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Ratsinformation
Beschlussvorlage Stadtverordnetenvers. - VO/0895/2008
Grunddaten
- Betreff:
-
Richtlinie der Universitätsstadt Marburg zur Förderung von solarthermischen Anlagen
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage Stadtverordnetenvers.
- Federführend:
- 60 - Bauverwaltung und Vermessung
- Bearbeiter*in:
- Michaela Bauer
- Beteiligt:
- 67 - Stadtgrün und Friedhöfe; 20.1 - Haushalts- und Finanzangelegenheiten
- Verfasser*in:
- Herr Rausch (FBL 6)
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Magistrat
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Anhörung
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●
Erledigt
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Ausschuss für Umwelt, Energie und Verkehr
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Anhörung
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17.03.2009
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●
Erledigt
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Bau- und Planungsausschuss, Liegenschaften
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Anhörung
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19.03.2009
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●
Erledigt
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Haupt- und Finanzausschuss
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Anhörung
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24.03.2009
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●
Erledigt
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Stadtverordnetenversammlung
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Entscheidung
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27.03.2009
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Sachverhalt
Begründung
1. Hintergrund
Am 20.06.2008 wurde die Satzung der
Universitätsstadt Marburg zur verbindlichen Nutzung der Solarenergie in
Gebäuden (Solarsatzung) von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen.
In dem Satzungsentwurf war
vorgesehen, dass die Satzung am 01.10.2008 in Kraft treten sollte. Aufgrund der
kommunalaufsichtlichen Beanstandung des Regierungspräsidiums Gießen konnte
dieses Datum allerdings nicht realisiert werden. Die Stadt Marburg hat nach
Überprüfung der vorgebrachten Einwände des Regierungspräsidiums Klage beim
Verwaltungsgericht Gießen erhoben, da die Beanstandungen aus Sicht der Stadt
Marburg nicht stichhaltig sind und daher weiterhin die Rechtsauffassung
besteht, dass der § 81 Hessische Bauordnung eine hinreichende
Ermächtigungsgrundlage ist, die Solarsatzung zu verabschieden. In der
juristischen Fachliteratur wird die Haltung der Stadt Marburg bislang
überwiegend gestützt (vgl. Ekardt/Schmitz/Schmidtke: „Kommunaler Klimaschutz
durch Baurecht: Rechtsprobleme der Solarenergie und der Kraft-Wärme-Kopplung“ in
ZNER 2008, Heft 4, S. 334, 340 ff.; Böhm: „Umweltschutz durch Baurecht –
Kommunale Solarsatzungen auf dem Prüfstand“ in Jahrbuch für Umwelt- und
Technikrecht, 2009, 1 ff.).
Sofern die Klage der Stadt
erfolgreich ist, kann die Solarsatzung umgehend ausgefertigt und bekannt
gemacht werden, wodurch sie dann auch rechtskräftig wird. Um nach der
Beanstandung durch das RP Gießen keine weiteren Zeitverzögerungen aufkommen zu
lassen, ist es notwendig, schon jetzt geeignete Förderrichtlinien einzuführen,
um die Errichtung von solarthermischen Anlagen in einem angemessenen Umfang mit
kommunalen Mitteln unterstützen zu können. Diese Richtlinie sollte rückwirkend
zum 1. Januar 2009 in Kraft treten.
Zwischenzeitlich ist zum 1. Januar
2009 das „Gesetz zur Förderung Erneuerbarer Energien im Wärmebereich“ –
„Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz“ (EE Wärme G) in Kraft getreten. Dieses
Gesetz schreibt für private und gewerbliche Neubauten zwingend die Nutzung
erneuerbarer Energien vor. Die Regelungen sind ähnlich gestaltet wie die
Bestimmungen der Solarsatzung, die allerdings auch für Bestandsbauten (bei
Dacherneuerung etc.) gelten soll. Entgegen der ersten Überlegungen der
Bundesregierung sind bestehende bauliche Anlagen im EEWärmeG bislang nicht
erfasst.
