Seiteninhalt
Ratsinformation
Beschlussvorlage Stadtverordnetenvers. - VO/1186/2010
Grunddaten
- Betreff:
-
Gründung einer Netzgesellschaft als Tochtergesellschaft der Stadtwerke Marburg GmbH
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage Stadtverordnetenvers.
- Federführend:
- 10 - Personal und Organisation
- Bearbeiter*in:
- Dieter Finger
- Verfasser*in:
- Dieter Finger
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
---|---|---|---|---|
●
Erledigt
|
|
Magistrat
|
Vorberatung
|
|
●
Erledigt
|
|
Haupt- und Finanzausschuss
|
Vorberatung
|
|
|
25.05.2010
| |||
●
Erledigt
|
|
Stadtverordnetenversammlung
|
Entscheidung
|
|
|
28.05.2010
|
Beschlussvorschlag
Die
Stadtverordnetenversammlung wird gebeten, zu beschließen:
- Der Gründung einer
Netzgesellschaft mit der Firmenbezeichnung „Energie Marburg-Biedenkopf
GmbH“ als Tochtergesellschaft der Stadtwerke Marburg GmbH wird auf der
Grundlage des beigefügten Gesellschaftsvertrages gemäß § 51 Ziffer 11 der
Hessischen Gemeindordnung zugestimmt.
- Die gemäß § 121 Abs. 6 der
Hessischen Gemeindeordnung eingeholten Stellungnahmen der regional
zuständigen Industrie- und Handelskammer Kassel sowie der Handwerkskammer
Kassel werden zur Kenntnis genommen.
- Die vom Regierungspräsidium
Gießen ergangene Stellungnahme wird zur Kenntnis genommen.
Sachverhalt
Begründung:
1. Energiewirtschaftliche
Rahmenbedingungen
Durch verschiedene
Novellierungen des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) wurde durch Veränderungen
der gesetzlichen Rahmenbedingungen in der Energiewirtschaft durch neue
europarechtliche Vorgaben die Liberalisierung des Gas- und Strommarktes
umgesetzt. Aufgrund der Besonderheit der bestehenden Leitungsgebundenheit der
Gas- und Stromversorgung war der Gesetzgeber gezwungen, durch geeignete
Maßnahmen diese „natürlichen Monopole“ für neue Marktteilnehmer zu öffnen. Dies
hatte zur Folge, dass die Geschäftsbereiche des Energievertriebes und der
Energieverteilung von vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen
entflochten werden mussten, um auf diesem Weg eine Öffnung dieses neuen Marktes
für neue Marktteilnehmer zu gewährleisten.
Der Gesetzgeber hat daher
in den §§ 6 bis 10 EnWG erstmals umfassende Regelungen zur Entflechtung, dem
sog. Unbundling, niedergelegt. Der Anwendungsbereich dieser Entflechtungsnormen
gilt dabei in Abhängigkeit von der Größe der Versorgungsnetze der betroffenen
Unternehmen. Dies hat zur Folge, dass einzelne Regelungen grundsätzlich nicht
auf solche Versorgungsnetze anzuwenden sind, an die weniger als 100.000 Kunden
angeschlossen sind.
Im Einzelnen sieht das EnWG
folgende Maßnahmen des Unbundling vor:
·
Buchhalterisches Unbundling
Das buchhalterische
Unbundling verlangt ungeachtet der Rechtsform des Energieversorgungsunternehmens
die Aufstellung, Prüfung und Offenlegung des Jahresabschlusses nach den für
Kapitalgesellschaften geltenden Vorschriften. Nach § 10 Abs. 3 EnWG sind daher
Energieversorgungsunternehmen verpflichtet, in ihrer internen Rechnungslegung
Konten für die Bereiche Elektrizitätsverteilung, Gasfernleitung, Gasverteilung
und Gasspeicherung so zu führen, als würden diese Tätigkeiten von rechtlich
selbstständigen Unternehmen ausgeführt werden.
