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Ratsinformation
Beschlussvorlage Stadtverordnetenvers. - VO/0999/2010
Grunddaten
- Betreff:
-
Freiraumplanerischer + Künstlerischer Realisierungswettbewerb ehemalige Synagoge Universitätsstraße
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage Stadtverordnetenvers.
- Federführend:
- 61 - Stadtplanung und Denkmalschutz
- Bearbeiter*in:
- Michaela Bauer
- Verfasser*in:
- Nuetzel, Bernd
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Magistrat
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Vorberatung
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Erledigt
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Bau- und Planungsausschuss, Liegenschaften
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Vorberatung
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18.03.2010
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Erledigt
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Ausschuss für Umwelt, Energie und Verkehr
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Vorberatung
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16.03.2010
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Erledigt
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Stadtverordnetenversammlung
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Entscheidung
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26.03.2010
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Sachverhalt
Begründung
1. Geschichtliche
Entwicklung
Die Synagoge an der Universitätsstraße wurde in den Jahren
1896/97 nach Plänen des Architekten Wilhelm Spahr im Auftrag der Jüdischen
Gemeinde mit spätromanischen und maurischen Formen in einem byzantinisch
beeinflussten Gesamtkonzept errichtet. Bei diesem Entwurf hatte der Gebetsraum
eine quadratischen Grundriss; zusammen mit seinen notwendigen Nebenräumen war
er in einen rechteckigen Bau mit zweigeschossiger Außengliederung aus rotem
Sandstein eingefasst. In der Mitte des an drei Seiten von den Frauenemporen
umgebenen Gebetsraum stand zwischen den vier Säulen der zentralen Kuppel die
Bima mit ihrem Lesepult. An der Ostseite nahm die architektonisch
hervorgehobene, außen als Apsis hervortretende Nische die Thorarollen in ihrem
Schrein auf. In den nächsten Jahrzehnten bildete diese neue Synagoge den
Mittelpunkt der Jüdischen Gemeinde Marburgs.
In der Reichsprogromnacht vom 9. November 1938 wurde am
frühen Morgen die Synagoge in Brand gesetzt. Die ausgebrannte Ruine wurde noch
am gleichen Abend gesprengt. Die Trümmer wurden im Winter 1938/39 abgetragen.
Die Kosten hierfür wurden der Jüdischen Gemeinde auferlegt. Schließlich wurde
die Jüdische Gemeinde dazu gezwungen, das Grundstück weit unter Wert an die
Universität zu veräußern. In den 60er-Jahren erfolgte eine Umgestaltung des
Grundstückes zu einer Gedenkstätte. So konnte am 10. November 1963 die erste
Gedenkfeier auf dem ehemaligen Synagogengrundstück stattfinden.
2. Anlass und Ziel
Im
Sommer 2008 wurden archäologische Untersuchungen auf dem Gelände
der ehemaligen Synagoge in der Universitätsstraße durchgeführt. Dabei
wurde festgestellt, dass nach der Zerstörung 1938, dem Abbruch der Baureste
1938/39 und der Umgestaltung im Jahr 1963 noch Originalbausubstanz im Boden
erhalten geblieben ist. Dazu zählten Reste der Außenmauern des einstigen
Gemeindezentrums sowie die Fundamente der Säulen, die die Kuppel der Synagoge
getragen haben. Besonders hervorzuheben ist jedoch die Entdeckung des
Frauenbades, das 1897 zusammen mit der Synagoge geweiht worden war und den
Gläubigen für rituelle Waschungen gedient hatte. Das Frauenbad ist mit
Bodenplatten und Wandkacheln noch weitgehend erhalten. Bei den Ausgrabungen
stieß man auch auf den Regenwasserspeicher und Rohre, durch die das Wasser in
das Tauchbecken geleitet wurde. Erhalten geblieben sind zudem einige
Treppenstufen, die hinab in das Bad führten.
Die Universitätsstadt
Marburg und die Jüdische Gemeinde haben sich darauf verständigt, auf
dem Grundstück eine neue Gedenkstätte zu errichten, mit der über die Architektur
des Synagogenbauwerks und die geschichtlichen Geschehnisse an diesem
Ort informiert werden soll. Sie soll den Platz als früheren Ort jüdischen
religiösen Lebens würdigen, aber auch als einladende Aufenthaltsfläche
für die Öffentlichkeit dienen.
Dazu ist nach Sicherung und sorgfältiger Dokumentation des
archäologischen Befundes durch die Stadt Marburg gemeinsam mit der Jüdischen
Gemeinde ein freiraumplanerischer Realisierungswettbewerb ausgelobt worden. In
der Sitzung am 9. Februar 2009 wurde dies vom Magistrat beschlossen.
3. Wettbewerbsverfahren
Zu dem Realisierungswettbewerb
wurden 9 Arbeitsgemeinschaften eingeladen. Diese bestanden aus Landschaftsarchitekten/Architekten
mit Künstlern. Das Wettbewerbsverfahren wurde nach den Grundsätzen und
Richtlinien für Wettbewerbe -GRW 1995- unter Mitwirkung der Architektenkammer
Hessen durchgeführt. Das Verfahren war anonym.
