
(1) Der Auftragnehmer
darf Leistungen, auf die sein Betrieb eingerichtet ist, nur auf Nachunternehmer
übertragen, wenn der Auftraggeber im Einzelfall schriftlich zugestimmt hat. Die
Bieter sind verpflichtet, schon bei Abgabe ihres Angebots anzugeben, welche
Leistungen an Nachunternehmer weiter vergeben werden sollen. Soweit Leistungen
auf Nachunternehmer übertragen werden, hat sich der Auftragnehmer auch zu
verpflichten den Nachunternehmer die Auftragnehmer geltenden Pflichten der §§ 2
und 3 aufzuerlegen und die Beachtung dieser Pflichten durch die Nachunternehmer
zu überwachen.
(2)
Die nachträgliche
Einschaltung oder der Wechsel eines Nachunternehmers bedarf der Zustimmung des
Auftraggebers. Die Zustimmung darf nur wegen mangelnder Fachkunde,
Zuverlässigkeit oder Leistungsfähigkeit des Nachunternehmers sowie wegen
Nichterfüllung der Nachweispflicht gemäß § 6 Abs. 2 versagt werden.
§ 5
Wertung unangemessen niedriger Angebote
(1)
Weicht ein Angebot, auf
das der Zuschlag erteilt werden könnte, um mindestens zehn von Hundert vom
nächst höheren Angebot ab, so hat die Vergabestelle die Kalkulation des
Angebots zu überprüfen. Im Rahmen dieser Überprüfung sind die Bieter
verpflichtet, die ordnungsgemäße Kalkulation nachzuweisen. Kommen die Bieter
dieser Verpflichtung nicht nach, werden sie vom weiteren Vergabeverfahren
ausgeschlossen.
(2)
Die Landesregierung
wird ermächtigt, das Prüfungsverfahren durch Verordnungen zu regeln.
§ 6
Nachweise und Kontrollen
(1)
Der Bieter hat vor
Zuschlagserteilung folgende Unterlagen beizubringen, die nicht älter als sechs
Monate sein dürfen:
1. Nachweise über
die vollständige Entrichtung von Beiträgen; die Nachweise müssen ausgestellt
worden sein von
a)
dem
zuständigen in- oder ausländischen Sozialversicherungsträger,
b) der zuständigen in- oder ausländischen
Sozialkasse, soweit der Betrieb des Bieters Bauaufträge im Sinne des § 99 Abs.
3 GWB ausführt und von dem Geltungsbereich eines Tarifvertrages über eine
gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien erfasst wird.
2. Einen
Auszug aus dem Gewerbezentralregister.
Anstelle der Einzelnachweise nach Satz 1 kann der
Bieter die nach den Bestimmungen des Bundesministeriums für Verkehr Bau und
Stadtentwicklung erteilte gültige Präqualifikation beibringen.
Die Angaben zu Satz 1 Nr. 1 oder 2 können durch eine
Bescheinigung des ausländischen Staates nachgewiesen werden. Bei fremdsprachigen
Bescheinigungen ist eine Übersetzung in die deutsche Sprache beizufügen.
(2) Soll
die Ausführung eines Teils des Auftrags einem Nachunternehmer übertragen
werden, so sind bei der Auftragserteilung auch die auf den Nachunternehmer
lautenden Nachweise gemäß Absatz 1 vorzulegen.
(3)
Die Hessische
Landesregierung macht ein Muster der Verpflichtungen nach § 2 öffentlich
bekannt. Die Übernahme der Verpflichtungen nach diesem Muster ist dem
Auftraggeber durch das Unternehmen zu erklären.
(4)
Der öffentliche
Auftraggeber ist berechtigt, Kontrollen durchzuführen, um die Einhaltung der
geforderten Vergabevoraussetzungen zu überprüfen. Er darf zu diesem Zweck
Einblick in die Entgeltabrechnungen der Auftragnehmer und der Nachunternehmer
und die Unterlagen über die Abführung von Steuern und
Sozialversicherungsbeiträgen sowie in die zwischen Auftragnehmer und
Nachunternehmer abgeschlossenen Werkverträge nehmen. Der Auftragnehmer hat
seine Beschäftigten auf die Möglichkeit solcher Kontrollen hinzuweisen.
(5)
Der Auftragnehmer und
seine Nachunternehmer haben vollständige und prüffähige Unterlagen gemäß Absatz
(2) über die eingesetzten Beschäftigten bereitzuhalten. Auf Verlangen des
öffentlichen Auftraggebers sind ihm diese Unterlagen vorzulegen.
§ 7
Sanktionen
(1)
Unternehmen, die den
Verpflichtungen nach diesem Gesetz nicht nachkommen, werden von weiteren
öffentlichen Aufträgen für die Dauer von drei Jahren ausgeschlossen. Außerdem
ist mit dem Auftragnehmer zu vereinbaren, dass jeder schuldhafte Verstoß gegen
die Bestimmungen dieses Gesetzes mit einer Vertragsstrafe in Höhe von 1 vom
Hundert des Auftragswertes belegt wird. Bei mehreren Verstößen beläuft sich
diese Strafe auf 5 vom Hundert des Auftragswertes. Ferner ist der öffentliche
Auftraggeber im Falle eines Verstoßes gegen die Bestimmungen dieses Gesetzes
berechtigt, vergebene Aufträge fristlos zu kündigen.
(2)
Das Land Hessen richtet
ein Register über Unternehmen ein, die nach Absatz 1 von der Vergabe
öffentlicher Aufträge ausgeschlossen worden sind. Die Landesregierung wird
ermächtigt, durch Verordnung zu regeln:
Die im Register zu speichernden Daten, den Zeitpunkt
ihrer Löschung die die Einsichtnahme in das Register,
die Verpflichtung der öffentlichen Auftraggeber,
Entscheidungen nach Absatz 1 an das Register zu melden und
die Verpflichtung öffentlicher Auftraggeber, zur
Prüfung der Zuverlässigkeit von Unternehmen Auskünfte aus dem Register
einzuholen.
(3)
Das Land Hessen
überwacht die Durchführung dieses Gesetzes durch eine entsprechende Kontrolleinrichtung.
§ 8
Inkrafttreten
Dieses
Gesetz tritt am Tage der Veröffentlichung in Kraft.