Universitätstadt Marburg

?

Hauptnavigation der Seite

Kartenanwendung der Stadt Marburg

Seiteninhalt

Inhaltsbereich der Seite
Sie sind hier: Politik & Stadtgesellschaft > Stadtpolitik > Stadtparlament (STVV)

Ratsinformation

ALLRIS - Vorlage

Bericht - VO/0618/2001

Reduzieren

Beratungsfolge

Reduzieren

Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung wird gebeten, von dem folgenden Bericht zur Versteigerung von städtischen Aufträgen im Internet Kenntnis zu nehmen.

Reduzieren

Sachverhalt

Die Stadtverordnetenversammlung hatte in ihrer Sitzung am 24. August 2001 folgenden Beschluss gefasst:

 

Der Magistrat wird beauftragt, unter Beibehaltung der Vergabekriterien der Stadt Marburg einen Modellversuch zur pilothaften Einführung von e-Procurement zu planen. Hierzu soll der Magistrat:

 

  1. einzelne Aufträge für Güter oder Dienstleistungen, die aufgrund ihrer einfachen Spezifizierbarkeit für inverse Auktionen geeignet sind und die einen Beschaf­fungswert von ca. 100.000 DM haben, auswählen.

 

  1. mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung hierfür fortbilden und den Besuch eines Workshops zum öffentlichen e-Procurement ermöglichen, damit diese mit der Durchführung eines solchen Projektes vertraut gemacht werden und entsprechende Vorgänge in der Verwaltung und mit Lieferanten kommunizieren können.

 

  1. für die Durchführung dieses Projektes einen erfahrenen Partner (e-Auktionshaus, etc.) suchen.

 

  1. die Allgemeine Geschäftsanweisung und die Richtlinien für die Vergabe von Leistungen und Bauleistungen der Universitätsstadt Marburg für dieses Projekt im Rahmen einer Experimentierklausel gegebenenfalls anpassen.

 

  1. prüfen, ob und inwieweit das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie für die Durchführung eines solchen Projektes Mittel bereit stellt und diese gegebenenfalls beantragen.

 

Der Magistrat hat aufgrund dieses Beschlusses ein Schreiben an das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gerichtet, nähere Informationen zu der Thematik erbeten und sein grundsätzliches Interesse an einer Mitarbeit und pilothaften Erprobung dieses neuen technischen Vergabeverfahrens bekundet.

 

Parallel dazu hat der Magistrat mit der Unternehmensberatungs- und Wirtschaftsprü­fungs­gesellschaft KPMG Consulting AG Kontakt aufgenommen, um nähere Einzelheiten zu dem von KPMG Consulting AG für das Bundeswirtschaftsministerium erstellten Studie zu den „Chancen und Risiken inverser Auktionen im Internet für Aufträge der öffentlichen Hand“ zu erhalten. Von dort wurde uns die Ende September 2001 veröffentlichte Studie zur Verfügung gestellt und gleichzeitig angeboten, an einem von KPMG Consulting AG organisierten Workshop zu der Thematik teilzunehmen. Dieses Angebot wurde von zwei Mitarbeitern der Organisationsabteilung wahr genommen, da sowohl die Durchführung inverser Auktionen in einer realitätsnahen Umgebung erprobt werden konnte und auch mehrere Mitarbeiter/innen des Bundeswirtschaftsministeriums teil genommen haben.

 

Bei der praktischen Erprobung inverser Auktionen zeigte sich, dass zwar Standardsoftware für die Durchführung von Auktionen im Internet vorhanden ist, die spezifischen vergaberechtlichen Anforderungen der öffentlichen Hand mussten aber zunächst speziell für den Workshop vom KPMG eBusiness Solution Center angepasst werden. Es existiert also auf dem Markt noch keinerlei speziell entwickelte Software, die in der Lage wäre, inverse Auktionen für öffentliche Einrichtungen abzuwickeln. Es wurde angegeben, dass für die notwendigen Anpassungen der Software als auch die Bereitstellung der erforderlichen Hardware derzeit mit Investitionen von mehreren Hunderttausend Euro gerechnet werden müsse. Zudem sind die notwendigen technischen Voraussetzungen nicht nur beim Ausschreibenden, sondern auch bei den Bietern erforderlich. Neben dem erforderlichen Internet-Zugang ist hier insbesondere die Digitale Signatur zu nennen, die zur eindeutigen Identifizierung bei einem Bietvorgang erforderlich ist.

 

Gravierender als die technischen Fragen sind derzeit aber noch die rechtlichen Probleme des Vergaberechts. Dies zeigte sich bei den am Workshop teilnehmenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundeswirtschaftsministeriums. Während das für Multimedia und neue Technologien zuständige Referat dem Einsatz inverser Auktionen grundsätzlich positiv gegenüber steht, bezieht das für Vergaberecht zuständige Referat eine distanzierte bis ablehnende Haltung. Dies kommt auch in dem Antwortschreiben des Bundeswirtschafts­ministeriums an den Magistrat zum Ausdruck, das von dem für Vergaberecht zuständigen Referat verfasst wurde:

 

„Das von Ihnen dargestellte Szenario einer Offenlegung der Rangfolge aller Angebote ist ein denkbarer Lösungsvorschlag der Studie, der bei Aufträgen unterhalb der EU-Schwellenwerte von einer möglichen Vergaberechtskonformität eines solchen Verfahrens ausgeht (Abschnitt 3.3.2.1 der Studie). Die Offenlegung der Preise bei einer inversen Auktion ist jedoch aufgrund des dem Vergaberecht immanenten Prinzips des geheimen Wettbewerbs, durch Vertraulichkeitsgrundsatz und Verhandlungsverbot bei Ausschreibungen sowohl unterhalb als auch oberhalb der EU-Schwellenwerte aus vergaberechtlicher Sicht derzeit auszuschließen.“ ...

