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Ratsinformation

ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage Stadtverordnetenvers. - VO/0890/2008

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung wird gebeten, folgenden Beschluss zu fassen:

 

Der Magistrat wird beauftragt,

 

a)                      die aktuellen Möglichkeiten weiterer Windkraftstandorte in Marburg darzustellen und

 

b)                      vorbereitende Planungen für ein Abweichungsverfahren vom Regionalplan mit den beiden in der Anlage dargestellten Wald-Flächen östlich von der Kernstadt zum Zwecke der Aufnahme als „Vorranggebiete für Windenergienutzung“ durchzuführen.

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Sachverhalt

Begründung

 

Anlass und Ziel

Auf Grund der Mitgliedschaft im „Klimabündnis“ hat die Stadtverordnetenversammlung im April 2008 den Magistrat beauftragt, weitere Windkraftstandorte zu entwickeln. Damit kann weiter das Ziel einer nachhaltigen Energieversorgung verfolgt werden, bei der die Windenergienutzung auf absehbare Zeit einen wesentlichen Baustein innerhalb des regenerativ erzeugten Energie-Mixes darstellt. Nur durch eine konsequente Nutzung der Windenergie wird das Ziel erreichbar sein, innerhalb der Stadt Marburg bis zum Jahr 2030 mehr Strom regenerativ zu erzeugen als verbraucht wird.

Dennoch dürfen daneben die Anstrengungen zur Nutzung von Sonnenstrom (Photovoltaik), zur Erzeugung von Strom aus Biogas-Anlagen sowie aus Kraft-Wärme-Kopplung (BHKW-Technik) nicht nachlassen.

 

Bereits heute sind die 3 von den Stadtwerken Marburg betriebenen Windenergieanlagen in Wehrda mit einer Gesamtspitzenleistung von 3,6 MW neben der Gas- und Dampfturbine am Ortenberg (maximale elektrische Leistung: 5,8 MW) die größten Stromerzeugungsanlagen in der Universitätsstadt Marburg. Mit einem Ausbau von Windkraft lässt sich innerhalb weniger Jahre mehr als die Hälfte des gesamten Stroms, der von Privathaushalten verbraucht wird, über Windkraftanlagen erzeugen.

 

Die weitere Entwicklung von Windkraftstandorten bietet auch für die Stadtwerke Marburg die Möglichkeit, weiterhin stark in Eigenstromerzeugungsanlagen zu investieren. Für die Stadtwerke wird es schon in den nächsten 10 Jahren von großer wirtschaftlicher Bedeutung sein, verstärkt auch mit selbst erzeugtem Strom am Markt zu handeln.

 

Die Planung weiterer Windkraftstandorte entspricht auch der nationalen und internationalen Einschätzung künftiger Energieversorgung. Aus den in der Anlage beigefügten Übersichten ergibt sich, dass Windenergie Deutschland-, Europa- und Weltweit die im Zubau dominierende Stromproduktionsform ist. In Hessen ist die Windkraftnutzung allerdings stark unterentwickelt.

 

So geht nicht nur lokale Wertschöpfung und lokale Gewerbesteuer verloren. Die möglichen großen Beiträge zur CO2-Reduktion durch Windkraftleistung werden bislang nicht wahrgenommen, obwohl gute bis sehr gute Windkraftstandorte zur Verfügung stehen.

 

Planungsrechtliche Situation

In 2002 hat die Stadtverordnetenversammlung den Flächennutzungspan um einen Vorrangbereich zur Windkraftnutzung ergänzt. Diesem Beschluss lag eine Windpotenzialstudie zu Grunde, die die Windpotenziale innerhalb der Stadt Marburg ermittelt hat. Im Abschlussbericht der Windpotenzialstudie (Oktober 1999) sind bezüglich der CO2-Einsparungen A-, B- und C-Bereiche ausgewiesen. Mit den A- und B-Bereichen ist die Flächennutzungsplanergänzung  - Windkraftnutzung - durchgeführt worden.  Die demnach einzige Windkraft-Vorrangfläche im Stadtgebiet liegt im Stadtteil Wehrda oberhalb des „Weißen Steins“ an der Stadtgrenze. Mittlerweile ist das dort zur Verfügung stehende Flächenpotenzial mit 3 Windkraftanlagen ausgeschöpft.