Das Preisgericht
aus Fach- und Sachpreisrichtern
unter dem Vorsitz des Landschaftsarchitekten Klaus Bierbaum hat
am 30. September 2009 die Arbeiten prämiert und die Arbeit des
Düsseldorfer Landschaftsarchitekturbüros scape mit dem 1. Preis bedacht. Anstelle eines 2. Preises sind zwei 3.
Preise vergeben worden. Diese gingen an die Berliner
Landschaftsarchitekturbüros sinai und Barbara Willecke freiraum.planung.
Das
Preisgericht hat zudem einstimmig empfohlen, den Entwurf des 1. Preisträgers zu
realisieren.
4. Entwurf des 1.
Preisträgers
Der Entwurf sieht vor, das Grundstück zu einem "Garten
des Gedenkens" umzugestalten. Im Zentrum befindet sich eine Rasenfläche
(„Synagogengarten“), der in den Umrissen den Versammlungsraum der ehemaligen
Synagoge nachzeichnet. Als weiteres Gestaltungselement umgibt eine öffentliche
Terrasse, die sich in Form eines Parallelogramms in den Hang der Stadtmauer
schiebt, diese Rasenfläche. Hier ist ein Fenster eingelassen, das den Blick in
das Frauenbad freimacht. Bänke im Garten und auf der Terrasse sollen zum
Verweilen einladen. Eine Durchwegung dieses Ortes in die Oberstadt ist wie
selbstverständlich gestaltet und trägt zur Öffnung bei. Als Bezugnahme auf das
historische Stadtbild ist vorgesehen, einen Teil des Grünbewuchses zu entfernen
und zu einem „Rosenfeld“ umzugestalten, um die historische Stadtmauer in den
Blick zu rücken. Ein taktiles Modell der Synagoge, der Einsehbereich der Mikwe
und ein Informationstext an der Bushaltestelle erläutern Funktion und
Geschichte des Ortes.
Kern des künstlerischen Konzeptes, das zusammen mit dem
freiraumplanerischen Entwurf entwickelt wurde, ist das Projekt
"Zettelkasten“. Die Zettelkästen thematisieren die konkrete Leerstelle am
Platz der ehemaligen Synagoge. Mit den Zettelkästen soll eine Kommunikation
zwischen Menschen, die dem Ort und seiner Geschichte verbunden sind, ermöglicht
werden. Innerhalb der den Gebetsraum der ehemaligen Synagoge nachzeichnenden
Rasenfläche sollen 10 bündig mit der Oberfläche eingelassene Kästen gestaltet
werden. Nach oben sind die Kästen mit einer begehbaren Glasscheibe geschlossen.
In den Kästen befinden sich schlicht gestaltete Zettel. Sie tragen Aussagen
oder Fragen, die sich mit dem Ort und seiner Geschichte befassen und die
Gedanken von Menschen, die einen biographischen Bezug zu ihm haben. In
Zusammenarbeit mit der Stadt Marburg, der Jüdischen Gemeinde und der
Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Marburg e. V. werden
Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Marburgs, emigrierte Überlebende und deren
Angehörige kontaktiert, um sie um ein kurzes Statement zu bitten, von dem sie
meinen, dass es an diesen Ort gehört. Diese Statements können thematisch sehr
heterogen sein, sie können den Bezug zum Ort persönlich, aktuell oder
historisch, profan oder intellektuell reflektieren. Eine Sammlung von 10
Statements wird in den Zettelkästen veröffentlicht. Der Inhalt der Zettelkästen
kann immer wieder neu gestaltet werden.
Mit der Platzgestaltung wird der Blick auf die Vergangenheit
gelenkt. Die Zettelkästen ermöglichen eine fortwährend aktuelle Bezugnahme auf
Geschichte und Gegenwart. Gleichzeitig öffnet sich die Fläche als attraktiver
Stadtraum für die Marburger Öffentlichkeit.
5. Zeitplan und Kosten
In diesem Jahr soll mit den Planungen für die Umsetzung des
Entwurfs begonnen werden. Die Umgestaltung selbst wäre dann im Jahre 2011
möglich.
In 2010 werden für Planungen 76.000,- € und in 2011 werden
für die Weiterplanung und den Bau 500.000,- € benötigt und sind von der
Verwaltung angemeldet. Beide Beträge wurden für den Haushaltsplan 2010/2011
beantragt.
Egon Vaupel Dr.
Franz Kahle
Oberbürgermeister Bürgermeister
Anlagen
Preisgerichtsprotokoll
Entwurf des 1. Preisträgers
Flyer Wettbewerbsdokumentation (wird direkt in den Sitzungen
ausgegeben)
Beteiligung an der Vorlage durch:
FB 6 |
FD 61 |
|
|
|
B |
B |
|
|
|
A: Anhörung; B: Beteiligung; K:
Kenntnisnahme; S: Stellungnahme
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
---|---|---|---|---|---|
1
|
(wie Dokument)
|
7,2 MB
|
|||
2
|
(wie Dokument)
|
18 MB
|
- selbst zuständig
- eigenes Amt zuständig
- anderes Amt zuständig
- andere Zuständigkeit
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