Um den Ausbau der Solarthermie
stärker als bisher zu fördern und um die aus dem EEWärmeG resultierenden
Verpflichtungen abzufedern, ist eine kommunale Förderrichtlinie geboten.
Die städtischen Förderrichtlinien
ergänzen die im Folgenden aufgeführten bereits bestehenden Förderprogramme:
- Die Stadtwerke Marburg GmbH
fördern eine neue solarthermische Anlage mit 250 €, wenn der/die
Betreiber/in (unabhängig vom Wohnort) Stromkunde/in der Stadtwerke Marburg
GmbH ist.
- Alternativ dazu fördern die
Stadtwerke Marburg GmbH bei Gaskunden den Einbau einer Solaranlage mit 750
€, wenn gleichzeitig ein neuer Gas-Brennwert-Kessel in Betrieb genommen
wir. Bei einem Mehrfamilienhaus kann die Förderung bis zu 1.875 €
(Mehrfamilienhaus mit 12 Parteien) betragen.
- Das Marktanreizprogramm des Bundesamtes für Wirtschaft
und Ausfuhrkontrolle (BAFA) sieht beim Neubau von solarthermischen Anlagen
im Gebäudebestand eine Basis- und Bonusförderung in Höhe einer
Mindestförderung von 410 € je Anlage vor (bei Hausneubauten um 25 %
reduziert). Je nach Größe der Anlage und Art der Wärmenutzung sind
Förderungen bis zu 5.000 € möglich (z. B. Mehrfamilienhäuser bei
gleichzeitigem Einbau eines Holzpelletkessels).
- Die KfW-Förderbank gibt
zinsgünstige Darlehen für die Errichtung und Erweiterung großer
Solarkollektoranlagen ab 40 qm Kollektorfläche für die thermische Nutzung.
Bei Inanspruchnahme dieser
Fördermöglichkeiten ergibt sich bereits eine deutliche Entlastung bei der
Errichtung von solarthermischen Anlagen. Zieht man noch die geringeren Folgekosten
einer solarthermischen Anlage im Vergleich zu einer Heizungsanlage mit fossilen
Brennstoffen in die Betrachtung mit ein, sinkt die Gesamtbelastung um ein
Weiteres.
2. Förderrichtlinie der Stadt
Marburg
Trotz der Wirtschaftlichkeit
solarthermischer Anlagen und den oben dargestellten Fördermöglichkeiten ist
angesichts der lokal angestrebten Klimaziele eine weitere kommunale Förderung
sinnvoll. Ziel der Förderung ist es, einen weiteren spürbaren Anreiz für den
Einbau von solarthermischen Anlagen zu geben. Anspruch auf Förderung hat jede
Privatperson sowie jedes gewerbliche Unternehmen, sofern eine solarthermische
Anlage errichtet wird, die den Voraussetzungen des Entwurfs der Solarsatzung
entspricht. Weiterhin werden Ersatzanlagen nach § 9 des Entwurfs der
Solarsatzung gefördert, wenn eine Pflicht zur Errichtung einer solarthermischen
Anlage aufgrund der Solarsatzung bestünde, aus nachvollziehbaren Gründen aber
nur eine der in § 9 des Entwurfs der Solarsatzung genannten Ersatzanlagen in
Frage kommt.
Bei der Förderung handelt es sich um
einen verlorenen Zuschuss. Der Zuschuss ist mit einem Rückforderungsanspruch
bei unzweckmäßiger Verwendung verbunden. Durch diesen Rückforderungsanspruch
wird einerseits die zweckmäßige Verwendung gesichert. Andererseits ergeben sich
daraus auch haushaltsrechtliche Auswirkungen. Durch den Anspruch auf
Rückförderung sind die Voraussetzungen zur Aktivierungsfähigkeit eines
Investitionszuschusses gegeben, so dass die Zuschüsse über den Finanzhaushalt
abgewickelt werden können und erst die anteiligen Abschreibungen den
Ergebnishaushalt der folgenden Jahre belasten werden.