 

Im „Regionalplan Mittelhessen“, der im Dezember 2008 beschlossenen worden ist, ist im Stadtgebiet lediglich ein Vorranggebiet für Windenergienutzung festgelegt, nämlich der momentan bereits genutzte oben genannte Bereich in der Gemarkung Wehrda. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass an anderen Stellen der Stadt Marburg eine Nutzung der Windkraft planungsrechtlich nicht zulässig wäre.

 

Die Festsetzung im Regionalplan ist nicht befriedigend, weil aufgrund der technischen Entwicklung weitere Windkraftstandorte wünschenswert sind und umgesetzt werden können. Insbesondere die verbesserten Leistungswerte für Windkraftanlagen, die im Binnenland aufgestellt werden, lassen positive Ertragsprognosen erwarten. Zudem lassen sich ohne eine weitere Windkraftnutzung die Klimaschutzziele im Bereich der Stromerzeugung bzw.              -nutzung nicht erreichen.

 

 

Standortsuche und Vorgespräche

Die Suche nach neuen potentiellen Windkraftstandorten hat sich zuerst auf waldfreie Flächen konzentriert.

 

1.        C-Flächen aus der Windpotenzialstudie

Auf Grund aktueller Erkenntnisse scheiden diese Flächen aus, da die dortige Windhöffigkeit zu gering ist.

 

2.        A-Fläche Hasenkopf aus der Windpotenzialstudie (in der FNP-Ergänzung damals abgewogen worden)

Sollte nach derzeitiger Einschätzung nicht weiter verfolgt werden, da der Siedlungsabstand unter 750 m liegt. Für neu zu errichtende, höhere Anlagen dürfte zweifelhaft sein, ob dieser Siedlungsabstand ausreicht, um alle Bedenken auszuräumen.

 

3.        Ehemalige Mülldeponie Stempel (waldfreie Fläche im Wald)

Scheidet nach derzeitiger Überlegung wohl ebenfalls aus, da der Siedlungsabstand auch hier als zu gering betrachtet werden könnte (unter 750 m).

 

Nach diesen ersten Prüfschritten ist deutlich geworden, dass keine Offenland- bzw. waldfreien Flächen im Stadtgebiet für eine Windkraftnutzung mehr zur Verfügung stünden.  (Allein eine „B-Fläche“ im Gebiet Görzhäuser Hof / Bebauungsplan Gewerbegebiet Görzhäuser Hof II, die nur gemeinsam mit Novartis entwickelt werden könnte, wäre noch für Windkraftnutzung geeignet).

 

In Folge dessen ist dann die Prüfung in Abstimmung mit dem Regierungspräsidium Gießen auf Waldflächen ausgeweitet worden (s. u. 4.), da auch die grundsätzlich ablehnende Einstellung der Forstverwaltung zur Windkraftnutzung in Waldflächen zwischenzeitlich aufgegeben worden ist.

 

Bei den Gesprächen mit dem Regierungspräsidium ist von dessen Regionalplanungsstelle deutlich gemacht worden, dass man die Stadt Marburg bei der Ausweisung zusätzlicher Windvorranggebiete unterstützen werde. Diese Hilfe kann sich aber nur im Rahmen der Kriterien des Regionalplans für Windvorranggebiete bewegen. Eventuell entwickelte Flächen müssen gegebenenfalls in einem Abweichungsverfahren vom Regionalplan als Windvorrangflächen ausgewiesen werden.

 

Dabei sind nach den Kriterien des Regierungspräsidiums folgende Punkte zu erfüllen:

 

·         Ausreichende Flächengröße (für jeweils mindestens 3 Windkraftanlagen; Begründung: Flächenkonzentrationsgebot im Regionalplan);

 

·         mindestens 1000 m Siedlungsabstand (nur wenn es keine Fläche mit diesem Abstand gibt, kann - aber unter erschwerten Bedingungen - über einen 750 m Mindestabstand diskutiert werden);

 

·         Abstand zu bestehenden FFH-Gebieten mindestens 500 m

 

·         Ausreichende Höhenlage – mindesten 300 m über NN, um entsprechende Windhöffigkeit zu gewährleisten.

