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Ratsinformation
Bericht - VO/0548/2009
Grunddaten
- Betreff:
-
Bericht zum Bestand und zur Planung von Veranstaltungszentren
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Bericht
- Federführend:
- 41 - Kultur
- Bearbeiter*in:
- Norina Nickel
- Verfasser*in:
- Herr Dr. Laufner
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Magistrat
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Kenntnisnahme
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Erledigt
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Haupt- und Finanzausschuss
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Kenntnisnahme
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01.09.2009
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Erledigt
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Stadtverordnetenversammlung
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Kenntnisnahme
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04.09.2009
|
Sachverhalt
Bericht:
Betrieb, Planung und Ausbau von
Veranstaltungszentren in Marburg richten sich nach den Aufgaben der kommunalen
Daseinsvorsorge und den Zielen eines zukunftsorientierten
Universitätsstadt-Marketing. Dieses muss sich ausrichten auf die besonderen
demographischen, ökonomischen und kulturellen Bedingungen der Universitätsstadt
Marburg.
Nach einem städtebaulichen
Realisierungs- und Ideenwettbewerb Martin-Luther-Schule/ Stadthalle, vor allem
aber im Zuge der dynamischen Entwicklung im Bereich Campus Firmanei am Alten
Botanischen Garten, sind Planungen aufgenommen worden zum Ausbau der
Stadthalle/Erwin-Piscator-Haus. Diese verfolgen städtebaulich das Ziel einer
Attraktivitätssteigerung und zentralräumlichen Schwerpunktbildung im
Schnittbereich Stadt und Universität im Biegen-/Nordviertel mit Campus
Firmanei, Hörsaal- und Verwaltungsgebäude sowie der auch in der Außenwirkung
dynamisierten Stadthalle.
Dies soll geschehen durch
Integration des in diesem Schnittbereich erfolgreichen soziokulturellen
Zentrums Kulturladen KFZ mit attraktiveren Räumlichkeiten (u. a. „300er-Halle“
bestuhlt) und damit sich ergebenden kulturellen Synergieeffekten - auch mit dem
Hessischen Landestheater. Die Einbeziehung der Marburg Tourismus und Marketing
GmbH wird Synergieeffekte im Bereich Tagungs- und Kongressmarketing
ermöglichen. Beides sind wichtige Effekte in einem Marburg-spezifischen
Universitätsstadt-Marketing.
Die Georg-Gaßmann-Halle ermöglicht Großveranstaltungen bis
2.067 Personen (bestuhlt). Hinsichtlich Veranstaltungshallen gibt es
Überlegungen einer Messehalle auf dem Messegelände, die sowohl für Messen als
auch für robuste Großkonzertveranstaltungen geeignet wäre.
Im Bereich Open-Air-Konzerte ermöglicht die Freilichtbühne
Schlossparkgelände Veranstaltungen bis 1.400 Personen, besonders genutzt bei „3
Tage Marburg“, der „Nacht der Stimmen“ und dem Open-Air-Kino-Sommer, der
Marburg als Kinostadt profiliert.
Die Stadt unterstützt derzeit aus Mitteln des
Konjunkturprogramms den Bau eines Kunstrasenplatzes im Universitätsstadion mit
der Vereinbarung, dass dieses für Rock-Pop-Open-Airs genutzt werden kann. Mit
der MTV Campus Invasion 2007 erlebte die Universitätsstadt Marburg mit 13.000
Besuchern/innen die größte kulturelle Einzelveranstaltung in der Geschichte der
Stadt und eine der größten in Mittelhessen. Diese wurde sechs Stunden live auf
MTV übertragen mit mehrfachen anschließenden TV-Zusammenfassungen – ein
marketingmäßig für eine Universitätsstadt kaum zu überschätzender Effekt. Die
außerordentlich positive Resonanz bei Veranstaltern und Publikum hat dafür
gesorgt, dass Stadt und Universität eine häufigere Nutzung des atmosphärisch
attraktiven Open-Air-Geländes ermöglichen werden. Bei der Bewerbung für die
nächstjährige MTV Campus Invasion steht Marburg deshalb wieder an aussichtsreicher
Stelle. Technisch realisierbar wären große Open-Air-Konzerte daneben noch im
Georg-Gaßmann-Stadion und auf dem Messegelände.
Der Europäische Verband der Veranstaltungszentren e. V.