·
Informatorisches Unbundling
Durch § 9 Abs. 1 EnWG
werden alle Energieversorgungsunternehmen zur Wahrung der Vertraulichkeit
wirtschaftlich sensibler Informationen, die dem assoziierten Energievertrieb
einen Wettbewerbsvorteil gegenüber externen Wettbewerbern verschaffen könnten,
verpflichtet. Des Weiteren sind die Netzbetreiber zu einem
diskriminierungsfreien Umgang mit wirtschaftlich sensiblen Informationen, von
denen sie im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit Kenntnis erlangen, verpflichtet.
·
Operationelles Unbundling
Die Vorgaben des
operationellen Unbundling gelten grundsätzlich für Energieversorgungsunternehmen,
an deren Versorgungsnetz mehr als 100.000 Kunden angeschlossen sind. Inhalt des
operationellen Unbundling sind die Entflechtung des im Netzbetrieb eingesetzten
Personals, die Gewährleistung der beruflichen Handlungsunabhängigkeit des
Leitungspersonals sowie die Beschränkung des tatsächlichen Einflusses der
Konzern- und Unternehmensleitung sonstiger Bereiche des vertikal integrierten
Energieversorgungsunternehmens.
·
Gesellschaftsrechtliches Unbundling
Die Vorgaben zur
rechtlichen Entflechtung nach § 7 EnWG verpflichten vertikal integrierte
Energieversorgungsunternehmen, den Netzbetrieb in eine Gesellschaft zu
überführen, in der die sonstigen wettbewerbsrelevanten, insbesondere der
Energievertrieb von Strom und Gas, nicht mehr angesiedelt sind. Diese
gesetzlich verbindliche rechtliche Entflechtung gilt grundsätzlich für
diejenigen Energieversorgungsunternehmen, an deren Versorgungsnetz mehr als
100.000 Kunden angeschlossen sind.
Bislang waren lediglich die
Regelungen des buchhalterischen und des informatorischen Unbundling von der
Stadtwerke Marburg GmbH (SWM) zur Gewährleistung der gesetzlich vorgegebenen
Entflechtung umzusetzen. Die bisherigen Erfahrungen im Rahmen von Überprüfungen
der Vorgaben des Unbundling durch die Regulierungsbehörden haben jedoch
gezeigt, dass rechtlich entflochtene Netzbetreiber einen klaren Vorteil in der
Nachweisführung hinsichtlich der Umsetzung der Entflechtungsvorgaben aufweisen.
Obgleich aufgrund ihrer einschlägigen Kundenanzahl keine gesetzliche
Verpflichtung zur Durchführung der rechtlichen Entflechtung bestand, sind
bereits einige Unternehmen der Branche dazu übergegangen, rechtlich selbstständige
Netzgesellschaften zu gründen.
Die nunmehr vorgesehene Gründung der
Firma „Energie Marburg-Biedenkopf GmbH“ als Netzgesellschaft der SWM dient
daher der konsequenten rechtskonformen Umsetzung der neuen
energiewirtschaftlichen Vorgaben sowie der besseren Nachweisführung im Rahmen
einer möglichen Überprüfung der Entflechtungsvorgaben durch die
Regulierungsbehörden. Die neue Gesellschaft bietet zudem die Möglichkeit, anderen
Städten und Gemeinden im Landkreis Marburg-Biedenkopf die Option zu eröffnen,
die in ihrem Gebiet liegenden Netze in die Gesellschaft einzubringen bzw. diese
durch die Gesellschaft erwerben zu lassen und sich gleichzeitig an der
Gesellschaft als Gesellschafterin zu beteiligen.