 

„Bei Subsumtion des Sachverhalts unter diese vergaberechtlichen Tatbestände bleibt im Ergebnis festzuhalten, dass allenfalls bei Freihändigen Vergaben ohne Festlegung einer Angebotsfrist eine Offenlegung der Rangfolge der Angebote zulässig sein dürfte. Das „Dilemma“ wird aber deutlich, wenn man berücksichtigt, dass die für die Durchführung von Freihändigen Vergaben geeigneten Leistungen nach § 3 Nr. 4 VOL/A nicht identisch sind mit den Leistungen, für die eine inverse Auktion idealerweise in Frage käme (Abschnitt 6.4.1. der Studie).“

 

Weiterhin wird in dem Schreiben mitgeteilt, dass im Rahmen einer per Erlass geregelten Experimentierklausel zunächst das Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern, das mit der Realisierung der elektronischen Vergabeprozesse nach VOL/A und VOF im Rahmen der Leitprojektes „E-Vergabe“ beauftragt ist, die Durchführung inverser Auktionen unterhalb der EU-Schwellenwerte in der Praxis testen soll. Eine Einbeziehung der Stadt Marburg oder anderer öffentlicher Einrichtungen in einen solchen Test komme derzeit nicht in Betracht.

 

Fazit:

 

Inverse Auktionen als Sonderform der elektronischen Vergabe stellen derzeit aufgrund der noch in der Entwicklung befindlichen technischen Plattformen keine Alternative zu der herkömmlichen Abwicklung von Vergabeverfahren dar. Unter Kostengesichtspunkten kommt daher auch ein pilothafter Einsatz in der Stadtverwaltung Marburg derzeit nicht in Betracht, zumal eine finanzielle Förderung durch das Bundeswirtschaftsministerium abgelehnt wurde.

 

Daneben bestehen erhebliche rechtliche Bedenken gegen die Durchführung inverser Auktionen bei Vergabeverfahren der öffentlichen Hand durch das für Vergaberecht federführend zuständige Bundeswirtschaftsministerium. Ohne dass eine entsprechende Änderung der maßgeblichen vergaberechtlichen Bestimmungen (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, Vergabeverordnung des Bundes, VOL, VOB, VOF) erfolgt, besteht derzeit keine Möglichkeit für die Stadt Marburg, auch nur pilothaft inverse Auktionen in einem begrenzten Rahmen bei Beschaffungsverfahren anzuwenden.

 

Unabhängig von den geschilderten Restriktionen für die Durchführung inverser Auktionen beobachtet der Magistrat aufmerksam die Entwicklungen im Bereich der elektronischen Vergabe. Elektronische Vergabe bedeutet, das vorgeschriebene Vergabeverfahren elektronisch abzubilden, in dem die Ausschreibungen auf einer vergaberechtskonformen Beschaffungsplattform im Internet platziert werden, die bei einer rein papiermäßigen Ausschreibung in Zeitungen oder speziellen Submissionsblättern nicht immer Kenntnis von einer Ausschreibung erhalten. Die elektronische Vergabe hat den Vorteil, dass durch das Erreichen einer größeren Zahl potenzieller Bieter der Wettbewerb steigt und damit die Aufträge wirtschaftlicher vergeben werden können. Zudem können durch den Wegfall von Druck und Versand der Angebotsunterlagen die Prozesskosten deutlich gesenkt werden.

 

Hier befinden sich jedoch die technischen Entwicklungen noch im Aufbau, wenngleich mit der neuen Vergabeverordnung des Bundes in diesem Jahr die rechtlichen Voraussetzungen zur Abgabe elektronischer Angebote geschaffen wurden. Erforderlich für eine elektronische Angebotsabgabe ist jedoch die Digitale Signatur, für die aber noch kein technischer Standard besteht, der für eine größere Verbreitung auch auf Seiten der Bieter notwendig ist. Bis die technischen Rahmenbedingungen sowohl hinsichtlich einer standardisierten Internet-Plattform als auch der Digitalen Signatur erfüllt sind, dürften realistischerweise noch mind. 2 - 3 Jahre vergehen.

 

 

 

 

Dietrich Möller

Oberbürgermeister

 

 

 

Anmerkung:

 

Die Studie über Chancen und Risiken inverser Auktionen im Internet für Aufträge der öffentlichen Hand kann bei Interesse bei der Organisationsabteilung eingesehen bzw. zur Verfügung gestellt werden.

 

Loading...
Legende
selbst zuständig
selbst zuständig
eigenes Amt zuständig
eigenes Amt zuständig
anderes Amt zuständig
anderes Amt zuständig
andere Zuständigkeit
andere Zuständigkeit
selbst verantwortlich
selbst verantwortlich
andere Verantwortlichkeit
andere Verantwortlichkeit
Aufgabe bearbeiten
Aufgabe bearbeiten
NA
TOP
Keine Zusammenstellung
Keine Zusammenstellung
Dokument erstellen
Dokument erstellen
Alle Workflowbeteiligten benachrichtigen
Alle Workflowbeteiligten benachrichtigen
Dokument auswählen
Dokument auswählen
Mobile Navigation schliessen