(EVVC), Dachverband von über 560 Veranstaltungszentren, Kongresshäusern und
Arenen in Europa, geht derzeit von einem Überangebot von
Veranstaltungskapazitäten aus und warnt vor dem Risiko einer ruinösen
Konkurrenz. Das Projekt eines multifunktionalen Arena-Veranstaltungszentrums
ist in Mittelhessen in Wetzlar mit der Rittal-Arena (4.180 Plätze) realisiert
worden, zusätzlich zur Stadthalle Wetzlar. Die EU-Förderung in Höhe von ca. 5,6
Millionen € war gebunden an eine Bewilligung des Hessischen
Wirtschaftsministeriums und basierte auf einer Wirtschaftlichkeitsberechnung,
die einen nötigen Einzugsbereich Mittelhessen und angrenzende Regionen
definierte. Bedingung für die Marktfähigkeit von Arenen oder
Großveranstaltungshallen zumindest außerhalb von Ballungszentren sind
sogenannte „Anker-Mieter“ oder „Home-Teams“, in der Regel (Männer-)Teams der 1.
Bundesliga Handball oder Basketball (HSG Wetzlar, TBB Trier, BG 74 Göttingen)
oder ein Kongresszentrum wie in Fulda.
Der Bau einer weiteren Arena in Marburg würde aus Sicht des
Magistrats zu einer extremen Wettbewerbssituation in der Region mit dem vom
EVVC angesprochenen Risiko einer ruinösen Konkurrenz vor allem für den neuen
Standort Marburg führen. Dies hätte die entsprechenden Konsequenzen für den
städtischen Haushalt. Auch der Hinweis auf einzelne wünschenswerte Rock-Pop-Comedy-Acts
im „Arena-Format“ garantiert keineswegs die Marktfähigkeit einer solchen Halle
im Jahresbetrieb, die von Experten bei ca. 60 Veranstaltungen/ Jahr eingestuft
wird. Diese Gefahr fehlender Marktfähigkeit im Betrieb gilt insbesondere
mangels Aussicht auf einen sogenannten „Anker-Mieter“.
Hinzu kommt ein regionalpolitischer Aspekt: Ein Marburger
Arena-Projekt würde der regionalpolitischen Zielsetzung einer verstärkten
Mittelhessen-Kooperation widersprechen. Hier setzt der Magistrat darauf, dass
jede der Städte Marburg, Gießen und Wetzlar seine besonderen Stärken entwickelt
und kooperativ in ein Mittelhessen-Städtenetzwerk einbringt.
Bei der Diskussion um Großveranstaltungen darf ein weiterer
Aspekt nicht übersehen werden: Das Marburger Kulturangebot hat hervorragende
Qualität bei Veranstaltungen und Veranstaltungsreihen, die in kleinerem Rahmen
stattfinden. Hier sind unter anderem das Hessische Landestheater – auch mit
seinen Schlossfestspielen Rauischholzhausen - zu nennen, das KFZ mit dem Rock-Pop-Open-Air
auf dem Fronhofgelände, der Nacht der Stimmen und dem Kabarettherbst, die
Waggonhalle mit den Varieté-Reihen oder der Konzertverein im Bereich
klassischer Musik. Kulturpolitisch gilt: Hervorragende Qualität ist nicht immer
auf Großveranstaltungszentren angewiesen. Häufig sind kleiner dimensionierte
„Locations“ für intensive kulturelle Rezeption und Qualität sogar viel
geeigneter.
Bei der Betrachtung ist auch der Neubau eines
Kongresszentrums durch die DVAG mit Anbindung an das Hotel Rosenpark zu
berücksichtigen.
Fazit:
Die ambitionierten Marburger Planungen im Bereich
Veranstaltungszentren stehen im Einklang mit den regionalpolitischen
Zielsetzungen Mittelhessens und im Rahmen eines Marburg-spezifischen Universitätsstadt-Marketings.
Sie schaffen attraktive neue Möglichkeiten im Indoor- wie im Outdoor-Bereich
und ergänzen die Entwicklung der vielfältigen Kultur-Infrastruktur in den
kleiner dimensionierten Bereichen. Dabei vermeiden Marburger Anstrengungen eine
regionalpolitische Entsolidarisierung und unabsehbare finanzielle Risiken, wie
sie ein Arena-Bau für den städtischen Haushalt mit sich bringen würde.
Egon
Vaupel
Oberbürgermeister
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