2. Kommunalverfassungsrechtliche
Rahmenbedingungen
Seit der
Novellierung des Gemeindewirtschaftsrechts in 2005 werden an die Gründung
kommunaler Gesellschaften deutlich höhere Anforderungen gestellt. Dies gilt
sowohl für unmittelbare als auch mittelbare Beteiligungen, soweit der von der Gemeinde
beherrschte Beteiligungsumfang mehr als 50 % beträgt. Da die SWM als Eigengesellschaft
der Universitätsstadt Marburg mit der neuen Netzgesellschaft die alleinige Gründung
einer Tochtergesellschaft beabsichtigt, sind insoweit die speziellen
Anforderungen der §§ 121 ff. HGO – Wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde - zu
beachten:
·
Gemäß § 121 Abs. 6 HGO ist vor der Entscheidung über die
Errichtung eines wirtschaftlichen Unternehmens die Gemeindevertretung auf der
Grundlage einer Markterkundung umfassend über die Chancen und Risiken der
beabsichtigten unternehmerischen Betätigung sowie über deren zu erwartende
Auswirkungen auf das Handwerk und die mittelständische Wirtschaft zu
unterrichten. Dabei ist vorab den örtlichen Handwerkskammern, Industrie- und
Handelskammern sowie Verbänden Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, soweit
ihr Geschäftsbereich betroffen ist. Diese Stellungnahmen sind der
Gemeindevertretung zur Kenntnis zu geben. Vor diesem Hintergrund wurden die
regional zuständige Industrie- und Handelskammer Kassel sowie die
Handwerkskammer Kassel über das Vorhaben informiert und Gelegenheit zur
Stellungnahme gegeben. Die Stellungnahmen der beiden genannten Kammern sind als
Anlage 2 und 3 dieser Vorlage beigefügt; sie erklären darin im Ergebnis ihr
Einverständnis zu dem Vorhaben.
·
Nach § 127a HGO ist u.a. die Gründung einer Gesellschaft
schriftlich bei der Aufsichtsbehörde anzuzeigen. Aus dieser Anzeige muss zu
ersehen sein, ob die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Auf der
Grundlage dieser Anzeige hat das Regierungspräsidium Gießen die als Anlage 4
beigefügte aufsichtsbehördliche Bewertung abgegeben und mitgeteilt, dass aus
kommunalrechtlicher Sicht keine Bedenken gegen die Gesellschaftsgründung
bestehen.
3. Wahrung
der Einflussnahme der Universitätsstadt Marburg
Im Hinblick
auf die kommunalverfassungsrechtlichen Vorgaben, wonach „die Gemeinde einen
angemessenen Einfluss, insbesondere im Aufsichtsrat oder in einem
entsprechenden Überwachungsorgan“ erhalten soll (§ 122 Abs. 1 Nr. 3 HGO) und
damit zur Wahrung der Gesellschafterrechte der Universitätsstadt Marburg als
Alleingesellschafterin der Stadtwerke Marburg GmbH hat der Magistrat bereits
die vorherige Befassung und Zustimmung durch den Magistrat in folgenden Punkten
verbindlich vorgegeben:
·
Änderung des Gesellschaftsvertrages;
·
Aufstellung und Änderung des Wirtschaftsplanes;
·
Wahl der/des Abschlussprüfers/in;
·
Feststellung des geprüften Jahresabschlusses, Verwendung des
Jahresgewinnes, Behandlung des Jahresverlustes sowie die Entlastung der Geschäftsführung
und des Aufsichtsrates;
·
Zustimmung zu Verfügungen der Gesellschafter/innen über die
Geschäftsanteile an der Gesellschaft;
·
Zustimmung zu der Entsendung der Aufsichtsratsmitglieder durch den
Aufsichtsrat der Stadtwerke Marburg GmbH
Damit wird
sichergestellt, dass auch in der aus städtischer Sicht mittelbaren Beteiligung
an der „Energie Marburg-Biedenkopf GmbH“ der Einfluss der Universitätsstadt
Marburg auf alle wesentlichen Entscheidungen erhalten bleibt.
Die
Stadtverordnetenversammlung wird daher unter Verweis auf 51 Nr. 11 HGO gebeten,
der Gründung der „Energie Marburg-Biedenkopf GmbH“ als Gesellschaft der
Stadtwerke Marburg GmbH zuzustimmen.
Egon Vaupel Dr.
Franz Kahle
Oberbürgermeister Bürgermeister
1.
Entwurf des Gesellschaftsvertrages der Energie Marburg-Biedenkopf
GmbH
2.
Stellungnahme der Industrie- und Handelskammer Kassel
3.
Stellungnahme der Handwerkskammer Kassel
4.
Stellungnahme des Regierungspräsidiums Gießen
- selbst zuständig
- eigenes Amt zuständig
- anderes Amt zuständig
- andere Zuständigkeit
- selbst verantwortlich
- andere Verantwortlichkeit
- Aufgabe bearbeiten
- NA
- TOP
- Keine Zusammenstellung
- Dokument erstellen
- Alle Workflowbeteiligten benachrichtigen
- Dokument auswählen