 

4.        Alle Waldflächen im Stadtgebiet

2 Bereiche auf den östlichen Lahnbergen erfüllen die o. g. Kriterien

 

Als Ergebnis der Gespräche mit dem Regierungspräsidium ist festzuhalten, dass ein Abweichungsverfahren zum Regionalplan die Grundvoraussetzung darstellt, um ein „Vorranggebiet für Windenergienutzung“ - die planungsrechtliche Vorraussetzung für weitere Genehmigungsschritte -  im Stadtgebiet ausgewiesen zu bekommen.

 

 

Abweichungsverfahren und Anlagengenehmigung

Das Abweichungsverfahren wird vom Regierungspräsidium durchgeführt und ist ergebnisoffen. Im Verfahren ist eine raumordnerische Prüfung vorzunehmen und abschließend bezüglich der Raumverträglichkeit zu entscheiden.

 

Im Zuge eines Besprechungstermins beim Regierungspräsidium sind die Modalitäten für ein Abweichungsverfahren zum Regionalplan zur Ausweisung von Windvorranggebieten mit allen Beteiligten einvernehmlich abgesprochen und festgelegt worden. Insbesondere handelt es sich neben der Klärung des Artenschutzes um avifaunistische und fledermauskundliche Gutachten, die zu erstellen sind. In diesem Prüfverfahren ist auch die Verträglichkeit mit dem Stadt- und Landschaftsbild zu beurteilen.

 

Mit der Ausweisung eines Vorranggebietes für Windkraftnutzung im Regionalplan durch das Abweichungsverfahren wird die planungsrechtliche Zulässigkeit alleine begründet. Ein kommunales Bauleitplanverfahren (Ergänzung der Windvorrangbereiche im FNP bzw. Vorhabensbezogenen B-Plan) ist fachlich und rechtlich nicht mehr notwendig, kann aber zu genaueren Anlagensteuerung angeschlossen werden. In jedem Fall ist das abschließende Genehmigungsverfahren nach Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) zur Anlagenerrichtung entscheidend, das ebenfalls durch das Regierungspräsidium durchgeführt wird. Im BImSchG-Verfahren muss genehmigt werden, wenn die Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sind und die Stadt ihr Einvernehmen nach § 36 BauGB erteilt hat. Das Einvernehmen könnte die Stadt nur dann nicht erteilen, wenn im BImSchG-Verfahren neue, im Abweichungsverfahren noch nicht bekannte Gründe, die eine Versagung rechtfertigen, hinzukommen würden.

 

 

Die 2 potentiellen Windvorrangbereiche

 

Bereich 1 - Bürgeler Gleichen -:              Lage östlich der Kernstadt und westlich von Ginseldorf im Wald der Lahnberge; Flächengröße ca. 1,1 km2; Höhenlage bis ca. 355 m über NN.

 

Bereich 2 - östl. Lichter Küppel -:              Lage östlich der Kernstadt und westlich von Moischt und Schröck im Wald der Lahnberge; Flächengröße ca. 0,4 km2 auf; Höhenlage bis ca. 355 m üNN.

 

Die genaue Lage der beiden Bereiche ist in den Übersichtsplänen in der Anlage dargestellt.

 

Für beide Bereiche sind mögliche Investoren gefunden worden, die jeweils zusammen mit den Stadtwerken Marburg diese Standorte eingehend prüfen wollen. Im Falle einer positiven Prüfung würden diese die Standorte auch gemeinsam mit den Stadtwerken Marburg entwickeln, realisieren und betreiben. Im Falle des Bereiches 1 handelt es sich um die juwi Holding AG mit Sitz in 55286 Wörrstadt und bei Bereich 2 um die hessenEnergie mit Sitz in 65189 Wiesbaden. Beide Gesellschaften haben einschlägige Erfahrungen in der Entwicklung, der Realisierung und im Betrieb von Windkraftanlagen.

