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Ratsinformation

ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage Stadtverordnetenvers. - VO/0999/2010

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Das Ergebnis des Wettbewerbsverfahrens wird zur Kenntnis genommen und der Empfehlung des Preisgerichtes, den 1. Preis (Garten des Gedenkens) zu realisieren, wird zugestimmt. Der Bedarf, die Planung zu vertiefen und die Maßnahme im Jahre 2011 umzusetzen, wird anerkannt.

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Sachverhalt

Begründung

 

1. Geschichtliche Entwicklung

Die Synagoge an der Universitätsstraße wurde in den Jahren 1896/97 nach Plänen des Architekten Wilhelm Spahr im Auftrag der Jüdischen Gemeinde mit spätromanischen und maurischen Formen in einem byzantinisch beeinflussten Gesamtkonzept errichtet. Bei diesem Entwurf hatte der Gebetsraum eine quadratischen Grundriss; zusammen mit seinen notwendigen Nebenräumen war er in einen rechteckigen Bau mit zweigeschossiger Außengliederung aus rotem Sandstein eingefasst. In der Mitte des an drei Seiten von den Frauenemporen umgebenen Gebetsraum stand zwischen den vier Säulen der zentralen Kuppel die Bima mit ihrem Lesepult. An der Ostseite nahm die architektonisch hervorgehobene, außen als Apsis hervortretende Nische die Thorarollen in ihrem Schrein auf. In den nächsten Jahrzehnten bildete diese neue Synagoge den Mittelpunkt der Jüdischen Gemeinde Marburgs.

 

In der Reichsprogromnacht vom 9. November 1938 wurde am frühen Morgen die Synagoge in Brand gesetzt. Die ausgebrannte Ruine wurde noch am gleichen Abend gesprengt. Die Trümmer wurden im Winter 1938/39 abgetragen. Die Kosten hierfür wurden der Jüdischen Gemeinde auferlegt. Schließlich wurde die Jüdische Gemeinde dazu gezwungen, das Grundstück weit unter Wert an die Universität zu veräußern. In den 60er-Jahren erfolgte eine Umgestaltung des Grundstückes zu einer Gedenkstätte. So konnte am 10. November 1963 die erste Gedenkfeier auf dem ehemaligen Synagogengrundstück stattfinden.

 

2. Anlass und Ziel

Im Sommer 2008 wur­den ar­chä­o­lo­gi­sche Un­ter­su­chun­gen auf dem Ge­län­de der ehe­ma­li­gen Sy­na­go­ge in der Uni­ver­si­täts­stra­ße durch­ge­führt. Da­bei wur­de fest­ge­stellt, dass nach der Zerstö­rung 1938, dem Ab­bruch der Bau­res­te 1938/39 und der Um­ge­stal­tung im Jahr 1963 noch Ori­gi­nal­bau­substanz im Bo­den er­hal­ten ge­blie­ben ist. Dazu zählten Reste der Außenmauern des einstigen Gemeindezentrums sowie die Fundamente der Säulen, die die Kuppel der Synagoge getragen haben. Besonders hervorzuheben ist jedoch die Entdeckung des Frauenbades, das 1897 zusammen mit der Synagoge geweiht worden war und den Gläubigen für rituelle Waschungen gedient hatte. Das Frauenbad ist mit Bodenplatten und Wandkacheln noch weitgehend erhalten. Bei den Ausgrabungen stieß man auch auf den Regenwasserspeicher und Rohre, durch die das Wasser in das Tauchbecken geleitet wurde. Erhalten geblieben sind zudem einige Treppenstufen, die hinab in das Bad führten.

 

Die Uni­ver­si­täts­stadt Mar­burg und die Jü­di­sche Ge­mein­de ha­ben sich da­rauf verstän­digt, auf dem Grund­stück eine neue Ge­denk­stät­te zu er­rich­ten, mit der über die Ar­chi­tek­tur des Sy­na­go­gen­bau­werks und die ge­schicht­li­chen Ge­scheh­nis­se an die­sem Ort in­for­miert wer­den soll. Sie soll den Platz als frü­he­ren Ort jü­di­schen re­li­gi­ö­sen Le­bens wür­digen, aber auch als ein­la­den­de Auf­ent­halts­flä­che für die Öf­fent­lich­keit die­nen.

Dazu ist nach Sicherung und sorgfältiger Dokumentation des archäologischen Befundes durch die Stadt Marburg gemeinsam mit der Jüdischen Gemeinde ein freiraumplanerischer Realisierungswettbewerb ausgelobt worden. In der Sitzung am 9. Februar 2009 wurde dies vom Magistrat beschlossen.

 

3. Wett­be­werbs­ver­fah­ren

Zu dem Re­a­li­sie­rungs­wett­be­werb wur­den 9 Ar­beits­ge­meinschaf­ten ein­ge­la­den. Die­se be­stan­den aus Land­schafts­ar­chi­tek­ten/Ar­chi­tek­ten mit Künst­lern. Das Wett­be­werbs­verfah­ren wur­de nach den Grund­sät­zen und Richt­li­ni­en für Wett­be­wer­be -GRW 1995- un­ter Mit­wir­kung der Ar­chi­tek­ten­kam­mer Hes­sen durch­ge­führt. Das Ver­fah­ren war ano­nym.