3. Prämisse für die Zuschusshöhe
Für die Berechnung der Zuschusshöhe
soll folgende Prämisse gelten:
a)
Die
Förderhöhe sollte einfach zu ermitteln sein – deshalb wird ein Pauschalbetrag
vorgeschlagen.
b)
Für
einen wirksamen ökologischen Effekt ist die Festlegung einer Mindestgröße für
die jeweils zu errichtende Solaranlage sinnvoll.
c)
Die
Förderhöhe von Ersatzmaßnahmen sollte sich an dem unteren Pauschalbetrag der
Förderung für solarthermische Anlagen orientieren.
d)
Für
die Kalkulation der Auswirkungen für den städtischen Haushalt ist eine
Begrenzung möglich.
4. Berechnung des Zuschusses
Die Höhe des Zuschusses orientiert sich an den
Konditionen der Basisförderung für solarthermische Anlagen zur
Warmwasserbereitung an Bestandsbauten des Marktanreizprogramms des BAFA. Durch
die Orientierung an dem BAFA Marktanreizprogramm kann der eigene
Verwaltungsaufwand zur Berechnung des Zuschussbetrages minimiert werden. Zudem
verringert sich der Aufwand der zusätzlichen Informationsbeschaffung für
potentielle Zuschussempfänger.
Als Grundlage wird der Mindestbetrag der
Basisförderung für solarthermische Anlagen zur Warmwasserbereitung (derzeit 410
Euro) genommen. Hierbei soll der städtische Zuschuss wie folgt berechnet
werden:
·
Hälfte
der Basisförderung Warmwasserbereitung
für Anlagen zur reinen Warmwasserbereitung
·
Volle
Höhe der Basisförderung Warmwasserbereitung für Anlagen mit kombinierter Warmwasser und
Heizungs-/Prozesswärme.
Durch die unterschiedlichen Förderbeträge werden die
ökologisch sinnvolleren Solaranlagen mit Heizungs-/Prozesswärmekombination
stärker bezuschusst.
Im Einzelnen ergeben sich folgende
Zuschuss-Pauschalen:
Einrichtung einer solarthermischen
Solaranlage zur:
1.
Warmwasserbereitung
(1/2 BAFA Mindest-Basisförderung Warmwasserbereitung) 205
Euro
(Mindestgröße 6 qm)
zum Vergleich: BAFA Basisförderung mindestens 410 €
2.
kombinierten
Warmwasserbereitung +
(1/1 BAFA Mindest-Basisförderung Warmwasserbereitung) 410
Euro
das + bezieht sich auf:
+ Heizungsunterstützung …
oder
+ Prozesswärme … oder
+ Kälteerzeugung
Mindestgröße der Kollektorfläche von:
Flachkollektor > 9 qm, Röhrenkollektoren > 7 qm
zum Vergleich: BAFA fördert 105 €/qm bis 40 qm, > 40 qm mit 45 €/qm
3.
Erweiterung
einer bestehenden Solaranlage
Bei bisher noch
nicht von der Stadt Marburg geförderten Anlagen gelten die unter 1 und 2
aufgeführten Förderzuschüsse
Die Erweiterung einer bestehenden und von der Stadt Marburg bereits
bezuschussten Anlage wird nicht weiter gefördert
4. Einrichtung einer Ersatzanlage: 205 Euro
Ist
eine Anlage (i.d.R. eine Ersatzanlage nach § 9 Solarsatzung) nicht im BAFA-Programm
enthalten, fällt aber trotzdem unter den Geltungsbereich der Marburger
Förderrichtlinie, werden 205 € als Fördersumme gewährt.
Die Beratung sowie die Annahme und
Bearbeitung der Anträge übernimmt die Stadtwerke Marburg GmbH. Wie bereits
beschrieben, fördern auch die Stadtwerke Marburg GmbH ihre Stromkunden bei der
Errichtung von solarthermischen Anlagen. Hier kann also eine umfassende
Gesamtberatung stattfinden und der Interessent hat einen Ansprechpartner für
alle regionalen Fördermöglichkeiten.