 

Entsprechend dem jetzigen Planungsstand stellen sich die beiden Bereiche bezüglich der Anlagenprojektierung, der Energieertragsprognose und der Emissionsminderung wie folgt dar:

 

Bereich 1 - Bürgeler Gleichen -:              Anlagenprojektierung

              6 Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von 180 m (Nabenhöhe 138 m) und je 2 MW Leistung

              Energieertragsprognose

              Stromertrag von rund 26 kWh/Jahr; entspricht dem Bedarf von rund 8.600 Haushalten oder 34.400 Personen (Annahme: 4-Personen-Haushalt mit einem durchschnittlichen jährlichen Strombedarf von 3.000 kWh).

              Emissionsminderung

              etwa 15.800 t CO2, 1.600 kg Staub, 17.200 kg SO2 und 13.600 kg NOX (Annahme: ersetzt die Stromproduktion in den verschiedenen Kraftwerken gemäß ihren Anteilen an der bundesdeutschen Elektrizitätserzeugung).

 

Bereich 2 - östl. Lichter Küppel -:              Anlagenprojektierung

              4 Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von 180 m (Nabenhöhe 138 m) und je 2 MW Leistung

              Energieertragsprognose

              Stromertrag von rund 17 Mio. kWh/Jahr; entspricht dem Bedarf von rund 5.600 Haushalten oder 22.400 Personen (Annahme: 4-Personen-Haushalt mit einem durchschnittlichen jährlichen Strombedarf von 3.000 kWh).

              Emissionsminderung

              etwa 10.300 t CO2, 1.000 kg Staub, 11.200 kg SO2 und 8.900 kg NOX (Annahme: ersetzt die Stromproduktion in den verschiedenen Kraftwerken gemäß ihren Anteilen an der bundesdeutschen Elektrizitätserzeugung).

 

 

Öffentlichkeitsbeteiligung

Im Rahmen der vorbereitenden Arbeiten für ein  Abweichungsverfahren wird es zu beiden Bereichen öffentliche Informationsveranstaltungen geben. Insbesondere werden die Aspekte des Landschaftsbildes, des Vogelschutzes und des Fledermausschutzes ausführlich dargestellt werden. Auch die Chancen der hohen CO2-Einsparrung und der Ressourcenschonenung sollen für die Öffentlichkeitsbeteilligung aufgearbeitet werden.

 

 

Kosten

Kosten für die Genehmigungsunterlagen, für die Anlagenprojektierung und –errichtung sowie für den Betrieb der Windkraftanlagen entstehen der Universitätsstadt nicht. Diese werden von den Investoren übernommen, die ihrerseits die Erträge aus der Stromproduktion einnehmen.

 

Die möglichen Betreiber der Anlagen (Stadtwerke Marburg, juwi, hessenenergie) tragen auch die notwendigen Aufwendungen für avifaunistische und fledermauskundliche Gutachten. Für aus Sicht der Stadt Marburg sinnvolle weitere Gutachten stehen im Haushalt für 2009 Mittel (10.000 €) zur Verfügung. Hiermit könnten z.B. modellhaft mittelfristige Auswirkungen der Anlagensteuerung auf Vogelzugverhalten (z.B. Verhalten bei Anlagenabschaltung) überprüft werden. Mit dem Marburger Vogelschutzbeauftragten ist insoweit bereits Kontakt aufgenommen worden.

 

Nächste Schritte

Nach dem positiven Beschluss der Stadtverordnetenversammlung müssen mit den potentiellen Projektpartnern weitere wirtschaftliche und technische Vorplanungen abgearbeitet werden. So sind auch Visualisierungen und genauere Ertragsprognosen (Stromertrag und CO2-Reduzierung) zu erstellen.

 

Bei weiter positivem Verlauf der vorbereitenden Prüfungen kann sodann die Stadtverordnetenversammlung den Beschluss zur Vorbereitung des Abweichungsverfahrens fassen.

 

 

 

 

Dr. Franz Kahle

Bürgermeister

 

Anlagen

- 2 Übersichtspläne

- 8 Übersichten Windenergie

 

Beteiligung an der Vorlage durch:

FB 6

FD 61

FD 67

 

 

B

B

B

 

 

A: Anhörung; B: Beteiligung; K: Kenntnisnahme; S: Stellungnahme

 

 

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