 

Das Preis­ge­richt aus Fach- und Sach­preis­rich­tern  un­ter dem Vor­sitz des Land­schafts­ar­chi­tek­ten Klaus Bier­baum hat am 30. Sep­tem­ber 2009 die Ar­bei­ten prä­miert und die Arbeit des Düsseldorfer Landschaftsarchitekturbüros scape mit dem 1. Preis bedacht.  Anstelle eines 2. Preises sind zwei 3. Preise vergeben worden. Diese gingen an die Berliner Landschaftsarchitekturbüros sinai und Barbara Willecke freiraum.planung.

 

Das Preisgericht hat zudem einstimmig empfohlen, den Entwurf des 1. Preisträgers zu realisieren.

 

4. Entwurf des 1. Preisträgers

Der Entwurf sieht vor, das Grundstück zu einem "Garten des Gedenkens" umzugestalten. Im Zentrum befindet sich eine Rasenfläche („Synagogengarten“), der in den Umrissen den Versammlungsraum der ehemaligen Synagoge nachzeichnet. Als weiteres Gestaltungselement umgibt eine öffentliche Terrasse, die sich in Form eines Parallelogramms in den Hang der Stadtmauer schiebt, diese Rasenfläche. Hier ist ein Fenster eingelassen, das den Blick in das Frauenbad freimacht. Bänke im Garten und auf der Terrasse sollen zum Verweilen einladen. Eine Durchwegung dieses Ortes in die Oberstadt ist wie selbstverständlich gestaltet und trägt zur Öffnung bei. Als Bezugnahme auf das historische Stadtbild ist vorgesehen, einen Teil des Grünbewuchses zu entfernen und zu einem „Rosenfeld“ umzugestalten, um die historische Stadtmauer in den Blick zu rücken. Ein taktiles Modell der Synagoge, der Einsehbereich der Mikwe und ein Informationstext an der Bushaltestelle erläutern Funktion und Geschichte des Ortes.

 

Kern des künstlerischen Konzeptes, das zusammen mit dem freiraumplanerischen Entwurf entwickelt wurde, ist das Projekt "Zettelkasten“. Die Zettelkästen thematisieren die konkrete Leerstelle am Platz der ehemaligen Synagoge. Mit den Zettelkästen soll eine Kommunikation zwischen Menschen, die dem Ort und seiner Geschichte verbunden sind, ermöglicht werden. Innerhalb der den Gebetsraum der ehemaligen Synagoge nachzeichnenden Rasenfläche sollen 10 bündig mit der Oberfläche eingelassene Kästen gestaltet werden. Nach oben sind die Kästen mit einer begehbaren Glasscheibe geschlossen. In den Kästen befinden sich schlicht gestaltete Zettel. Sie tragen Aussagen oder Fragen, die sich mit dem Ort und seiner Geschichte befassen und die Gedanken von Menschen, die einen biographischen Bezug zu ihm haben. In Zusammenarbeit mit der Stadt Marburg, der Jüdischen Gemeinde und der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Marburg e. V. werden Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Marburgs, emigrierte Überlebende und deren Angehörige kontaktiert, um sie um ein kurzes Statement zu bitten, von dem sie meinen, dass es an diesen Ort gehört. Diese Statements können thematisch sehr heterogen sein, sie können den Bezug zum Ort persönlich, aktuell oder historisch, profan oder intellektuell reflektieren. Eine Sammlung von 10 Statements wird in den Zettelkästen veröffentlicht. Der Inhalt der Zettelkästen kann immer wieder neu gestaltet werden.

 

Mit der Platzgestaltung wird der Blick auf die Vergangenheit gelenkt. Die Zettelkästen ermöglichen eine fortwährend aktuelle Bezugnahme auf Geschichte und Gegenwart. Gleichzeitig öffnet sich die Fläche als attraktiver Stadtraum für die Marburger Öffentlichkeit.

 

5. Zeitplan und Kosten

In diesem Jahr soll mit den Planungen für die Umsetzung des Entwurfs begonnen werden. Die Umgestaltung selbst wäre dann im Jahre 2011 möglich.

 

In 2010 werden für Planungen 76.000,- € und in 2011 werden für die Weiterplanung und den Bau 500.000,- € benötigt und sind von der Verwaltung angemeldet. Beide Beträge wurden für den Haushaltsplan 2010/2011 beantragt.

 

 

 

 

 

Egon Vaupel                                                    Dr. Franz Kahle

Oberbürgermeister                                         Bürgermeister

 

Anlagen

Preisgerichtsprotokoll

Entwurf des 1. Preisträgers

Flyer Wettbewerbsdokumentation (wird direkt in den Sitzungen ausgegeben)

 

 

Beteiligung an der Vorlage durch:

FB 6

FD 61

 

 

 

B

B

 

 

 

A: Anhörung; B: Beteiligung; K: Kenntnisnahme; S: Stellungnahme

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