5. Beispielhafte Betrachtung verschiedener Bauvorhaben
Die Kosten für die solartechnischen
Anlagen wurden auf der Grundlage eines Kostenrechners der Fa. Solarcontact in
Hannover ermittelt und mit den Angaben der Fa. Pitzer Solartechnik aus
Biedenkopf überprüft.
Beispiel 1: Dachsanierung
eines Einfamilienhauses
Bruttogeschossfläche: 176 m²
Erforderliche Kollektorfläche:
176/20 = 9 m²
Kosten für eine solarthermische
Anlage: 5.500
€
Alternative als Photovoltaik-Anlage:
6.600 €
Zuschussberechnung Stadt Marburg
a) Warmwasserbereitung oder 205 €
b) kombinierte Warmwasserbereitung + 410
€
Beispiel
2: Gewerbliche Bauten
Bruttogeschossfläche: 255 m²
Erforderliche Kollektorfläche:
255/20 = 13 m²
Kosten für eine solarthermische
Anlage: 7.500 €
Alternative als Photovoltaik-Anlage:
9.000 €
Zuschussberechnung Stadt Marburg
a) Warmwasserbereitung oder 205 €
b) kombinierte Warmwasserbereitung + 410
€
6. Finanzielle Auswirkungen
Als Basis für die Abschätzung der
finanziellen Auswirkungen der Förderrichtlinie wird die Zahl der Neu- und
Erweiterungsbauten aus den Jahren 2006 und 2007 herangezogen. In diesem
Zeitraum sind durchschnittlich 85 Neu- und Erweiterungsbauten realisiert
worden. Dazu wurden in 2007 ca. 300 Änderungen an bestehenden Gebäuden
durchgeführt, die die solare Baupflicht auslösen.
Die Höhe der Förderung berechnet
sich nach der Anzahl der Vollförderung (Solaranlagen mit Brauchwasser und
Heizungswassererstellung = 410 €) und die Zahl der reduzierten Fördersumme
(Solaranlagen zur reinen Warmwasserbereitung sowie Ersatzmaßnahmen = 205 €).
Folgende Berechnungen beruhen
demnach auf Annahmen, die unter Zuhilfenahme aller vorhandenen Informationen
sorgfältig ermittelt wurden, aber nicht den Anspruch auf 100%ige
Eintrittswahrscheinlichkeit erfüllen können:
Verhältnis 70:30
Anzahl der möglichen Anträge bei 385
Fällen
70 % Minimalförderung (à 205 €) 55.248€
30 % Maximalförderung (à 410 €) 47.355€
Finanzielle Belastung im Jahr 102.603€
Verhältnis 60:40
Anzahl der möglichen Anträge bei 385
Fällen
60 % Minimalförderung (à 205 €) 47.355€
40 % Maximalförderung (à 410 €) 63.140€
Finanzielle Belastung im Jahr 110.495€
Verhältnis 50:50
Anzahl der möglichen Anträge bei 385
Fällen
40 % Minimalförderung (à 205 €) 39.463€
60 % Maximalförderung (à 410 €) 78.925€
Finanzielle Belastung im Jahr 118.388€
Der Förderbetrag wäre wie zuvor
beschrieben im Finanzhaushalt (Investitionen) zu veranschlagen und würde sich
erst zeitversetzt über den Abschreibungszeitraum von 10 Jahren im
Ergebnishaushalt bemerkbar machen.
Egon Vaupel Dr.
Franz Kahle
Oberbürgermeister Bürgermeister
Anlagen
- Richtlinienentwurf
- BAFA Richtlinien, Stand: Februar
2009
- Auszug aus test 03/2009
Beteiligung
an der Vorlage durch:
FBL 1 |
FD 20 |
FBL 6 |
FD 67 |
|
B |
B |
B |
B |
|
A: Anhörung; B: Beteiligung; K:
Kenntnisnahme; S: Stellungnahme